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SPD-Chef Martin Schulz (rechts), Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz und Andrea Nahles, Vorsitzende der Bundestagsfraktion.

© dpa

SPD in der Krise: Regieren ist ja auch Mist

Die SPD wird sich gerade selbst zur eigenen Opposition. Dann darf sich keiner beschweren, wenn es nicht aufwärts geht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Da denkt man doch, die Sozialdemokratie könnte Kapital schlagen aus der gegenwärtigen Situation der Möchtegern-Jamaikaner, die nicht zueinanderfinden und erst recht nicht ans neue Ufer. Aber weit gefehlt, die SPD bleibt, wie sie ist: sich selbst genug. Sie kreist um sich selbst, ergeht sich in Winkelzügen, in denen es sich immer vor allem um das Schicksal der handelnden Personen dreht.

Als ob das Motto des spöttischen Liedermachers Ulrich Roski gälte: Jeder denkt an sich, nur ich denk an mich. Oder auch so: Wenn jeder an sich selbst denkt, ist genug an alle gedacht. Das gehört offenbar zum Grundsatzprogramm bei den Genossen. Aber: 22 Prozent – das ist der aktuelle Stand. Mehr hat die SPD nicht zu bieten, bundesweit. In den Ländern ist es zum Teil noch desaströser, auch im Vergleich.

Aber daraus Konsequenzen ziehen, inhaltlich mehr Debatte und insgesamt jetzt mehr innerparteiliche Demokratie wagen – bloß nicht. Willy Brandt ist ja auch schon lange tot. Trotzdem ist der Druck da: Wo sind die Antworten, jetzt endlich, auf das, was die Digitalisierung mit der Arbeitswelt und der Lebenswelt jedes Einzelnen macht? Wer trägt am besten täglich Überlegungen zur Pflege vor, auf dass dieses Thema in den Jamaika-Runden zwingend bedient werden muss, zum Wohle aller? Wo ist die Weiterentwicklung der Lohnthematik über den Mindestlohn hinaus? Womit, das am Rande, nicht nur dessen Erhöhung gemeint ist. Vielmehr ist die Frage, was Lohn in Zeiten der Lohnzurückhaltung sein oder umfassen kann. Und wer sagt konkret, wie Europa zu konsolidieren wäre, dass es CDU/CSU, FDP und Grüne treibt?

Ein Hauen und Stechen um Vizeposten

Na ja, immerhin sorgt die SPD auf andere Weise für ausreichende Unterhaltung des Publikums: durch das Hauen und Stechen, das um die Vizevorsitzendenposten anhebt. Vize deshalb, weil der Chef Chef bleiben will, um jeden Preis, und weil eine Kandidatur gegen Martin Schulz mindestens von ihm als unsolidarisch empfunden würde. Allerdings daneben auch von ein paar anderen, die jetzt – noch – in der zweiten Reihe stehen, sich aber vom Verbleib von Schulz für ein Jährchen oder so versprechen, dass ihre Zeit dann kommen kann.

Apropos: dass die SPD jünger, weiblicher und östlicher werden könnte oder sollte, wie Frau und Mann nach dem Wahlergebnis meinten, war wohl eher ein Witz. Es wird schön weiter quotiert, und bei den Männern kandidiert Michael Groschek, ein 60er, aus NRW.

Überhaupt, NRW. Der Landesverband, der nur in einem besonders führend ist, nämlich in der Verantwortung für die Niederlage der SPD im Bund, ist nicht etwa kleinlaut oder bescheidener geworden. Nein, man wird das Gefühl nicht los, dass er an Frechheit noch eine Schippe drauflegt, so viele, wie in der Parteispitze (weiter) vertreten sein wollen. Und was die NRW-SPD will, bekommt sie auch? Die ostdeutschen Verbände habe das immer mal wieder beklagt, und anstatt ihnen dieses Mal eine Großchance zu geben, damit sie zeigen, was sie können … Sieht nicht so aus.

Also werden die Wahlen zum Vorstand in vier Wochen wohl das Spannendste am Parteitag sein. Dann darf sich nur keiner beschweren, wenn es nicht aufwärts geht. Aber man soll ja von der SPD auch nicht zu viel verlangen.

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