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Die designierte SPD-Parteivorsitzende Andrea Nahles und der mögliche kommende Bundesfinanzminister Olaf Scholz drängen nach dem Absturz von Martin Schulz in der SPD nach vorne.

© Christian Charisius/dpa

SPD-Vorsitz: Fragt doch mal die Mitglieder

Bei der Suche nach der neuen Parteispitze sollten die Sozialdemokraten auf Transparenz setzen. Was spricht eigentlich gegen ein Mitgliedervotum? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Alles kommt ins Rutschen. Martin Schulz ist politisch schon Geschichte, die Zukunft von Andrea Nahles noch nicht gesichert. Zu alledem zieht die Merkel-Dämmerung auf. Deutschland driftet.

Und die das Chaos mit angerichtet haben, werden in der SPD auch noch belohnt? In der Partei herrscht gegenwärtig eine starke Portion Unmut. Gefährlicher Unmut darüber, dass die Egos immer noch viel zu groß sind. Trotz der Lage jetzt. Der Sache dienen? Von wegen. Sehr viele Menschen fühlen sich abgestoßen. Die Umfrageergebnisse fallen weiter. Am Ende bekommt Oskar Lafontaine, ihr Luzifer, ihr gefallener Engel, noch recht, und die SPD muss sich in eine linke Sammlungsbewegung retten.

Wie wäre es mit einer Selbstvergewisserung? Oder mit Selbstkritik? Mit Fragen wie diesen: Wie konnte es sein, dass die SPD Schulz in den Wahlkampf warf, ohne ihn mit innenpolitischen Profis zu unterstützen? Wer alles hat das zugelassen und aus welchem Grund? Wie kann es sein, dass jetzt alle die nach vorn drängen, die im Hintergrund auf ihre Chance nach einer Niederlage von Schulz gegen Merkel spekulierten?

Die Narben der Vergangenheit schmerzen

Nur ist das Gedächtnis der Partei so schlecht nicht. Schon gar nicht, wenn ihr schlechtes Gewissen auf dem Parteitag direkt vor ihr sitzt, voran Kurt Beck, auch Franz Müntefering. Wie wer mit den ehemaligen Vorsitzenden umgegangen ist … Und dann untereinander. Sagen wir so: Nichts ist ganz vergessen. Da muss nur einer an die Wunden von früher rühren, und die Narben werden schmerzen.

Am Dienstag also soll Andrea Nahles zur kommissarischen Vorsitzenden ernannt werden. Nun gut. Was aber spricht eigentlich gegen ein Mitgliedervotum? Die Kandidaten müssten ihr Programm vorstellen, die Sache, für die sie stehen. Am besten auf Regionalkonferenzen, ob sieben, acht oder 16. Dann würden sie in einem moderierten Prozess befragt. Das wäre Transparenz, wie sie sein soll. Das wäre auch Mobilisierung, wie sie jetzt dringend sein muss. Vielleicht liegt darin die größte Chance der deutschen Sozialdemokratie, sich nach mehr als 150 Jahren vor dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit zu retten.

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