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Minister Jens Spahn hat ein Netz-Gesundheitsportal einrichten lassen

© imago images/Jürgen Heinrich

Spahns Kooperation mit Google: Es ist zu viel Leichtfertigkeit im digitalen Spiel mit der Öffentlichkeit

Der Gesundheitsminister verbündet sich mit den Falschen und bedient sich falscher Mittel, um richtig zu informieren. Einfalt oder Arroganz? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Das Landgericht München hat eine Zusammenarbeit der besonderen Art beendet. Per Doppel-Urteil im Eilverfahren untersagten die Richterinnen vorläufig sowohl Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wie dem Internetkonzern Google die Kooperation beim Betrieb des etwas hochtrabend so genannten Nationalen Gesundheitsportals, das im Netz unter „gesund.bund.de“ zu finden ist (Az.: 37 O 15721/20). Das Portal bietet seit Herbst „fachlich geprüfte Informationen zu Krankheiten“ aus staatlicher Hand. Doktor Google ist für viele Patienten die erste Adresse, weshalb Spahn und Suchmaschine sich zusammentaten: Die Infos von „gesund.bund.de“ sollten bei Google deutlich prominenter platziert werden als andere Treffer.

„Wer Gesundheit googelt, soll auf unserem Portal des Bundes landen“

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im November feierte man die Idee. „Wer Gesundheit googelt, soll auf unserem Portal des Bundes landen“, verkündete Spahn. Bringe ja nichts, „wenn wir bei Google an Stelle 783000 auftauchen“. Der Minister zeigte sich bewegt von der Großzügigkeit des Netzgiganten, der mit neunzig Prozent Marktanteil konkurrenzlos ist. Spahn habe „wiederholt deutlich seine Dankbarkeit“ zum Ausdruck gebracht, heißt es im Urteil.

Genau diese technische Handreichung, verbunden mit Spahns vielfältigem Dank bezeichnet das Gericht als das, was es auch ist: Eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung, wie sie laut Gesetz ausdrücklich verboten wird. Geklagt hatte ein Netzportal des Burda-Konzerns („NetDoktor.de“), dessen Erfolg wesentlich davon abhängt, wie es nach Suchanfragen bei Google gelistet wird.

Der Staat geht mit schlechtem Beispiel voran

Bemerkenswert sind hier weniger die Details der beiden Urteile. Bemerkenswert, wenn nicht bedrohlich ist die Einfalt, mit der Spahn alle rechtlichen Bedenken überging. Er meint, die Regierung sei hier nicht geschäftlich, sondern allein hoheitlich tätig, weshalb das Bundesportal über allem Wettbewerb stünde. Und das mit Google sei eigentlich auch keine Kooperation, jedenfalls kein Vertrag: „Es gibt weder schriftlich noch mündlich eine Vereinbarung“, die einander verpflichte, hieß es gerade erst als Regierungsantwort auf FDP-Anfrage.

Ist es Einfalt? Oder Arroganz? Die Regierung verbündet sich mit einem globalen Datenschutzsünder, um ein Bundes- Informationsangebot in der Internet-Aufmerksamkeit an die Spitze zu bringen. Ist sie dazu befugt? Wie ist zu bewerten, dass der Quasimonopolist Treffer nach oben bringt, die weder Werbung sind noch vom Algorithmus gesteuert wurden? Muss man das regulieren? Und was, wenn andere Behörden ähnlich verfahren wie das Ministerium? Informiert dann der Verfassungsschutz besonders prominent über den Verfassungsschutz?

Es ist eine Leichtfertigkeit im digitalen Spiel, die von Übel ist. Der Staat geht als schlechtes Beispiel voran. Es ist ein Glück, dass die Justiz hier immer wieder bremst. Spahn sollte ihr dankbar sein. Aber nein, dankbar ist er Google.

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