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Demonstranten nehmen an einem Protest teil, der von den "Gelbwesten" in Frankreich inspiriert wurde, um für eine neue Parlamentswahl in Großbritannien zu demonstrieren.

© dpa/Dominic Lipinski

Sparpolitik und Brexit: Demonstranten in London fordern Neuwahlen

Mit Gelbwesten protestierten Tausende Briten am Samstag gegen den Sparkurs ihrer Regierung und das Brexit-Gezerre.

Nach dem Vorbild der französischen Gelbwesten-Bewegung haben Tausende Demonstranten in London gegen die britische Regierung demonstriert. Sie forderten am Samstag angesichts des Brexits ein Ende der Sparpolitik und eine Neuwahl. Dem Aufruf der Kampagne „The People's Assembly Against Austerity“ folgten auch Politiker und Gewerkschafter aus weiten Teilen des Landes. Etwa 5000 bis 10 000 Demonstranten hätten teilgenommen, sagte eine Sprecherin der Veranstalter in einer ersten Schätzung der Deutschen Presse-Agentur.

Etwa 200 Menschen mit Gelbwesten schlossen sich der Protestbewegung im nordirischen Belfast an. Sie demonstrierten unter anderem auch gegen das restriktive Abtreibungsrecht in dem britischen Landesteil.

Die Sparpolitik und der Brexit haben den Organisatoren zufolge die Nation geteilt. „Seit die Tories die Macht übernommen haben, hat sich die Zahl der Obdachlosen verdoppelt“, sagte Steve Turner von der Gewerkschaft Unite, der auch Vizechef der Kampagne ist. Der staatliche Gesundheitsdienst NHS, der Pflegebereich und die Schulen seien von Krisen geschüttelt. „Wir haben es hier mit einer Regierung zu tun, der die Alltagssorgen der Menschen völlig fremd sind.“

Auch Vertreter der Gelbwesten-Bewegung aus Frankreich nahmen an der Demonstration in London teil. „Alle europäischen Länder sollten sich diesem Kampf gegen die Sparpolitik anschließen“, sagte ein Teilnehmer aus Frankreich der britischen Nachrichtenagentur PA.

Die Bewegung hatte sich im November in Frankreich formiert, um gegen die Reformpolitik von Präsident Emmanuel Macron und gegen die als zu niedrig empfundene Kaufkraft zu protestieren. Der Begriff für die Bewegung geht auf die gelben Warnwesten für Autofahrer zurück, die auch die Demonstranten tragen. In England hatten die Westen teilweise zusätzlich die Aufschrift: „Großbritannien ist zerbrochen“.

Großbritannien will Ende März aus der Europäischen Union austreten. Das britische Parlament wird am Dienstag über das Brexit-Abkommen abstimmen, das Premierministerin Theresa May und Brüssel ausgehandelt haben. Es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass der Deal zustande kommt. Im Falle eines EU-Austritts ohne Abkommen droht Chaos.

Der britische Verkehrsminister Chris Grayling warnte vor tiefgreifenden Folgen, sollte das Abkommen durchfallen. Dies werde die Tür für extremistische politische Kräfte öffnen - „so wie wir es in anderen Ländern in Europa sehen“, erklärte Grayling der „Daily Mail“. Der Minister sagte eine „weniger tolerante Gesellschaft“ voraus und ein mögliches Ende der „moderaten“ Politik in Großbritannien.

Die Polizei nahm am Samstag einen Pro-Brexit-Demonstranten wegen eines Vorfalls vor dem Parlament vor einigen Tagen fest: Die EU-freundliche Abgeordnete Anna Soubry von der Konservativen Partei war nach Interviews von Brexit-Anhängern verfolgt und als „Nazi“ beschimpft worden. Parlamentssprecher John Bercow sprach in einem Brief an Scotland Yard von einer „inakzeptablen Situation“; es sei nicht der einzige Fall dieser Art.

Bundesjustizministerin Katarina Barley erteilte Nachverhandlungen der EU mit Großbritannien eine Absage. Es führe kein Weg daran vorbei, dass ein Land die Vorteile der EU-Mitgliedschaft verliere, wenn es aus der Gemeinschaft austrete, sagte die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl dem „Tagesspiegel“ (Sonntag). (dpa)

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