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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sein Schützling Benjamin Griveaux.

© AFP

Sexvideo aufgetaucht: Macrons Kandidat für Pariser Kommunalwahl zieht sich zurück

Macron hatte ein Zerwürfnis mit seiner Partei riskiert, um seinen Mann durchzusetzen. Der tritt wegen eines Sexvideos ab. Ein Rückschlag auch für Macrons Wiederwahl.

Schwerer Rückschlag für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron: Wegen einer Affäre um ein Sexvideo hat sein Wunschkandidat für die Pariser Bürgermeisterwahl, Benjamin Griveaux, seinen Rückzug aus dem Rennen erklärt. Zum Schutz seiner Familie habe er entschieden, nicht weiter für das Bürgermeisteramt zu kandidieren, sagte Griveaux der Nachrichtenagentur AFP am Freitag.

Macron, der eine zweite Amtszeit nach der Präsidentschaftswahl 2022 anstrebt, hatte sich gegen heftigen Widerstand aus seiner Partei für Griveaux eingesetzt.

Griveaux beklagte "schändliche Attacken" auf seine Familie. "Seit mehr als einem Jahr" müssten er und seine Angehörigen "Verleumdungen, Lügen, Gerüchte, anonyme Attacken, die Verbreitung privater Gespräche und Morddrohungen" über sich ergehen lassen. Mit der Verbreitung des Videos sei ein neues Ausmaß erreicht worden. "Das geht zu weit", sagte Griveaux. Seine Familie habe so etwas nicht verdient.

Eine Website hatte am Mittwoch ein intimes Video verbreitet, das Botschaften an eine Frau enthielt. Auf der Website hieß es, das Sexvideo stamme von Griveaux. Bis Donnerstag verbreitete sich die Aufnahme in zahlreichen Online-Diensten. Die Kommunalwahlen finden im kommenden Monat statt.

Einem Bericht der Zeitung "Libération" zufolge nahm der russische Künstler Pjotr Pawlenski für sich in Anspruch, das Sexvideo zuerst veröffentlicht zu haben. Er habe Griveauxs "Scheinheiligkeit" zur Schau stellen wollen, "der ständig die familiären Werte betont", aber "genau das Gegenteil" mache, sagte Pawlenski der Zeitung. Die Aufnahme habe er von einer Person erhalten, die eine "einvernehmliche Beziehung" mit Griveaux gehabt habe.

Der russische Aktionskünstler Pjotr Pawlenski sagte: Die Person, die sich als perfekter Ehemann inszeniere, „ist dieselbe Person, die gerne masturbiert und diese Handlung einer jungen Frau schickt. Es ist Verachtung für alle seine Wähler.“ Das Material habe er aus vertraulichen Quellen.

Eine Femen-Aktion am Freitag in Madrid gegen Gewalt gegen Frauen. Hinter der Femen-Bewegung stehen Piotr Pawlenski und seine Partnerin Oksana Schaligina.
Eine Femen-Aktion am Freitag in Madrid gegen Gewalt gegen Frauen. Hinter der Femen-Bewegung stehen Piotr Pawlenski und seine Partnerin Oksana Schaligina.

© AFP

Griveaux war einer der ersten Unterstützer der von Macron gegründeten Bewegung La République en Marche (Die Republik in Bewegung, LREM). Vor seiner Bewerbung für das Bürgermeisteramt war er Regierungssprecher. In den jüngsten Umfragen für die Kommunalwahl rangierte der 42-Jährige auf dem dritten Platz hinter der sozialistischen Amtsinhaberin Anne Hidalgo und Rachida Dati von der konservativen Partei Les Républicains (Die Republikaner).

Umstrittener sogenannter Künstler veröffentlichte das Sexvideo

Premierminister Edouard Philippe sicherte Griveaux seine Unterstützung zu. Er respektiere dessen "schwierige Entscheidung". Innenminister Christophe Castaner erklärte, die Veröffentlichung des Videos könne mit einer "beträchtlichen Geldstrafe" oder bis zu "zwei Jahren Gefängnis" bestraft werden. Der Vorfall werde "natürlich verfolgt".

Für Macron ist die Griveaux-Affäre heikel. Um seinen früheren Regierungssprecher als Kandidat in Paris durchzusetzen, hatte er ein Zerwürfnis innerhalb seiner Partei in Kauf genommen. Eine Niederlage der LREM in Paris wäre auch ein Rückschlag für seinen Präsidentschaftswahlkampf 2022.

Pawlenski ist wegen seiner nach eigenen Angaben "politischen" Aktionskunst umstritten. Im Oktober 2017 hatte er die Fassade einer Filiale der Banque de France angezündet, um gegen ihre "historisch beschämende" Präsenz an der Place de la Bastille zu protestieren. Er wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, davon ein Jahr auf Bewährung.

Die beiden stehen auch hinter den Nackt-Auftritten von Femen

Pawlenski und seine Partnerin Oksana Schaligina erhielten nach ihrer Flucht aus Russland im Mai 2017 in Frankreich politisches Asyl. Nach eigenen Angaben drohten Pawlenski damals in seiner Heimat im Zuge von Ermittlungen wegen "sexueller Gewalt" gegen eine Moskauer Theaterschauspielerin "zehn Jahre Lager". Der Künstler weist die Vorwürfe zurück.

Schon in seinem Heimatland Russland sorgte Pawlenski mit provozierenden Aktionen für Schlagzeilen. Unter anderem nagelte er seinen Hodensack auf das Pflaster des Roten Platzes in Moskau, schnitt sich ein Stück vom Ohr ab oder nähte sich aus Solidarität mit den Frauen der Protestgruppe Pussy Riot die Lippen zusammen.

Pawlenski und seine Partnerin Oksana Schaligina stehen auch hinter der sogenannten Femen-Bewegung, bei der Frauen nackt gegen das Patriarchat demonstrieren.

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