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Der alte Staatssekretär begrüßt am Donnerstag den neuen Minister vor dem Finanzministerium.

© imago images/photothek

Staatssekretär Werner Gatzer macht weiter: Zimmermann des Bundeshaushalts

Der neue Finanzminister Christian Lindner sichert sich die Hilfe des alten Haushaltsstaatssekretärs - des wohl mächtigsten Beamten in Berlin.

Er hat genaue Vorstellungen von Haushaltspolitik. Und die benennt er auch. Allerdings ist er Beamter, er muss sich anpassen, flexibel sein. Man könnte sagen, dass Werner Gatzer darin eine gewisse Meisterschaft entwickelt haben muss. Immerhin hat er nun mit Christian Lindner einen Dienstherrn aus der mittlerweile dritten Partei, seit er die Aufgabe des Haushaltsstaatssekretärs im Bundesfinanzministerium übernommen hat.

Das war im Dezember 2005. Gerade erst hatte sich die schwarz-rote Koalition unter Angela Merkel gebildet. Der neue Finanzminister hieß Peer Steinbrück. Der entschied sich - als Nachfolger des ausgeschiedenen Manfred Overhaus - für Gatzer. Der hatte im Ministerium seit 1990 eine Stufe nach der anderen auf der Karriereleiter erklommen, zuletzt stark gefördert von Hans Eichel. Das SPD-Parteibuch besaß er auch.

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2009 übernahm Wolfgang Schäuble das Ministerium. Gegen die Erwartung behielt er Gatzer als seinen Mann für den Etat. Als im Herbst 2017 nicht ganz klar war, wer das Finanzministerium in der kommenden Regierung übernehmen würde, ging Gatzer – Jahrgang 1958 - zur Bahn, als Chef des Tochterunternehmens „Station & Services“. Aber im März 2018 war er schon wieder zurück in der alten Verwendung, Olaf Scholz hatte gerufen. Von seinem Vorgänger Overhaus hat er schon länger einen von Journalisten verliehenen Titel geerbt: der ewige Staatssekretär. Overhaus war es elf Jahre, Gatzer ist es nun seit 16 Jahren.

Die Haushaltspolitik geprägt wie keiner

Kein Staatssekretär hat die Haushaltspolitik des Bundes so geprägt wie Gatzer. Seine Vorstellungen sind grundsätzlich traditionell – konservativ wäre das falsche Wort, er ist schon offen für Veränderungen und schiebt sie auch an. Aber er sieht seine Aufgabe darin, das Geld zusammenzuhalten, Einnahmen und Ausgaben im Lot zu halten, alles abzuwehren, was die Balance stören würde. Für Finanzminister, die auf Stabilität setzen, ist er der richtige Mann. Er war es auch, der vor zehn Jahren das Aufstellungsverfahren für die Bundeshaushalte so verändert hat, dass das Finanzministerium mehr steuern kann als zuvor.

[Lesen Sie dazu auch bei Tagesspiegel Plus: Die neue Ampel-Finanzpolitik.]

Nun hat ihn Lindner gebeten, im Amt zu bleiben. Er braucht ihn auch ganz akut: Erste Aufgabe, noch vor Weihnachten, ist ein Nachtragsetat für 2021, um pandemiebedingte Kreditermächtigungen umzuwidmen als Mittel für den neuen Klima- und Transformationsfonds. Dann kommt gleich der Etat für 2022, der nur als Entwurf der Vorgängerregierung vorliegt. Und im März müssen die Arbeiten am Haushalt für 2023 beginnen. Dann soll wieder die Schuldenbremse gelten. Die war Gatzer immer wichtig, denn sie vereinfacht die Aufgabe eines Haushaltsstaatssekretärs, die Ausgabenwünsche aus den Fachressorts zu bremsen.

Anhänger der Schuldenbremse

Bis 2023 wird die Schuldenbremse ausgesetzt sein, die Ausnahmeklausel wird genutzt, um die kreditfinanzierte Rücklage für die kommenden Jahre aufzubauen. Mit der in den Überschussjahren angesammelten Rücklage in Höhe von fast 50 Milliarden Euro hat Gatzer die Löcher in den kommenden Etats gestopft, welche die Groko und das Virus aufgerissen haben.

Erfahrung geht vor Parteibuch, mag sich Lindner gedacht haben, der nun zum ersten Mal ein Ministerium führt. Für Gatzer, der im Finanzministerium begann, als Theo Waigel das Haus führte, ist es somit der siebte Minister, den er im Finanzressort erlebt. Kein Beamter in der Bundeshauptstadt ist mächtiger als er.  

Weitere Staatssekretäre

Die weiteren beamteten Scholz-Staatssekretäre verlassen das Ministerium. Wolfgang Schmidt wird Kanzleramtsminister, Jörg Kukies widmet sich im Kanzleramt den internationalen Wirtschaftsthemen, Rolf Bösinger hilft, das neue Bauministerium aufzubauen. Den Ersatz hat Lindner schon gefunden. Als Staatssekretär für Europa und internationale Finanzpolitik hat er den EU-Beamten Carsten Pillath gewonnen, seit 2008 Generaldirektor für Wirtschaft und Wettbewerb beim EU-Ministerrat. Die Steuerpolitik liegt künftig bei Luise Hölscher, einer Ökonomin mit CDU-Parteibuch, die schon Finanzstaatssekretärin in Hessen war und zuletzt im Vorstand der als Stiftung organisierten SRH-Holding saß, die Unternehmen im Gesundheits- und Bildungsbereich betreibt. Staatssekretär für den Leitungsbereich wird der FDP-Mann Sreffen Saebisch, der bisher die Friedrich-Naumann-Stiftung leitete.

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