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Das neue SPD-Führungstrio: Thorsten Schäfer-Gümbel, Manuela Schwesig und Malu Dreyer

© Michael Kappeler/dpa

SPD schöpft neuen Mut: Rot-Rot-Grün ist die Hoffnung

Wahlniederlagen, Umfragetief, Führungskrise: Die Sozialdemokraten sind zwar an einem Tiefpunkt, doch der Gedanke an ein Linksbündnis im Bund ermutigt viele.

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Finanzminister Olaf Scholz (SPD) gilt vielen in seiner eigenen Partei als ein Politiker, dem sein Ruf als seriöser Haushälter wichtiger ist als das Kämpfen für teure sozialdemokratische Herzensthemen. Deshalb wurde es in der SPD sorgsam registriert, dass der wirtschaftsfreundliche Hanseat die große Koalition vor einer Woche zum Auslaufmodell erklärte – zumindest nach Ablauf der Legislaturperiode.

„Drei große Koalitionen in Folge würden der Demokratie in Deutschland nicht guttun“, sagte Scholz dem Tagesspiegel und fügte hinzu: „Eine Fortsetzung der heutigen Koalition nach 2021 will niemand – nicht die Bürgerinnen und Bürger, nicht die Union – und wir Sozialdemokraten schon gar nicht.“

Die Freunde einer Zusammenarbeit mit Linkspartei und Grünen in der SPD durften sich ermutigt fühlen – auch wenn Scholz unter einem „progressiven Bündnis“ sich wohl eher eine Koalition von SPD, Grünen und FDP als eine mit der Partei Dietmar Bartschs und Sahra Wagenknechts vorstellen kann.

Seitdem die Ökopartei in Bremen sich entschlossen hat, der schwer angeschlagenen SPD das Weiterregieren zu ermöglichen und erstmals in einem westlichen Bundesland die Linkspartei in eine Koalition holen will, fühlen die Freunde von „R2G“ in der SPD erst recht Luft unter den roten Flügeln.

Parteivize Ralf Stegner pries laut die „strategische Alternative diesseits der Union“ („FAS“) und nannte zugleich Bedingungen für ein solches Bündnis im Bund. Die Grünen müssten entscheiden, „ob sie Jamaika-Koalitionen oder soziale und progressive Bündnisse präferieren“, sagte er dem „Handelsblatt“. Die Linkspartei wiederum müsse sich von „linksnationalen Positionen trennen und Regierungsverantwortung auch wollen“. Dann könne eine „rot-grün-rote Regierungskoalition wie in Bremen gelingen“.

Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer sprach sich für ein rot-rot-grünes Bündnis im Bund aus. „Nach der großen Koalition ist die Zeit reif für eine Mehrheit links der Union“, sagte Schäfer dem Tagesspiegel: „Und bei SPD, Grüne und Linkspartei sehe ich die größten Schnittmengen.“

Voraussetzung für ein solches Bündnis auf Bundesebene sei allerdings, dass die Linkspartei Kompromissfähigkeit unter Beweis stelle. In Bremen war vor zwei Wochen eine neue Bürgerschaft gewählt worden, die CDU wurde stärkste Kraft. Indes ist nun der Weg für ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken frei, nachdem sich alle Parteien für Verhandlungen ausgesprochen hatten. Sollten diese Verhandlungen erfolgreich sein, entstünde dort die erste rot-grün-rote Koalition in einem westdeutschen Bundesland.

Linke freut sich

Erfreut reagierte auch Linken-Chefin Katja Kipping auf die Debatte über Rot-Rot-Grün im Bund. „Ich freue mich, wenn sich die SPD mit uns auf diesen Weg begibt, und würde es begrüßen, wenn sich nach den Grünen in Bremen auch die Grünen im Bund zu dieser Vision bekennen“, sagte Kipping dem „Handelsblatt“. Dann gäbe es bei den nächsten Bundestagswahlen „eine echte Entscheidung“, in welche Richtung es gehen solle.

Allerdings haben bislang nur einzelne Vertreter des linken Flügels der Grünen sich für R2G ausgesprochen. Die Parteispitze verfolgt weiter das Ziel strategischer Unabhängigkeit, um auf diese Weise sowohl Wählerinnen und Wähler von der SPD als auch solche aus dem bürgerlichen Lager anzusprechen.

Es gibt gute Leute in der SPD. Man muss sie nur an die richtigen Stellen bringen.

schreibt NutzerIn 2010ff

Auch manchen Sozialdemokraten dient die Aussicht auf R2G wohl eher als eine Art Rettungsfantasie. Denn der Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles sowie die Debatte über ihre Nachfolge und das Ende der großen Koalition haben die Partei weiter geschwächt.

In jüngsten Umfragen kommt sie nur noch auf zwölf bis 14 Prozent. Addiert man die Zahlen mit denen der Grünen (25 bis 27 Prozent) und der Linkspartei (sieben bis acht Prozent), erreichen alle drei Parteien derzeit keine gemeinsame Mehrheit. Viel fehlt aber nicht.

Ohnehin muss sich die SPD mit dem Gedanken vertraut machen, dass sie in einem linken Dreierbündnis womöglich nicht mehr den Kanzler stellen kann. „Gemeine Frage“, sagte Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann, als er erklären sollte, wer angesichts der Stärke der Grünen wohl die Regierung führe. Es sei zwar so, dass die stärkste Partei den Kanzler stelle, meinte Oppermann, fügte aber hinzu, es sei immer noch offen, wer nach der nächsten Wahl vorne liegen werde.

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