zum Hauptinhalt
Die Wähler setzen auf Kontinuität: In Baden-Württemberg wurde Amtsinhaber Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) bestätigt (Foto), in Rheinland-Pfalz Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

© dpa/Sebastian Gollnow

Start ins Superwahljahr 2021: Grüne und SPD triumphieren – Absturz für die CDU

In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz können sich Grüne und SPD behaupten. Die CDU taumelt nach der Masken-Affäre der Bundestagswahl entgegen.

Klarer Sieg für die Regierungsparteien Grüne und SPD in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, historisches Debakel für die CDU: Das wegweisende Wahljahr 2021 hat nach dem Maskenskandal um Provisionszahlungen an Unions-Bundestagsabgeordnete mit politischen Paukenschlägen begonnen, die Signalwirkung für die Bundestagswahl Ende September haben können.

Sowohl der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann als auch die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) bleiben in ihren Ämtern und konnten von ihrer Beliebtheit profitieren.

Auf CDU-Chef Armin Laschet wächst nach den dramatischen Niederlagen der Druck, rasch eine Klärung zwischen ihm und CSU-Chef Markus Söder über die Kanzlerkandidatur der Union herbeizuführen, um ein weiteres Abrutschen der Union zu verhindern. Bisher konnte er kein Aufbruchsgefühl vermitteln, hinzu kommt der aktuelle Vertrauensverlust durch die Geldmacherei von Abgeordneten mit den Folgen der Pandemie.

„Es sind Regierungsbildungen ohne die CDU/CSU möglich“, betonte Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, dass sich nach dem Ende der Ära von Kanzlerin Angela Merkel auch neue Mehrheiten wie eine Ampel-Koalition mit Grünen und FDP ergeben könnten.

Die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann kommen in Baden-Württemberg auf das beste Ergebnis ihrer Geschichte und erzielen laut ZDF-Hochrechnung 32,7 Prozent (2016: 30,3 Prozent). Die CDU mit Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann fährt laut Hochrechnung mit 24,1 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte im einstigen schwarzen Stammland ein (2016: 27 Prozent).

Damit könnte die CDU auch aus der Regierung fliegen, Kretschmann könnte statt mit der CDU nun auch mit SPD (Hochrechnung: 11 Prozent – 2016: 12,7 Prozent) und FDP (10,4 Prozent – 2016: 8,3 Prozent) weiter regieren. Womöglich könnte es sogar ganz knapp auch für Rot-Grün reichen.

Der auch bei CDU-Anhängern sehr beliebte Landesvater Kretschmann sagte in Stuttgart, er werde mit der CDU, aber auch mit FDP und SPD reden. Dann werde man sehen, was dabei rauskommt.

Die AfD, die der Verfassungsschutz wegen rechtsextremer Tendenzen bundesweit beobachten will, konnte aus ihrem Widerstand gegen die Corona-Politik kein Kapital schlagen und verlor knapp vier Punkte auf 9,7 Prozent (2016: 15,1 Prozent).

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Ein Erfolgsrezept der Grünen im „Ländle“ ist ein Kurs, der etwa in der Abschiebungs- und Industriepolitik deutlich konservativer ist, als der der Grünen im Bund. So warnt Kretschmann auch vor einem Verteufeln des Verbrennungsmotors. Dominiert wurde der Wahlkampf hier wie in Reinland-Pfalz von der Corona-Krise und zum Beispiel der Frage, wann und wie Schulen, Kitas, Handel, Gastronomie und Tourismusbetriebe wieder öffnen dürfen.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Kretschmann ist seit 2011 der einzige grüne Ministerpräsident in Deutschland. Allerdings waren wegen der vielen Briefwahlstimmen die ersten Prognosen dieses Mal mit mehr Unsicherheiten als sonst behaftet.

Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz am wahrscheinlichsten

In dem stark von Pharma- und Chemieindustrie sowie dem Weinanbau geprägten Rheinland-Pfalz kann die seit 2013 regierende SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer auf eine Fortsetzung des bislang einzigen Ampel-Bündnisses auf Landesebene hoffen, während die CDU auch hier das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte einfuhr.

Es wiederholte sich dabei eine Dramaturgie des Wahlkampfes von 2016. Wieder führte die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Christian Baldauf lange in den Umfragen, in den Wochen vor der Wahl wendete sich aber das Blatt deutlich.

Die SPD kommt laut ZDF-Hochrechnung auf etwas mehr als 35,7 Prozent (2016: 36,2 Prozent), die CDU auf rund 27,6 Prozent (2016: 31,8 Prozent), die Grünen legten auf rund 9,3 Prozent der Stimmen deutlich zu (2016: 5,3 Prozent), die FDP kam laut Prognose auf rund 5,5 Prozent (2016: 6,2 Prozent). Die AfD erhielt 8,3 Prozent (2016: 12,6 Prozent). Auch die Freien Wähler könnten mit rund 5,4 Prozent der Stimmen in den Landtag einziehen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Es war zuvor bereits erwartet worden, dass die Corona-Krise und der fast komplett digital geführte Wahlkampf den Amtsinhabern helfen könnte, echte Wechselstimmung konnte nicht konstatiert werden.

Besonders Dreyer hatte sich zuletzt für schrittweise Öffnungen eingesetzt, während Kretschmann explizit den vorsichtigen Kurs von Kanzlerin Merkel unterstützte. Allerdings liegt auch Rheinland-Pfalz inzwischen wieder bei 52 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in sieben Tagen, dem Grenzwert etwa für größere Öffnungen etwa des Handels.

Die bundesweit wieder auf 79 gestiegene 7-Tage-Inzidenz zeigt das Risiko der beschlossenen Lockerungen und könnte angesichts der instabilen Lage noch zu wochenlangen „Jojo-Effekten“ mit neuen Öffnungen und Schließungen führen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

In beiden Bundesländern kam es wegen der Corona-Pandemie zu Rekorden bei den Briefwählern. Insgesamt waren 7,7 Millionen Bürger in Baden-Württemberg aufgerufen, den neuen Landtag zu wählen, in Rheinland-Pfalz 3,1 Millionen.

Auch in Sachsen-Anhalt (6.Juni) sowie parallel zur Bundestagswahl am 26. September in Thüringen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern werden die Landesparlamente in diesem Jahr neu gewählt. Der jüngste Korruptionsskandal hat die Lage für die Christdemokraten im Superwahljahr 2021 verschlechtert.

[Mehr zum Thema: Das Superwahljahr beginnt – warum die Konservativen 2021 die Verlierer sein werden]

Damit wird auch ungewisser, ob die Union nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel im September im Bund die Macht verteidigen kann. Wo lange mit einer möglichen schwarz-grünen Koalition gerechnet worden war, wird nun auch eine Ampel-Koalition – entweder unter Führung der Grünen oder der SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz – eine zunehmend denkbarere Option.

Maskenaffäre hat CDU massiv geschadet

Die Union hat neben dem schlechten Impfmanagement vor allem Vertrauen eingebüßt, nachdem bekannt wurde, wie mehrere Bundestagsabgeordnete bei Geschäften mit Schutzmasken mitverdient hatten.

Dass inmitten dieser Phase der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor trotz einer eigenen Lobbyismus-Affäre als Spitzenkandidat der CDU Mecklenburg-Vorpommern für die Bundestagswahl aufgestellt wurde, sorgte auch in der Union teils für Kopfschütteln. Hinzu kommen Verquickungen mehrerer CDU-Abgeordnete in Geschäfte mit dem autoritären Regime in Aserbaidschan.

Mehr Artikel zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz

Drei Abgeordnete - Georg Nüsslein, Nikolas Löbel und Mark Hauptmann - haben inzwischen die Union-Bundestagsfraktion verlassen, es ist auch intern von der wohl schwersten Krise seit dem CDU-Spendenskandal vor über 20 Jahren die Rede.

Die Fraktionsspitze hatte alle Abgeordneten aufgefordert, zu erklären, dass sie keine finanziellen Vorteile bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie erzielt haben. Alle gut 240 CDU/CSU-Abgeordneten unterzeichneten die Erklärung. In Umfragen ist die Union bundesweit zuletzt auf rund 31 Prozent gefallen.

Für den neuen CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder werden die Affären zunehmend zur Belastung. Zwischen ihnen soll in den nächsten Wochen die Kanzlerkandidatur der Union entschieden werden.

[Mehr zum Thema: Der Kandidatencheck – Söder oder Laschet, wer hat das Zeug zum Kanzler? (T+)]

Wo diese bisher auf Laschet zuzulaufen schien, könnte angesichts der Wahlniederlagen der interne Druck wachsen, diese Söder zu überlassen, dem laut Umfragen deutlich mehr Bürger zutrauen, das Land als Kanzler aus der Coronakrise herausführen zu können.

Laschet hat bisher Probleme, ein bei vielen Bürgern verhaftetes Image des unsteten Politikers abzulegen. Er versucht vor allem durch Moderieren und eine Politik des Ausgleichs und Abwägens die Coronakrise zu meistern.

Bisher soll die K-Frage zwischen April und Mai entschieden werden. Da schon wenige Prozentpunkte an Verschiebungen die Union auch in die Opposition befördern könnten, wächst nach der langen Kanzlerschaft Merkels spürbar die Nervosität.

Zur Startseite