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Die SPD-Spitze im Februar 2021: Norbert Walter-Borjans (L), Saskia Esken (R) und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz.

© Tobias Schwarz / various sources / AFP

SPD gegen höhere Benzinpreise: Und wie wollen die Sozialdemokraten das Klima schützen?

Klimaschutz, rufen die Grünen. Soziale Gerechtigkeit, fordert die SPD. Wie weit liegen die Parteien auseinander? Der Benzinpreis-Streit als Exempel.

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Der Wahlkampf nimmt Fahrt auf. Der Ton wird rauer. Und es geht auch um was – um viel Geld, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. Die Grünen möchten schrittweise den Benzinpreis um bis zu 16 Cent anheben. Die SPD geht auf Konfrontationskurs: Für Kanzlerkandidat Olaf Scholz zeigt das nur, „wie egal“ den Grünen die Nöte der Bürgerinnen und Bürger sind.

Die Kritik konterte die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock mit dem Vorwurf der Selbstvergessenheit: Die Koalition aus Union und SPD habe doch selbst den CO2-Preis eingeführt und gerade die Klimaziele nachgeschärft. Woraufhin wiederum SPD-Chefin Saskia Esken mahnte, die Bewältigung des Klimawandels sei eine Menschheitsaufgabe. „Die kann man nicht im politischen Elfenbeinturm erreichen.“

Starker Tobak. Der Streit wirft die Frage auf, wie und wo die SPD die Menschheitsaufgabe anzugehen gedenkt.

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Seit Anfang des Jahres hat CO2 in Deutschland einen Preis. Die Maßnahme war eingeführt worden, um die Klimaziele zu schaffen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das bemängelte, dass zu viele Einsparlasten auf die Zeit nach 2030 verlagert worden seien und damit künftige Generationen über Gebühr in ihren Freiheitsrechten eingeschränkt werden könnten, beschlossen Union und SPD schärfere Klimaziele; bis 2030 sollen die Emissionen um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken.

Unternehmen, die mit Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel handeln, müssen aktuell 25 Euro je Tonne CO2 zahlen, die ihre Produkte verursachen. Das geben sie an die Verbraucher weiter und dadurch ist Benzin seit Jahresanfang rund sieben Cent teurer, Diesel acht Cent. Der CO2-Preis soll laut den Plänen der Regierung bis 2025 auf 55 Euro pro Tonne steigen. Berechnungen des ADAC zufolge wird Benzin dann um 15 Cent teurer sein, Diesel um 17 Cent. Damit bewegt sich die Regierung recht nahe bei der Forderung Baerbocks.

Miersch: „Massiv in klimafreundliche Alternativen investieren“

Der CO2-Preis als Steuerungsinstrument dürfe nicht für sich alleine stehen, sagt Esken. Bei den Alternativen bleibt die SPD aber vage.

In ihrem Wahlprogramm trifft die Partei keine konkrete Festlegung zur künftigen Höhe des CO2-Preises. Während Unions-Politiker und Grüne seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts argumentieren, dass die bisherigen Pläne für einen CO2-Preisanstieg nicht reichen, ist die SPD dagegen, an dieser Stelle nachzubessern.

[Lesen Sie zum Thema auch: Klimaschutz wird zum Wahlkampfthema - Was der CO2-Preis die Bürger kosten kann (T+]

Bevor Preise steigen könnten, müsse es mehr saubere Alternativen geben und die Möglichkeit, sich klimafreundlich zu verhalten, sagt Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Sie will deshalb bei der bisherigen Beschlusslage der Bundesregierung bleiben.

Olaf Scholz, Finanzminister, in Potsdam mit dem Fahrrad unterwegs. Als Klimaschutzpartei hat sich die SPD noch keinen Namen gemacht.
Olaf Scholz, Finanzminister, in Potsdam mit dem Fahrrad unterwegs. Als Klimaschutzpartei hat sich die SPD noch keinen Namen gemacht.

© Ralf Hirschberger/dpa

Aber: Anstelle eines stärkeren Preisanstiegs spricht Schulze sich dafür aus, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Vor allem bei der Wind- und Solarenergie müsse noch „eine deutliche Schippe“ draufgelegt werden. An diesem Punkt, der Anhebung des CO2-Preises, trifft Baerbocks Verdikt der „Selbstvergessenheit“ die SPD also nicht - da liegt man tatsächlich auseinander.

[Lesen Sie zum Thema auch: „Wälder können allenfalls ein Zehntel der CO2-Emissionen auffangen“ (T+)]

Auch SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch warnt: „Wer einfach nur weiter an der CO2-Preis-Schraube dreht, ohne bezahlbare Alternativen zur Verfügung zu stellen, wird die Menschen gegen sich aufbringen und weniger statt mehr Klimaschutz erreichen“, sagte Miersch dem Tagesspiegel am Freitag in Berlin.

Zusammen mit CDU, CSU und den Grünen aus dem Bund und den Ländern habe man einen CO2 Preis beschlossen, der ab 1. Januar 2021 gilt. Daran halte man fest. „Wer diesen Kompromiss bereits nach fünf Monaten wieder aufkündigt, handelt verantwortungslos“, sagte Miersch.

Zuerst müsse in den kommenden Jahren „massiv in klimafreundliche Alternativen“ investiert werden. „Denn erst mit kostengünstiger E-Mobilität, einem besseren ÖPNV und klimaneutralen Heizungsanlagen haben die Menschen überhaupt die Möglichkeit, umzusteigen. Erst nach einer umfassenden Modernisierung teilweise mit neuen Technologien können die Unternehmen klimaneutral und wettbewerbsfähig wirtschaften.“

Einen sozialen Ausgleich wollen Grüne wie SPD

Wenn es aber nicht um die Höhe des CO2-Preises geht, sondern um den sozialen Ausgleich, sind SPD und Grüne sich schon deutlich näher. In ihrem Wahlprogramm spricht die SPD sich einerseits dafür aus, die EEG-Umlage in der bestehenden Form bis 2025 abschaffen und aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Das sei ein Beitrag zur „sozial gerechten Finanzierung der Energiewende“, weil dadurch die Stromrechnung deutlich sinke.

Mit dem Ansteigen des CO2-Preises wollen die Sozialdemokraten außerdem für weitere „sozial gerechte Ausgleichsmaßnahmen“ sorgen. „Einen Pro-Kopf-Bonus werden wir prüfen“, heißt es im Wahlprogramm. Auch wenn die Ausgestaltung nicht näher beschrieben ist, entspricht das dem Grundgedanken des Energiegelds, das die Grünen den Bürgerinnen und Bürgern aus den Einnahmen des CO2-Preises zahlen wollen.

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