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Auch da war die katholische Welt schon lange nicht mehr in Ordnung. Eröffnungsgottesdienst zur Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2020 im Mainzer Dom mit Rainer Maria Kardinal Woelki (links) und Reinhard Kardinal Marx.

© imago images/ULMER Pressebildagentur

Sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche: Rücktritte wären eine Geste

Kardinal Marx nimmt das Bundesverdienstkreuz nicht an. Das reicht in der jetzigen Situation aber nicht aus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Es ist in Sachen Missbrauch und Aufklärung in der katholischen Kirche so vieles schlecht, dass es dringend guter Taten bedarf. Und besser wäre aus diesem Grund, die Verantwortlichen würden sich alle mindestens so einsichtig zeigen wie jetzt Kardinal Reinhard Marx, der das Große Bundesverdienstkreuz für Verdienste um die Bischofskonferenz lieber nicht annehmen will. Richtig so. Nicht nur, dass Marx dem Bundespräsidenten damit eine Peinlichkeit erspart – der Kardinal zeigt damit, dass er die Kritik von Betroffenen des Missbrauchs ernst nimmt. Die Kritik richtet sich gegen sein Verhalten vormals in Trier, wo Marx Bischof war, und in München. Da ist noch nichts ausgestanden. Vielmehr fällt ein Schatten auf Marx’ Amtszeit dort – und damit auf dieBischofskonferenz.

Noch düsterer sieht seit geraumer Zeites im Erzbistum Köln aus, und es wird immer noch schlimmer statt besser. Die Skandale um sexuellen Missbrauch häufen sich. Die jüngst veröffentlichten Gutachten – lange genug hatte es gedauert – haben keine Entlastung gebracht, im Gegenteil. Inzwischen wurde bekannt, dass Kardinal Woelki einen Pfarrer befördert hat, der vorher Sex mit einem Minderjährigen eingeräumt hatte. Und nachher noch einmal auffällig wurde. Dabei wies die Polizei das Bistum ausdrücklich auf die Gefährdungslage hin. Dessen ungeachtet wurde der Geistliche Vize-Stadtdechant. Auch der Stadtdechant gestand, sich an einem Minderjährigen vergangen zu haben. Das klingt – schon wieder – ungeheuerlich.

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Was darum jetzt der Ehre wert wäre: Aufklärung ohne Rücksicht auf Rang und Namen. Unabhängig auf der einen Seite, aber mit größter Bereitschaft und vollem Einsatz (auch finanzieller Mittel, wo es nottut), vorangetrieben von Bischöfen, denen es nicht um ihre Ehrenrettung geht, sondern um die Ehre der Missbrauchsopfer. Und das verbunden mit dem Versprechen der Bischöfe und Kardinäle, für jedes Fehlverhalten die persönliche Konsequenz zu ziehen. Einsicht zeigen durch Taten: Deshalb wären Rücktrittsangebote an den Vatikan gut, jetzt, von allen, voran von Kardinal Woelki. Selbst dann ist es nicht sicher, dass die katholische Kirche in den Augen der Gläubigen besser dasteht. Die Zeit läuft – gegen sie.

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