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Sozialministerin: Manuela Schwesig: Jung, weiblich, ostdeutsch

Sein Schattenkabinett will SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier zwar noch nicht verkünden. Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Schwesig gilt aber schon als gesetzt – auch wenn ihre Karriere in der SPD eher untypisch ist.

„Ich bin übrigens eure Kinderministerin“, sagte Manuela Schwesig zu einer Horde Jungen und Mädchen, bevor sie ihnen bei einem Straßenfest „Hänsel und Gretel“ vorlas. Da war Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin erst sechs Wochen im Amt.

Um das Wohl der Kinder kümmert sie sich von Amts wegen immer noch. Und ähnlich selbstbewusst steht sie weiterhin zu ihrem Job, den ihr vor einem Jahr kaum jemand zugetraut hat. Vor zehn Monaten war sie noch Sachbearbeiterin im Finanzministerium des Landes und führte im Schweriner Stadtparlament die gerade einmal neunköpfige SPD-Fraktion. Seit Oktober jedoch leitet die 35-jährige Politikerin das Ressort Soziales in Mecklenburg-Vorpommern und ist derzeit die jüngste Ministerin in Deutschland. Nun steht ihr offenbar der nächste Karrieresprung bevor: auf die bundespolitische Wahlkampfbühne im Kompetenzteam von SPD-Spitzenkandidat Frank- Walter Steinmeier.

Ihr ist durchaus bewusst, dass Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) sie auch in sein Kabinett holte, um zu zeigen, dass in der SPD der politische Nachwuchs eine Chance hat. Für sie ist das ein Nebenaspekt, den sie durch ihr Können zu rechtfertigen glaubt. Im Steinmeier-Team stünde sie für sozial engagiert, jung, weiblich, ostdeutsch und für einen nicht ganz üblichen Weg in die SPD-Politik. Von ihren Kompetenzen her könnte sie das Gegengewicht zu Ursula von der Leyen (CDU) bilden, von ihrer Karriere her den Gegenpol zu Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).

Manuela Schwesig wurde 1974 in Frankfurt/Oder geboren. In Königs Wusterhausen studierte sie Steuerrecht und lernte ihren jetzigen Mann Stefan kennen. Für sie war klar, dass sie zu ihm und nicht er zu ihr zieht. Alte Rollenbilder? „Nein, ich hatte mich auch in seine Heimatstadt Schwerin verliebt“, sagt sie. Erst vor sechs Jahren trat sie in die SPD ein. Sie mochte Brandenburgs einstige Sozialministerin Regine Hildebrandt, „weil sie so authentisch war“, aber politische Vorbilder hat sie nicht. Sie hat keine langen Jahre der Flügelkämpfe bei den Jusos hinter sich und auch keine Ochsentour durch die Parteihierarchie. „Ich habe auch schon eine ganze Menge Plakate geklebt. In der Kommune habe ich eben Politik von der Pike auf gelernt“, sagt sie.

Es gab durchaus Anzeichen, dass die Partei mit ihr und sie in der Partei mehr vorhatte. 2006 war sie im Hintergrund der Landtags-Wahlplakate des damaligen „Landesvaters“ Harald Ringstorff zu erkennen. Wenig später schwärmte ein prominenter Schweriner Genosse im kleinen Kreis von Schwesigs politischem Talent und ihrem sicheren Weg in den Landtag. Schwesig selbst wiederum beendete ihre Babypause nach einem Jahr. Als Beamtin hätte sie sich eine längere Auszeit gönnen können. „Aber nicht in der Politik“, sagte sie damals. „Denn wer nicht dabei ist, kann nicht mitreden, kann niemanden überzeugen.“ Fleißig besuchte sie unterdessen die Kommunalakademie, in der die SPD ihren Nachwuchs schult.

Seit Sellering sie in die Landesregierung holte – und damit manchen Genossen vor den Kopf stieß, der glaubte, ältere Rechte auf den Posten zu haben –, soll sie in Mecklenburg-Vorpommern das Tempo vorgeben, wenn es um Kita- Kosten, Vorschulbildung, Altenheime oder den Ärztemangel auf dem platten Land geht. Schwesig steht durchaus zu ihren Idealen: „Ich möchte einen Beitrag leisten, die Welt zu verbessern.“ Der Weg dahin ist für sie ein pragmatischer. Beim Thema Kinder geht es ihr nicht in erster Linie um deren angeblich gesellschaftliche Notwendigkeit als spätere Rentenkassen-Einzahler. Sie fragt, ob der Hartz-IV-Satz für Kinder ausreicht. „Erst einmal müssen wir etwas für die Kinder tun, die schon da sind“, sagt sie. Durch ihre kommunalpolitische Erfahrung weiß sie, wo die Städte und Gemeinden der Schuh drückt. Andererseits ist sie gelernte Finanzbeamtin. Auch Sozialpolitik muss für sie bezahlbar bleiben. Ihr soziales Engagement versperrt ihr offenbar nicht den Blick dafür, dass in diesem Politikfeld mächtige Interessengruppen mit harten Bandagen um viele Millionen Euro an öffentlichen Geldern ringen. „Ich habe keine Angst vor dem Amt“, sie sei sich der negativen Seiten bewusst, sagt die junge Ministerin. Neid und Missgunst, die hämische Presse und die schadenfrohe Opposition? „Mein Fell ist seit Oktober schon ein bisschen dicker geworden.“ In einem Bundestagswahlkampf wird sie es gebrauchen können.

„Politik ist die familienunfreundlichste Branche überhaupt“, sagt ausgerechnet eine, die in ihrer eigenen Familie ihren Ruhepol sieht. Zum Glück lebt sie in der Landeshauptstadt und kann ihren zweijährigen Sohn morgens mit dem Fahrrad zur Kita bringen, bevor sie ins Büro fährt. Und „Hänsel und Gretel“ hat sie ihm auch schon vorgelesen.

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