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Eher für Schlossallee als für Badstraße: Die Steuerpläne der SPD sollen nur ganz Reiche belasten.

© imago/Sven Ellger

SPD plant Vermögensteuer: Ein Prozent auf alles – für Multimillionäre

Die Sozialdemokraten steuern auf die Wiedereinführung der Vermögensteuer zu. Es ist ein Wahlkampfziel für 2021, das jetzt für Profilierung sorgen soll.

Mit konkreten Zahlen hat sich Torsten Schäfer-Gümbel am Montag zurückgehalten. Der aktuell geschäftsführende SPD-Vorsitzende hat zu dem Vorhaben, die seit 1997 ausgesetzte Vermögensteuer in Deutschland wieder einzuführen, nur zwei „Hausnummern“ genannt: Der Steuersatz solle grundsätzlich bei einem Prozent, das Volumen solle bei zehn Milliarden Euro liegen. Mit diesen Mehreinnahmen sollen dann vor allem Investitionen finanziert werden.

Schäfer-Gümbel betonte, es gehe der SPD im Ausgenblick nicht darum, einen konkreten Gesetzentwurf mit präzisen Belastungsdaten für Wohlhabende zu präsentieren. Aber dass es vor allem die „Multimillionäre“ treffen soll, fügte er doch hinzu.

Das Ziel sei, zum Parteitag im Dezember hin die Grundsatzfrage in der SPD zu klären, ob man die Vermögensteuer wiederhaben wolle oder nicht, sagte der SPD-Politiker. Eine Woche vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg scheint aber schon einigermaßen sicher zu sein, dass der Parteitag dem Vorschlag einer Arbeitsgruppe mit führenden Finanzpolitikern der Partei wohl zustimmen wird. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sein Plazet schon angekündigt – er hat die Arbeitsgruppe begleitet, wie es heißt.

Nicht grundgesetzwidrig

Schäfer-Gümbel betonte, dass das Bundesverfassungsgericht die Vermögensteuer vor mehr als 20 Jahren nicht als grundgesetzwidrig eingestuft, sondern nur die unterschiedliche Behandlung von Privat- und Betriebsvermögen moniert habe. Daran will die SPD bei ihrem abermaligen Anlauf zur Wiedereinführung anknüpfen. Hohe persönliche Freibeträge, so steht es im Eckpunkte-Papier Schäfer-Gümbels, würden die Zahl der Belasteten auf die „besonders reichen Teile der Bevölkerung“ beschränken.

Er will vermeiden, was bei Debatten über die Erbschaftsteuer immer wieder zu beobachten ist: Viele Bürger glauben, die Belastung reiche bis in die Mitte der Gesellschaft. Aber „Omas Häuschen“, so hatte es schon die Ko-Vorsitzende Manuela Schwesig am Wochenende formuliert, sei nicht betroffen.

Ein bisschen will sich die SPD an der Schweiz orientieren, eines der wenigen OECD-Länder, das noch eine allgemeine Vermögensteuer erhebt. In vielen anderen Industriestaaten ist sie im vergangenen Vierteljahrhundert abgeschafft worden. In der Schweiz zahlen sehr viele Vermögende, allerdings ist dort die Einkommensbesteuerung niedriger. Aber Schäfer-Gümbel will die Schweiz gar nicht kopieren – ihm geht es darum, zu zeigen, dass eine Vermögensteuer durchaus funktionieren kann. Aber wie in der Schweiz sollen neben Privatpersonen auch Kapitalgesellschaften der Steuer unterliegen.

Um nicht wieder mit dem Grundgesetz in Konflikt zu geraten, sollen sich die Bewertungen, auch der Grundstücke, an den Maßstäben der erst 2016 reformierten Erbschaftsteuer orientieren. Sie wären also nahe am Verkehrswert. Das gilt auch für die geplanten Verschonungsregeln für Unternehmer – in Betrieben, die zur Zahlung Vermögen veräußern müssten, würde die Steuer laut Schäfer-Gümbel ausgesetzt.

Auch andere Länder besteuern Vermögen

Schäfer-Gümbel verwies darauf, dass Deutschland bei der Besteuerung von Vermögen international nicht gerade zur Spitzengruppe zählt. In den USA etwa, auch in Großbritannien oder Frankreich kommt mehr Geld zusammen durch Steuern auf Vermögen, nicht zuletzt von Immobilien. In Deutschland greift der Staat neben der Erbschaftsteuer, die aber großzügige Ausnahmen kennt, auch mit der Grundsteuer und der Grunderwerbsteuer auf Vermögen zu. Den Verwaltungsaufwand hält der SPD-Politiker für vertretbar – er liege zwischen fünf und acht Prozent und damit im Bereich anderer vergleichbarer Steuerarten.

Dass die SPD nicht sehr konkret wird, hat natürlich auch damit zu tun, dass der Widerstand groß ist – vor allem bei den Koalitionspartnerinnen CDU und CSU. Hans Michelbach, CSU-Finanzpolitiker im Bundestag, griff die Sozialdemokraten am Montag postwendend an – und haute ordentlich drauf: Der Plan sei die „versuchte Wiederbelebung eines sozialistischen Dinosauriers“. Die SPD vergifte damit das gesellschaftliche Klima in Deutschland und knüpfe „nahtlos an die SED-Ideologie an“. Sie verschweige, sagte Michelbach, dass schon heute die oberen zehn Prozent der Steuerzahler rund 60 Prozent des Steuervolumens beisteuerten. „Wenn die SPD zehn Milliarden Euro abkassieren will, muss sie mindestens 50 Prozent der Steuerzahler belasten“, so lautet Michelbachs Rechnung. Auch FDP und AfD lehnen eine Vermögensbesteuerung ab.

Dass der SPD-Vorschlag, der auf die nächste Bundestagswahl zielt, im Bundestag nur mit einer Koalition zusammen mit Linken und Grünen umgesetzt werden könnte, ist daher schon heute klar. Wenn es nach der Wahl 2021 dazu käme, würde wohl eine Vermögensteuer dort eine Mehrheit finden. Im Bundesrat allerdings zeichnet sich das nicht ab. Dort gibt es aktuell nur fünf Länder mit Linkskoalitionen: Hamburg, Bremen, Berlin, Thüringen, Brandenburg. Angesichts der großen Parteien- und damit Koalitionsvielfalt ist es alles andere als sicher, dass die Länderkammer nach 2021 wesentlich andere Mehrheitsverhältnisse haben wird. Die Vermögensteuer war aber eine Ländersteuer – und soll es nach dem SPD-Vorschlag auch bleiben.

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