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Jahreswechsel in Ingolstadt an Silvester 2020.

© Johannes Hauser/BJV/dpa

Update

Silvester nur noch mit maximal zehn Personen: Das sind die neuen Beschlüsse von Bund und Ländern

Kontaktbeschränkungen, Großveranstaltungen, Impfen - Bund und Länder haben neue Maßnahmen beschlossen. Einen Lockdown gibt es aber nicht.

Zur Eindämmung der sich rasch verbreitenden Corona-Virusvariante Omikron haben Bund und Länder schärfere Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens beschlossen. Dabei soll es Kontaktbeschränkungen auch für Geimpfte und Genesene geben. Großveranstaltungen müssen künftig wieder vor leeren Rängen stattfinden.

Gelten sollen diese und andere Maßnahmen spätestens ab dem 28. Dezember, wie die Bundesregierung und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am Dienstag entschieden haben.

"Es ist nicht mehr die Zeit für Partys und gesellige Stunden in großer Runde", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Schaltkonferenz. Daher sind spätestens ab dem 28. Dezember private Zusammenkünfte für Geimpfte und Genese nur noch mit maximal zehn Personen erlaubt. Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres sind davon ausgenommen.

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Überregionale Großveranstaltungen dürfen dann nur noch ohne Zuschauer stattfinden. Clubs und Diskotheken müssen bundesweit geschlossen werden, Tanzveranstaltungen sind verboten. Dies war bisher schon in vielen Bundesländern der Fall, wurde aber von einigen Ländern anders gehandhabt.

Das wurde in der Bund-Länder-Runde beschlossen:

  • Spätestens ab dem 28. Dezember sollen private Zusammenkünfte auch für Geimpfte nur noch mit maximal 10 Personen erlaubt sein. So sollen vor allem Silvesterpartys eingedämmt werden.
  • Clubs und Diskotheken in Innenräumen werden dann komplett geschlossen. Tanzveranstaltungen sind verboten.
  • Große Sport- und Kulturveranstaltungen finden ohne Zuschauer statt. Das gilt auch für vergleichbare Großveranstaltungen.
  • Bei allen privaten Treffen wird zu einer vorsorglichen Selbsttestung geraten. Das soll vor allem für Treffen mit Älteren gelten.
  • Die Überbrückungshilfe IV soll für die von den Einschränkungen betroffenen Unternehmen bestehen bleiben.

Zur Frage, warum es nicht schon vor Weihnachten schärfere Beschränkungen gibt, sagte Kanzler Olaf Scholz: "Wir haben bewusst so entschieden". Die Erfahrung habe gezeigt, dass Weihnachten als auch Ostern keine Pandemietreiber zeigen.

"Was wir jetzt haben, ist sofortige Kontaktbeschränkung", sagte Scholz. "Im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern um uns herum hat Deutschland weitreichende Kontaktbeschränkungen." Scholz sagte: "Alles mögliche ist sehr beschränkt." Er war gefragt worden, ob die Bundesregierung die jüngste Stellungnahme des Robert Koch-Instituts (RKI), das unter anderem sofortige Schließungen von Restaurants gefordert hatte, für Panikmache halte.

Hendrik Wüst, Olaf Scholz und Franziska Giffey.
Hendrik Wüst, Olaf Scholz und Franziska Giffey.

© Bernd von Jutrczenka/dpa Pool/dpa

Scholz betonte, die Regierung habe sich von der Stellungnahme ihres wissenschaftlichen Expertenrats leiten lassen. Der Expertenrat hatte weniger schnelle und umfassende Maßnahmen gefordert, als dies Deutschlands oberste Seuchenbehörde RKI zwei Tage später tat. Scholz dankte dem Expertenrat. "Das hat auch gute Wirkung gehabt", sagte er. Seit der Ratsexpertise vom Sonntag sei in kürzester Zeit ein Konsens entwickelt worden. Er verstehe die Empfehlung des RKI "in dieser Linie".

Starker Anstieg durch Omikron zu befürchten

Der Bundeskanzler bereitete die Menschen in Deutschland auf einen starken Anstieg der Corona-Infektionen durch die Omikron-Variante vor. Im Augenblick befinde man sich noch in einer seltsamen Zwischenzeit. Die jüngst beschlossenen Maßnahmen gegen die Pandemie zeigten Wirkung, man bekomme die vierte Corona-Welle langsam in den Griff. Aber es drohe bereits die fünfte Welle.

"So schnell wie erhofft, ist es nicht vorbei." Omikron werde die Zahl der Infektionen massiv steigen lassen, sagte Scholz. "Darauf müssen wir uns jetzt einstellen."

Omikron sei aggressiver und drohe den Impfschutz zu unterlaufen. Erst eine Auffrischimpfung gebe einigermaßen Schutz. Scholz dankte dem Corona-Expertenrat der Regierung, der am Sonntag Maßnahmen gegen Omikron vorgeschlagen hatte. Am 7. Januar wollen sich Bund und Länder erneut treffen.

Die Bundesregierung strebt zeitnah eine Impfquote von mindestens 80 Prozent an. "Als nächstes Zwischenziel möchte ich eine Impfquote von mindestens 80 Prozent ansteuern. Und wenn wir das erreicht haben, müssen wir das nächste Ziel in den Blick nehmen", kündigte Scholz an. "Impfen, Impfen, Impfen bleibt unser Ziel."

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Neben der Auffrischungsimpfung sei es nötig, dass sich möglichst viele Menschen im Land auch für eine Erst- und Zweitimpfung entschieden, erklärte Scholz. 73,5 Prozent der Deutschen hätten inzwischen mindestens eine Impfung, betonte Scholz. Diese Quote müsse im nächsten Schritt auf mindestens 80 Prozent steigen.

Das Risiko für nicht geimpfte Erwachsene, sich zu infizieren und schwer an Corona zu erkranken, steige mit der neuen Virusvariante noch einmal weiter, erklärte Scholz. «Deshalb mein Appell: Lassen Sie sich impfen zu Ihrem eigenen Schutz, zum Schutz Ihrer Lieben und zum Schutz von uns allen!»

Lauterbach und Scholz verärgert über RKI

Kurz vor Beginn der Videoschalte veröffentlichte das Robert Koch-Institut (RKI) ein Strategiepapier mit drastischen Empfehlungen: Es brauche „maximale Kontaktbeschränkungen“, die „sofort beginnen“ sollten und bis zunächst Mitte Januar gelten, wie das RKI auf Twitter schrieb. Reisen sollten auf das unbedingt Notwendige reduziert, Restaurants sofort geschlossen und die Weihnachtsferien für Kitas und Schulen verlängert werden, heißt es außerdem.

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Das RKI spricht mit Blick auf die Omikron-Variante von einer „aktuell in Deutschland beginnenden pandemischen Welle“. „Die Konzepte 2G/3G sollten unter Berücksichtigung der Omikron-Variante geschärft werden, da von einer erheblichen Transmission dieser Variante auch durch Genesene und vollständig Geimpfte ohne Auffrischimpfung ausgegangen werden muss“, schreibt das RKI.

Wie der "Spiegel" und die "Bild" berichten, sollen sich Kanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach in der Bund-Länder-Schalte verärgert über den Vorstoß des RKI gezeigt haben. Die Veröffentlichung sei nicht abgestimmt gewesen, habe Lauterbach gesagt. Doch bei ihm gebe es "keine wissenschaftliche Zensur" gebe. Grundlage für das Treffen sollen demnach die Einschätzungen des Expertenrats sein, und nicht des RKI. Dieser hatte schon am Sonntag Maßnahmen vorgelegt. Laut "Bild" soll Lauterbach gesagt haben: "Wir brauchen am heutigen Tag nicht noch eine Expertenmeinung."

Auch Söder irritiert

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zeigt sich „höchst irritiert“ über die Kommunikation von Bundesregierung und Robert Koch-Institut. Es sei „extrem unglücklich“, wenn es quasi im Stundenrhythmus neue Botschaften gebe, sagte Söder am Dienstag nach einer Kabinettssitzung.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte einen Lockdown zu Weihnachten am Wochenende noch ausgeschlossen. „Nein, einen Lockdown wie in den Niederlanden vor Weihnachten, den werden wir hier nicht haben“, sagte er am Sonntag dem „Bericht aus Berlin“ der ARD.

All dies mache einen etwas unkoordinierten Eindruck, sagte Söder und kritisierte: „Wenn sich das Ministerium und die wichtigste Behörde widersprechen, hinterlässt das mehr Fragezeichen als Ausrufezeichen.“

„Wir wundern uns etwas, was der Bund macht“, fügte Söder hinzu, auch mit Blick auf die Beschlussvorlage für die Bund-Länder-Runde - dieser Vorschlag komme nämlich vom Bund selbst, betonte er. Und in diesem Papier sind beispielsweise keine neuen Kontaktbeschränkungen direkt schon zu Weihnachten vorgeschlagen, sondern eigenverantwortliche Kontaktbegrenzungen bei Familienfeiern, echte Beschränkungen dann aber „spätestens ab dem 28. Dezember“.

„Es schafft Unsicherheit, wenn einerseits gesagt wird: Weihnachten ist alles ok, aber Silvester geht quasi die Welt unter“, sagte Söder bereits im ARD-„Morgenmagazin“. „Wir müssen heute einfach Klarheit schaffen, Planungssicherheit geben und den Menschen auch Vertrauen geben.“ Zudem müsse darüber gesprochen werden, wie es mit den Schulen nach den Weihnachtsferien weitergehe.

Der Corona-Expertenrat hatte am Sonntag mitgeteilt, dass er wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante „Handlungsbedarf“ bereits für die kommenden Tage sehe. „Wirksame bundesweit abgestimmte Gegenmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens sind vorzubereiten, insbesondere gut geplante und gut kommunizierte Kontaktbeschränkungen“, heißt es in einer ersten Stellungnahme.

Das empfahl der Rat konkret:

  • Insbesondere für Ältere und andere Personen mit bekanntem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf sei „höchste Dringlichkeit“ geboten. Modelle zeigten, dass Boosterimpfungen alleine keine ausreichende Eindämmung der Omikronwelle bewirkten, sondern „zusätzlich Kontaktbeschränkungen“ notwendig seien.
  • „Neben den notwendigen politischen Entscheidungen muss die Bevölkerung intensiv zur aktiven Infektionskontrolle aufgefordert werden“, so die Experten. „Dazu gehören die Vermeidung größerer Zusammenkünfte, das konsequente, bevorzugte Tragen von FFP2 Masken, insbesondere in Innenbereichen, sowie der verstärkte Einsatz von Schnelltests bei Zusammenkünften vor und während der Festtage.“
  • „Parallel sollte die Impfkampagne erheblich intensiviert werden. Die Boosterimpfungen, wie auch die Erst- und Zweitimpfungen, müssen auch über die kommenden Feiertage mit allen verfügbaren Mitteln fortgesetzt und weiter beschleunigt werden.“

Nationale und internationale Modellierungen der Infektionsdynamik und möglicher Spitzen-Inzidenzen zeigten eine „neue Qualität der Pandemie“ auf, heißt es. „Die in Deutschland angenommene Verdopplungszeit der Omikron-Inzidenz liegt aktuell im Bereich von etwa 2-4 Tagen.“ Durch die derzeitig gültigen Maßnahmen sei diese Verdoppelungszeit im Vergleich zu England zwar etwas langsamer, aber deutlich schneller als bei allen bisherigen Varianten.

„Sollte sich die Ausbreitung der Omikron-Variante in Deutschland so fortsetzen, wäre ein relevanter Teil der Bevölkerung zeitgleich erkrankt und/oder in Quarantäne“, heißt es. „Dadurch wäre das Gesundheitssystem und die gesamte kritische Infrastruktur unseres Landes extrem belastet.“

Dem Corona-Expertenrat zur Beratung der Bundesregierung gehören etwa der Virologe Christian Drosten, die Virologin Melanie Brinkmann und die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, an - sowie unter anderen Thomas Mertens, der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, sowie Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts. (mit dpa)

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