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Weithin sichtbar ist das 150 Meter hohe Kreuz im „Tal der Gefallenen“.

© Ana Lázaro/dpa

Spanien: Wie das Land über Francos Grab streitet

Spaniens sozialistische Regierung will die Gebeine des Diktators umbetten. Jetzt hat das Parlament dem zugestimmt. Doch es gibt Widerstand.

Die Grabplatte in der Basilika bei Cuelgamuros nahe Madrid ist bedeckt mit frischen Blumensträußen, Kränzen und Gestecken, die meisten in den spanischen Nationalfarben. Nur auf dem Schriftzug mit dem Namen des Verstorbenen liegt kein Blumenschmuck.

Eine Gruppe mit einigen Dutzend Besuchern nähert sich, auch Kinder sind darunter. Sie posieren, machen Selfies. Schließlich heben einige den rechten Arm zum Faschistengruß. „Viva Franco!“, rufen sie laut vor der Grabstätte von Diktator Francisco Franco (1892-1975).

Szenen wie diese sind in diesen Tagen keine Seltenheit im „Valle de los Caidos“. Die so kolossale wie umstrittene Gedenkstätte in der Sierra de Guadarrama ist 43 Jahre nach dem Tod des „Generalissimus“ wieder zum Zankapfel geworden.

Pompöse Pilgerstätte

Die neue sozialistische Regierung will schnellstmöglich Fakten schaffen, solange sie die Gelegenheit dazu hat: Francos Gebeine sollen aus dem „Tal der Gefallenen“ verschwinden und an einen schlichteren Ort verbracht werden – mit oder ohne Zustimmung seiner Angehörigen. „Wir werden das machen, und zwar sehr zügig“, kündigte Ministerpräsident Pedro Sanchez kürzlich an.

Dafür hat das Parlament am Donnerstag die rechtlichen Grundlagen geschaffen. Es stimmte einer Gesetzesverordnung zu. In den Augen vieler Sozialisten handelt es sich bei dem Mausoleum ohnehin nur um eine pompöse Pilgerstätte für Franco-Getreue und Neofaschisten.

Verschiedene Pläne für eine Umgestaltung gibt es seit Jahren. Doch zur Durchsetzung fehlte stets die politische Entschlossenheit. Zuletzt musste sich Sanchez von der Idee verabschieden, aus dem Bau des Caudillo einen „Ort der Versöhnung“ mit eigenem Museum zu machen. Jetzt soll zumindest das Grab des Diktators weichen.

Noch zu Lebzeiten errichtet

Verwunderlich ist das Hin und Her nicht; der Umgang mit dem „Valle de los Caidos“ ist reichlich kompliziert. Franco ließ die Anlage mit dem mehr als 150 Meter hohen frei stehenden Steinkreuz und einer riesigen in den Fels gehauenen Kirche noch zu Lebzeiten errichten.

Dass bei den Bauarbeiten Tausende republikanische Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen schuften mussten, ist nur ein Teil des historischen Ballasts. Hinzu kommt, dass in einer Gruft die Gebeine Zehntausender Soldaten liegen. Viele wurden anonym bestattet. Doch längst nicht alle waren Franco-Anhänger. Unter den Toten sind auch viele Republikaner.

Obendrein handelt es sich um geweihten Boden. Die Kirche mit Francos Gebeinen wurde 1960 von Papst Johannes XXIII. zur Basilika erhoben. Für die Verwaltung sind die Mönche einer Benediktinerabtei zuständig, die sich ebenfalls auf dem Gelände befindet.

Opposition spricht vom Aufreißen alter Wunden

Die katholische Kirche hat folglich in Sachen Exhumierung ein Wörtchen mitzureden. Obwohl etliche der ansässigen Benediktiner gegen eine Störung der Totenruhe sind, ist von der Kirche kaum mit Widerstand zu rechnen. Madrids Kardinal Carlos Osoro signalisierte bereits, dass er „keinerlei Interesse“ habe, sich gegen das Vorhaben zu stellen.

Die Opposition wirft der Regierung vor, mit der Aktion von wichtigeren Problemen ablenken zu wollen. „Ich würde keinen einzigen Euro dafür ausgeben, Franco auszugraben“, sagte Pablo Casado, Chef der konservativen Volkspartei. Es sei „unverantwortlich, bereits geheilte Wunden wieder aufzureißen“. KNA

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