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Anhänger von Donald Trump stürmten am 6. Januar 2021 den US-Kongress.

© Shannon Stapleton/REUTERS

Showtime in Washington: Ausschuss zum Kapitol-Sturm startet öffentliche Anhörungen

In Washington beginnen die öffentlichen Anhörungen im Untersuchungsausschuss zu den Ausschreitungen am 6. Januar 2021. Gleich zum Auftakt soll es knallen.

In Washington beginnt an diesem Donnerstag ein Experiment. Der Untersuchungsausschuss im US-Repräsentantenhaus zum Sturm auf das Kapitol startet seine öffentlichen Anhörungen – live übertragen zur besten Sendezeit um 20 Uhr (Ortszeit).

Die große Frage dabei ist: Werden die Amerikaner zuhören? Gelingt es den US-Demokraten, die Öffentlichkeit anderthalb Jahre nach dem Aufstand am 6. Januar 2021 dafür zu sensibilisieren, wie knapp Amerika an einer Katastrophe vorbeigeschlittert ist?

Langweilig wird es bei den insgesamt sechs geplanten Anhörungen wohl nicht werden. Als Berater haben die neun Ausschussmitglieder (sieben Demokraten, zwei Republikaner) und ihre Ermittler den ehemaligen Präsidenten des TV-Senders ABC News, James Goldston, angeheuert.

[Lesen Sie auch: Tote, Verletzte, Erschütterte: Die USA und das Trauma der Kapitol-Erstürmung (T+)]

In einer Kombination aus Live-Testimonials, aufgezeichneten Interviews und anderem, zum Teil drastischen Video-Material soll der Versuch der Anhänger von Donald Trump, die Präsidentschaftswahl 2020 zu kippen, nachgezeichnet werden.

Das wird ähnlich wie bei der bisher einzigen öffentlichen Anhörung im Juli 2021 und dem Impeachment-Verfahren gegen Trump laufen – gezeigt werden die „Best-of“ der bisherigen Erkenntnisse. Der Ausschuss hat mehr als 1000 Interviews geführt und über 140.000 Dokumente gesichtet, ein Abschlussbericht soll im September vorliegen.

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Gleich zu Beginn soll es ordentlich knallen. Medienberichten zufolge werden an diesem Donnerstag unter anderem Ausschnitte des Interviews von Trumps Tochter Ivanka Trump gezeigt. Darin wird diese, so die Erwartung, beschreiben, wie sie zwei Stunden lang vergeblich versuchte, ihren Vater davon zu überzeugen, seine Anhänger zum Aufgeben zu bewegen.

Trump hatte sich zu diesem Zeitpunkt im Weißen Haus aufgehalten und dem Mob zugesehen. Der hatte im Kapitol randaliert, um zu verhindern, dass Joe Bidens Wahlsieg vom November 2020 offiziell bestätigt wird. Dabei starben fünf Menschen, darunter ein Polizist. Bei einer vorangegangenen Rallye hatte Trump seine Anhänger mit der falschen Behauptung aufgeputscht, dass die Wahl gestohlen worden sei.

Die Republikaner würden den Ausschuss nach einem Wahlsieg auflösen

Viel Zeit bleibt dem Ausschuss nicht mehr, um die Öffentlichkeit von Trumps Schuld und der Bedeutung des Tages zu überzeugen. Sollten die Demokraten bei den Kongresswahlen im November ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren, würde der Ausschuss wohl eingestellt werden.

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Die überwiegende Mehrheit der Republikaner boykottiert die Arbeit der Ermittler mit der Behauptung, diese sei parteipolitisch motiviert. Auch unterstützt sie Trump dabei, ihren Anhänger glauben zu machen, dass es bei Bidens Sieg nicht mit rechten Dingen zuging. Dass Trump für die Ausschreitungen Verantwortung trägt, glauben Umfragen zufolge immer weniger: Nur noch 45 Prozent der Amerikaner bejahen dies – im Januar 2021 waren noch 52 Prozent dieser Meinung.

Gelingt den Demokraten der Stimmungsumschwung?

Darin liegt die größte Aufgabe des Ausschusses: Er muss die Aufmerksamkeit der Amerikaner gewinnen, ihnen verdeutlichen, wie dramatisch der 6. Januar 2021 war – und damit einen Stimmungsumschwung einleiten.

Kann das gelingen? Die Demokraten setzen darauf. Das demokratische Ausschussmitglied Jamie Raskin kündigte an: „Die Anhörungen werden eine Geschichte erzählen, die wirklich das Dach vom (Repräsentanten-)Haus fegen wird.“

Liz Cheney, neben Adam Kinzinger die einzige Republikanerin in dem Gremium, sagte: „Die Menschen müssen sich das anschauen, und sie müssen verstehen, wie leicht unser demokratisches System in sich zusammenfallen kann, wenn wir es nicht verteidigen.“

Cheney ist eine der wenigen Konservativen, die Trump öffentlich kritisieren – was sie mit dem Verlust ihres Mandats bezahlen könnte. Trump unterstützt aus Rache eine Gegenkandidatin von ihr bei den parteiinternen Vorwahlen in Wyoming am 16. August.

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