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Sloweniens Regierungschef Janez Jansa übernimmt am Donnerstag den rotierenden EU-Vorsitz.

© Aris Oikonomou/AFP

Slowenien übernimmt den EU-Vorsitz: Gefahr im Maschinenraum

Sloweniens Regierungschef Jansa akzeptiert die EU immer nur dann, wenn es ihm passt - eine gefährliche Konstellation für das kommende Halbjahr. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Es spricht viel dafür, dass der Streit um die Rechtsstaatlichkeit in den nächsten Monaten in der EU ein großes Thema wird. Das EU-Parlament drängt die Brüsseler Kommission dazu, endlich möglichen Subventionskürzungen für Rechtsstaats-Sünder wie Ungarn und Polen den Weg zu ebnen. Gleichzeitig hat die Kommission ihrerseits erhebliche Zweifel daran, ob das umstrittene Homosexualitäts-Gesetz des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán mit den europäischen Grundwerten vereinbar ist. Das Gesetz könnte vor dem Europäischen Gerichtshof landen.

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Ausgerechnet in dieser Situation übernimmt Sloweniens Regierungschef Janez Jansa den rotierenden Vorsitz in der EU - ein Mann, der den früheren US-Präsidenten Donald Trump verehrt und auf finanzielle Unterstützung aus dem Umfeld Orbáns zählen kann. Es ist keine gewagte Prognose, dass Jansa im kommenden Halbjahr kaum als Streiter für die Gleichstellung von Homosexuellen, für Medienfreiheit und gegen Korruption in Erscheinung treten wird.

Nun haben die rotierenden Präsidentschaften in der EU nur noch einen begrenzten Einfluss, seit der jeweilige Ratschef über die  Sechs-Monats-Fristen hinaus für Kontinuität sorgt. Ob Orbán auch beim nächsten EU-Gipfel unter Druck kommt, wird also in erster Linie nicht von Jansa abhängen, sondern vom Ratspräsidenten Charles Michel.

Jansa steht innenpolitisch unter Druck

Aber im Maschinenraum der EU könnte Jansa durchaus gewaltigen Schaden anrichten. Es ist schon  denkbar, dass der slowenische Regierungschef, dessen Land nun im Kreis der jeweiligen Fachminister den Vorsitz übernimmt, die EU-Geschäfte  schleifen lässt, weil er zu Hause innenpolitisch stark unter Druck steht. Ähnlich wie Orbán akzeptiert auch der Rechtspopulist Jansa die EU immer nur dann, wenn es ihm in den Kram passt. Die Europäische Staatsanwaltschaft, die Korruption aufdecken und die Misswirtschaft mit EU-Geldern ahnden soll, gehört schon einmal zu jenen supranationalen Einrichtungen, die nicht von Jansa unterstützt werden.

Deshalb  hat es sein Gutes, dass schon jetzt der künftige französische EU-Vorsitz, der die Geschäfte Anfang 2022 übernimmt, den Slowenen über die Schulter schaut und notfalls korrigierend eingreift. Eine Reform des EU-Asylsystems lässt weiter auf sich warten, die EU-Staaten müssen demnächst untereinander über ihre Klimaziele für dieses Jahrzehnt verhandeln und sich einig werden, wie sie Google, Facebook und Co. regulieren wollen. Auf allen diesen Baustellen muss die EU vorankommen – mit oder ohne Jansa.

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