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Horst Seehofer tritt nach der Wahl Markus Söders zum CSU-Vorsitzenden in den HIntergrund.

© Andreas Gebert/Reuters

Söder wird CSU-Chef: "Sorry, Horst!"

Horst Seehofer erhält zum Abschied was für die Eisenbahn. Nachfolger Markus Söder will Fehler nicht wiederholen. Jubel gibt es auch: Für Kramp-Karrenbauer.

Von Robert Birnbaum

Markus Söder ist noch gar nicht richtig angekommen, da geht das mit der Demut gleich los. In der Kälte draußen vor der Münchner Kleinen Olympiahalle steht er, von „großen Fußstapfen“ spricht er, die auf ihn warten, vom Signal der Geschlossenheit und eben von der Demut. Söders Gesichtsausdruck passt in seiner stets leicht grimmigen Entschlossenheit nicht ganz zu dem Wort. Aber der Mann, der gleich die ganze Macht in der CSU übernehmen wird, weiß was gerade erwartet wird. In die Parteitagshalle zieht er ohne Marschmusik ein. „Man kann es auch übertreiben mit der Demut“, spottet ein CSU-Mann. Doch die Sorge erweist sich als unbegründet.

Schon der erste Redner übertreibt es jedenfalls nicht. Für Horst Seehofer ist dieser Samstag ein schwerer Tag. Man hört es seiner Stimme an und dem Scherz, den er einflicht. Ausgerechnet heute steht im heimischem „Donaukurier“ in seinem Horoskop, Sternzeichen Krebs: „Sie verlieren keinesfalls Ihr Gesicht, wenn Sie eine einmal getroffene Entscheidung revidieren.“

Mehr als ein Jahrzehnt, genau 3739 Tage war er CSU-Vorsitzender. „Ich gebe heute das Amt weiter“, sagt Seehofer, „aber es bleibt bei mir ein glühendes Herz für meine Familie CSU.“ Über die Gründe für diesen ja keineswegs freiwilligen Abgang formuliert er ein bisschen hinweg: „Es gab seit der Bundestagswahl einige Misshelligkeiten.“ Von einem eigenen Anteil daran, dass die CSU nach der Landtagswahl schwächer dasteht als er sie 2008 übernommen hat, will er so recht nicht sprechen: „Die Ursache liegt in bestimmten Rahmenbedingungen, die nicht unbedingt in München gesetzt wurden.“

Zum Abschied schenken ihm seine Stellvertreter ein Modell der Parteizentrale – das Franz-Josef-Strauß-Haus für seine Modelleisenbahn. Seehofer betrachtet das sinnfällige Symbol seiner geschrumpften Macht in Plexiglas. Wehmut löse das aus, sagt er. „Was löst Wehmut aus? Hoffnung!“ Kurze Kunstpause. „Was löst Hoffnung aus? Bewerbung!“ Im Kichern im Saal schwingt Erleichterung mit: Nein, Horst, die Stehaufmännchen-Nummer war einmal. Söder verbeugt sich kurz vor dem Vorgänger – „ich hab’ viel von Dir gelernt“ – und schlägt ihn zum Ehrenvorsitzenden vor. Ein paar Delegierte heben offen die Hand dagegen.

Söders Bewerbungsrede wechselt zwischen trotzigem Anspruch – „Wir vertreten Bayern und sonst niemand!“ und der reumütigen Linie, die er seit dem Krawallsommer 2018 verfolgt: „Profil mit Stil“ statt Profilierungsversuchen durch scharfen Streit mit der Schwesterpartei CDU. Die CSU müsse nicht nur zu neuer Kraft finden, sondern zu „neuem Ansehen und neuer Glaubwürdigkeit“. Söder wiederholt die Botschaft in lauter Wortpärchen: „Effizienz statt Effekt“ etwa oder „Handwerk und Haltung“ oder, als „neuen Sound der CSU“: „bodenständig, nicht abgehoben“ sowie „lässig, aber nicht spießig“.

„Ich bin entschlossen, wirklich entschlossen, die Lehren aus dem Jahr 2018 zu ziehen“, versichert Söder. Denen, die davon aus längerer Kenntnis seines Charakters nicht so ganz überzeugt sind, verspricht er Besserung: „Kann der Team?“ fragten sich ja manche, aber ja, er könne das. Und vor allem: Im harten Jahr 2018, da habe er bis zum Schluss gekämpft.

Mit einem "Äh" nimmt er die Wahl an

Der Beifall fällt – Stichwort Demut – keineswegs enthusiastisch aus. Sein Wahlergebnis auch nicht: 87,4 Prozent. Hätten alle Delegierte abgestimmt und sich nicht ein paar Dutzend lieber beim Mittagessen angestellt, wäre es vermutlich noch schwächer ausgefallen. Söder nimmt natürlich trotzdem an: „Äh, ja, klar!“ Überrascht hat ihn die zögerliche Zustimmung nicht. Er hat genug Parteifreunde vor den Kopf gestoßen, seit er Seehofer das Ministerpräsidentenamt entwunden hat. „Es ist ja auch nur für ein halbes Jahr“, tröstet er sich. Auf dem regulären Parteitag zum Jahresende muss er sich gleich wieder zur Wahl stellen.

Und doch findet der Parteitag noch Anlass zum spontanen Jubel. „Liebe Brüder und Schwestern“, begrüßt Annegret Kramp-Karrenbauer die Delegierten, „wir sind, wir waren und wir bleiben eine politische Familie!“ Der neuen CDU-Vorsitzenden geht in der CSU ein guter Ruf voraus, aber so nett hatten sie sie gar nicht erwartet. Die Saarländerin wirbt für ehrliche Geschlossenheit: Diskussionen in der Sache gerne, Anstöße aus der CSU willkommen, aber nicht bloß „coole Formulierungen“ und auch keine falsche Harmonie. Söder gratuliert sie darum gleich mal zum „sehr, sehr ehrlichen Ergebnis“.

Aktives Lernen von der CDU-Chefin

Der bedankt sich bewusst kurz. Er wolle nicht Fehler wiederholen, „die hier schon mal gemacht wurden – sorry, Horst!“ Fast jeder im Saal war damals dabei, als sein Vorgänger die CDU-Vorsitzende Angela Merkel auf offener Parteitagsbühne demütigte. Die Zeiten sollen wirklich vorbei sein. Man lernt bei der CSU ja sogar schon aktiv von der Schwester-Chefin. „Ich kann, ich will und ich werde“ - mit der Formel hatte sich Kramp-Karrenbauer als Generalsekretärin und später als CDU-Vorsitzende beworben. „Wir können das, wir wollen das und wir werden das gemeinsam schaffen“, sagt Söder. „Ich kann und ich will“, sagt Europakandidat Manfred Weber.

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