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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg

© Kenzo TRIBOUILLARD/AFP

Sondergipfel zum russischen Angriffskrieg: Nato stellt der Ukraine mehr Militärhilfe bereit – und verstärkt Ostflanke

Die 30 Nato-Länder haben der Ukraine weitere Militärhilfe zugesichert. Das Bündnis warnt: Sollte Russland Chemiewaffen einsetzen, drohen harte Konsequenzen.

Staats- und Regierungschefs haben bei einem Nato-Sondergipfel beschlossen, der Ukraine noch mehr Militärhilfe bereitzustellen. Auch wollen die Nato-Länder mehr Militärverbände im Osten Europas in Bereitschaft versetzen. „Zu Wasser, am Land und in der Luft“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg auf einer Pressekonferenz am Donnerstag in Brüssel. Hierzu sollen vier zusätzliche sogenannte Battlegroups in der Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Rumänien stationiert und die Kampftruppen des Bündnisses im Osten verdoppelt werden.

Die 30 Bündnisstaaten hätten bei dem Sondergipfel entschieden, weitere Hilfe zu leisten, damit die Ukraine ihr Grundrecht auf Selbstverteidigung ausüben könne, sagte Stoltenberg. „Wir ergreifen Maßnahmen, um die Ukraine zu unterstützen, aber auch zum Selbstschutz.“

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Dies beinhalte zum einen Hilfe bei der Cybersicherheit. Die Militärführung habe auch für das Bündnisgebiet die Abwehr gegen mögliche Angriffe mit chemischen, biologischen oder sogar Atomwaffen aktiviert. Darunter könne das Erkennen, der Schutz, medizinische Hilfsmittel sowie Training zur Dekontaminierung sein.

Schon jetzt rüsteten die Bündnisstaaten die Ukraine mit umfangreichen militärischen Gütern aus, teilte Stoltenberg mit. Darunter seien Panzerabwehr- und Luftabwehrsysteme sowie Drohnen, die sich als äußerst effektiv erwiesen.

Die westlichen Staaten wollten am Donnerstag mit einer Serie von Gipfeltreffen der Nato, G7 und EU ihre harte Haltung gegenüber Russland unterstreichen. Auch US-Präsident Joe Biden flog dafür nach Brüssel.

Nato droht Russland bei Chemiewaffen-Einsatz mit Konsequenzen

Die Nato hat Russland im Fall eines Einsatzes von Massenvernichtungswaffen im Ukraine-Krieg zudem mit harten Konsequenzen gedroht. „Jegliche Verwendung chemischer oder biologischer Waffen durch Russland wäre inakzeptabel und würde schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen“, heißt es in der am Donnerstag in Brüssel veröffentlichten Abschlusserklärung des Nato-Sondergipfels. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Biden geäußert.

Stoltenberg sagte, durch einen Einsatz von Chemiewaffen könnte auch die Bevölkerung in Nato-Staaten in Mitleidenschaft gezogen werden. Er forderte China außerdem auf, Russland militärisch oder ökonomisch nicht zu unterstützen. Russland müsse für seine Invasion in die Ukraine einen Preis zahlen, hatte Stoltenberg schon zu Beginn des Gipfels gesagt.

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Biden: Nato nach russischem Angriffskrieg „stark und geeint“

Der US-Präsident sieht die Nato nach Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine als „stark und geeint“. Man habe das „Privileg“ gehabt, mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu sprechen, und ihm weitere Unterstützung zugesichert, teilte Biden nach dem Nato-Sondergipfel mit. Selenskyj war bei dem Spitzentreffen per Video zugeschaltet.

Der ukrainische Präsident habe über die Bemühungen der Ukraine gesprochen, ihr Land zu verteidigen und somit „auch unsere gemeinsamen demokratischen Werte“, sagte eine US-Regierungsvertreterin, die bei der Videoschalte zugegen war. Selenskyj habe seine Forderung nach weiterer westlicher Sicherheitshilfe wiederholt.„Beachtenswert“ sei aber gewesen, dass er seine Forderung einer Flugverbotszone über der Ukraine nicht wiederholt habe, sagte sie weiter.

US-Präsident Joe Biden (v.l.) und Bundeskanzler Olaf Scholz (v. r.), beim Treffen der G7-Staaten im Nato Hauptquartier
US-Präsident Joe Biden (v.l.) und Bundeskanzler Olaf Scholz (v. r.), beim Treffen der G7-Staaten im Nato Hauptquartier

© Michael Kappeler/dpa-pool/dpa

Biden zufolge will das Bündnis nun bis zum Nato-Gipfel in Madrid im Juni Pläne zur Stärkung des Bündnisses ausarbeiten. Man wolle so sicherstellen, dass die Nato „auf jede Herausforderung in dem neuen und gefährlicheren Sicherheitsumfeld vorbereitet ist“. Bei dem Sondergipfel hätten die Staats- und Regierungschefs sich entschlossen gezeigt, „Russland für seinen brutalen Krieg zur Rechenschaft zu ziehen“.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht das Bündnis als geeint und entschlossen. Die drei Gipfel am Donnerstag zeigten den Ernst der Lage wegen des „schrecklichen Angriffskrieges“ Russlands, twitterte er. „Es zeigt aber auch unsere große Einigkeit und Entschlossenheit.“

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In der Nacht zu Donnerstag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer dramatischen Videobotschaft mehr Hilfe für sein Land im Kampf gegen Russland gefordert: „Kommt aus euren Büros, euren Häusern, euren Schulen und Universitäten, im Namen des Friedens, kommt mit ukrainischen Symbolen, um die Ukraine zu unterstützen, um die Freiheit zu unterstützen, um das Leben zu unterstützen.“

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Stoltenberg unterstrich, dass sich die Nato einig sei, dass man keine Ausweitung des Krieges riskieren dürfe. Deshalb werde auch eine Nato-Friedenstruppe in der Ukraine abgelehnt, weil diese eine direkte Konfrontation mit russischen Soldaten bedeuten würde. Etliche westliche Staaten, darunter Deutschland und Großbritannien, haben der Ukraine aber Tausende neue Panzer- und Flugabwehrraketen geliefert oder wollen dies tun.

Litauens Präsident Gitanas Nauseda warnte, dass Russland auch weiter entfernte Länder bedrohe. „Niemand kann sich sicher fühlen.“

Debatte über neue Sanktionen

Die G7 und die EU wollen am Donnerstag über weitere Sanktionen beraten, auch wenn kein neues großes Paket an Maßnahmen erwartet wird. Die US-Regierung verkündete neue Sanktionen gegen Dutzende russischer Rüstungsfirmen, 328 Duma-Mitglieder und den Chef der russischen Sberbank. Ein europäischer Boykott russischer Energieimporte dürfte auf dem am Nachmittag beginnenden zweitägigen EU-Gipfel erneut diskutiert werden.

Eine Entscheidung steht nach Angaben der Bundesregierung nicht auf der Agenda. Allerdings könnte die Ankündigung Putins, Gas und Öl nur noch gegen Rubel zu verkaufen, Lieferungen unmöglich machen. Am Freitag will die EU auch beraten, wie sie auf die stark gestiegenen Energiepreise reagieren soll. Die Ampel-Koalition in Berlin hat dazu ein nationales Entlastungspaket beschlossen. (AFP, dpa, Reuters)

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