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Dieses Waffensystem möchte die Bundeswehr dringend einsetzen, doch die SPD sperrt sich:  Kampfdrohne vom Typ Heron TP beim Start.

© picture alliance / dpa

SPD-Absage an Kampfdrohnen: "Sicherheitspolitische Bankrotterklärung"

Erst stemmte sich der SPD-Parteichef gegen Kampfdrohnen, nun folgt ihm die Fraktion. Das Echo aus anderen Parteien ist verheerend. Nur die Linkspartei freut sich.

Von Hans Monath

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat die Entscheidung der SPD gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen vor der Bundestagswahl als „sicherheitspolitische Bankrotterklärung“ kritisiert. „Anstatt sich um Leib und Leben unserer Streitkräfte zu kümmern, bereitet die Partei lieber ein Bündnis mit Linken und Grünen vor“, sagte Ziemiak dem Tagesspiegel. Drohnen seien im 21. Jahrhundert „essenziell für den Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten in den Einsätzen". Die Bundeswehr verlange "zurecht danach".

Der CDU-Generalsekretär erinnerte daran, dass deutsche Soldatinnen und Soldaten auch mit den Stimmen der SPD in Auslandseinsätze geschickt worden seien. "Nun verweigert die SPD die Unterstützung zugunsten parteitaktischer Spielchen", meinte er und fügte hinzu: "Das ist nicht mehr die Partei in der Tradition von Helmut Schmidt.“ Der SPD-Politiker war ein weithin geachteter Verteidigungsminister (1969 bis 1972) und Bundeskanzler  (1974 bis 1982) und setzte sich entschieden für die atomare Nachrüstung ein.

In der Koalition wird die Zusammenarbeit nun schwieriger, erwartet die Union

Auch der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hatte die SPD gemahnt, das Erbe Helmut Schmidts nicht zu vergessen. Nachdem SPD-Chef Norbert Walter-Borjans schon vergangene Woche den Verzicht auf eine Entscheidung über Kampfdrohnen und eine weitere Debatte dazu gefordert hatte, schrieb er auf Twitter: "Helmut Schmidt dreht sich im Grabe um."

Unionsvizefraktionschef Johann Wadephul (CDU) warf der SPD vor, das Leben der Soldaten sei ihr „egal“. Die Partei biete insgesamt ein Bild, das „wirklich beschämend und alarmierend“ sei, meinte der CDU-Politiker, der Auswirkungen auf die Arbeit der großen Koalition erwartet. Es werde schwieriger, „mit einer solchen Partei im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik dauerhaft weiter zusammenzuarbeiten“.

Die SPD-Fraktionsspitze hatte am Dienstag erklärt, sie wolle vor der Wahl nicht mehr über Kampfdrohnen entscheiden. Begründet wurde dies mit dem Drohnenkrieg um Berg-Karabach, der eine neue Lage geschaffen habe. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, der Berliner Fritz Felgentreu, legte daraufhin sein Sprecheramt nieder, wie er auf Twitter mitteilte. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie Vertreter anderer Parteien würdigten Felgentreus Arbeit als Sicherheitsexperte und bezeichneten seinen Rücktritt als achtenswerte Entscheidung.

Ist die Bundeswehr ohne Kampfdrohnen künftig nicht mehr bündnisfähig?

Wadephul nannte die Begründung der SPD-Fraktionsspitze für die Aufschiebung der Entscheidung nicht nachvollziehbar. Noch im Sommer hatten sich sozialdemokratische Fraktionsexperten, darunter Felgentreu und Fraktionsvize Gabriela Heinrich, sich für die Beschaffung von Kampfdrohnen und deren Einsatz unter strengen Bedingungen ausgesprochen.

Drohnen seien „ein Mittel, Konflikte zu entscheiden, indem sie militärische Vorteile verschaffen“, sagte der CDU-Politiker. Dieses verweigere die SPD der Bundeswehr und drohe sie so in Gefahr zu bringen. Die Bundeswehr werde in der Nato ohne Kampfdrohnen künftig „nicht mehr bündnisfähig sein“, warnte Wadephul.

Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann warf der SPD vor, sie setze „die Sicherheit unserer Soldaten aufs Spiel“. Das Wahlkampfmanöver auf Kosten der Sicherheit unserer Soldaten zeige: "Mit der SPD ist in sicherheitspolitischen Fragen kein Staat mehr zu machen.“

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Ex-Staatssekretär Ischinger kommentierte das Einschwenken der SPD-Fraktionsspitze auf die Line von Parteichef Walter-Borjans auf Facebook so: "Das führt in die Koalitionsunfähigkeit." Die SPD argumentiere "so wie die Regierungen, die vor 100 Jahren angesichts von Panzern weiter auf Reiterstaffeln setzten. Das Ergebnis ist bekannt".

Folgt nun die Debatte über die Eurodrohne?

Die Linkspartei begrüßte dagegen die Entscheidung und forderte die Sozialdemokraten auf, sich nun folgerichtig auch gegen die Eurodrohne zu stellen. Der neue EU-Verteidigungsfonds, der acht Milliarden Euro umfassen soll, soll auch die Entwicklung von Drohnen fördern. Die Entscheidung der SPD-Fraktion sei richtig, erklärte der Vizechef der Linkspartei, Tobias Pflüger. "Keine Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr heißt aber auch, dass dann die Finanzierung der so genannten Eurodrohne gestoppt werden muss. Im Bundeshaushalt 2021 und folgenden ist die Eurodrohne bisher noch eingepreist, das muss dann ebenfalls gestoppt werden", verlangte er.

Damit dürfte sich Partei- und Fraktionsspitze der SPD, die mit dem Votum gegen eine Kampfdrohnen-Entscheidung etwas Luft versprochen hat, bald einer neuen Debatte über das in den Reihen der Sozialdemokraten unbeliebte neue Waffensystem stellen müssen.

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