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Björn Höcke wurden von seiner Partei zur Ordnung gerufen und muss jetzt vor dem Bundesvorstand erscheinen.

© Axel Schmidt/Reuters

Update

"Setzen, 6, Herr Höcke!": Rüge für Chef der AfD in Thüringen

Björn Höcke wird wegen einer Rede zur Rassentheorie vom AfD-Vorstand getadelt. Einen Parteiausschluss will die Führung aber offenbar vermeiden.

Von Matthias Meisner

Nach einer umstrittenen Rede zur Asylpolitik ist Thüringens AfD-Chef Björn Höcke vom Bundesvorstand seiner Partei gerügt worden - wegen "politischer Torheit". Zudem wird Höcke zur nächsten Sitzung des Bundesvorstands vorgeladen, wie dessen Mitglieder am Sonntagabend nach Angaben aus Parteikreisen in einer Telefonkonferenz beschlossen.

Ob ihm wegen seiner Äußerungen, die Politiker anderer Parteien als rassistisch kritisiert hatten, der Ausschluss aus der AfD droht, ist noch offen. Höcke hatte Ende November in einem Vortrag zur Asylpolitik erklärt, der "lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp" treffe in Europa auf den "selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp". Er war damals Teilnehmer eines Kongresses des Instituts für Staatspolitik auf dem Rittergut Schnellroda in Sachsen-Anhalt, bei dem sich die intellektuelle "Neue Rechte" versammelte. Thema waren die Flüchtlinge unter dem Titel "Ansturm auf Europa".

Am Wochenende hatte der Landesverband Bayern der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative den Parteiausschluss von Höcke gefordert. Dessen Facebook-Eintrag wurde allerdings am Wochenende ebenso gelöscht wie eine scharfe Kritik des nordrhein-westfälischen AfD-Vorsitzenden Marcus Pretzell. Dieser hatte auf Facebook - Screenshots liegen dem Tagesspiegel vor - die Äußerungen Höckes als "groben Unfug" bezeichnet. Mit seinen sachlich falschen Einschätzungen drehe der thüringische AfD-Vorsitzende "Jahrhunderte der Kolonialisierung in ihr Gegenteil".

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Der Europaabgeordnete Pretzell schrieb auf Facebook weiter: "Wir brauchen keine Phantasien über rassisch bedingte aggressive afrikanische Überlebensstrategien und defensive europäische." Und: "Ich habe viele ,ungeschickte Äußerungen Höckes, die eines Geschichtslehrers unwürdig sind, ertragen und erduldet. Das hier hat eine andere Qualität. Es ist sachlich falsch, fundamental falsch und rassenideologisch geprägt." Der inzwischen wieder gelöschte Eintrag schloss mit den Worten: "Setzen, 6, Herr Höcke!"

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Höcke selbst schrieb auf seiner Facebook-Seite, er bedaure, wenn seine Aussagen "zu Fehldeutungen geführt" hätten. "Ich vertrete das christliche Menschenbild und die Würde jedes Menschen ist für mich unantastbar. Es ging mir darum, deutlich zu machen, dass sich Europa meiner Meinung nach vor einer Einwanderung, die es selbst überfordern würde, durch geschlossene Grenzen schützen muss."

Jörg Meuthen, neben Frauke Petry zweiter Parteivorsitzender, sagte zur Debatte am Sonntag im Bundesvorstand: "Seine Ausführungen sind sachlich unsinnig, entbehren wissenschaftlicher Substanz und laden zu Fehldeutungen als rassistische Aussagen geradezu ein." Sie seien eine „politische Torheit“. Dass Höcke der französischen Front National zu ihrem Erfolg bei den Regionalwahlen gratuliert habe, sei ebenfalls "falsch und unangemessen". Der Thüringer Landeschef schade damit dem Erscheinungsbild der Alternative für Deutschland und gefährde die Einheit der Partei. Höcke hat Rückhalt im rechtsnationalen Flügel der AfD und galt zuletzt als gefährlichster Rivale Petrys. Im Frühjahr hatte der damals noch von Bernd Lucke geführte Bundesvorstand vom thüringischem Landesverband verlangt, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Höcke anzustreben, weil dieser sich nicht hinreichend von der NPD abgegrenzt hatte. Dazu kam es dann allerdings nicht.

"Als Rechtsextremist entlarvt"

Der thüringische Landtagspräsident Christian Carius (CDU) zeigte sich fassungslos. Höcke habe sich in "gefährliche Nähe zur Argumentation von Nationalsozialisten" begeben und sich damit als Rechtsextremist entlarvt, sagte Carius der "Thüringer Allgemeinen". Jeder Kleintierzüchterverein spreche verantwortungsvoller über das Paarungsverhalten von Kaninchen als der AfD-Landeschef über Menschen auf dem afrikanischen Kontinent.

Trotz - oder wegen - der radikalen Töne gewinnt die AfD in Thüringen offenbar an Mitgliedern. Im Vergleich zum Jahresbeginn stieg die Mitgliederzahl um 28 Prozent, meldete MDR Info am Montag. Auch die AfD Sachsen hat demnach um mehr als 21 Prozent zugelegt. Höcke führt das auch auf die regelmäßigen Demonstrationen in Erfurt zurück, man sei als APO, außerparlamentarische Opposition, auf die Straße gegangen. Diese Demonstrationen seien "ein Riesenerfolg" gewesen. Nach zweieinhalb Jahren sei der Parteiaufbau der AfD abgeschlossen "und wir können uns endlich vollständig der inhaltlichen Arbeit widmen".

Dresdner Politikprofessor legt Merkel Koalition mit AfD nahe

Der Dresdner Politikprofessor Werner Patzelt, bereits seit einiger Zeit wegen systematischer Pegida-Verharmlosung in der Kritik, legte Kanzlerin Angela Merkel eine Koalition der CDU mit der AfD nahe - und bekam für seine Analyse kurz vor dem CDU-Bundesparteitag auch Lob aus der sächsischen CDU. Der sächsische CDU-Landtagsabgeordnete Sebastian Fischer, in seiner Fraktion am rechten Rand, kommentierte Patzelts Äußerungen auf Twitter: "Danke an ,Junge Freiheit' für guten Gastbeitrag von Prof. Patzelt, TU Dresden. Jetzt aufwachen bei Asyl."

In einem Aufsatz für die ultrarechte Wochenzeitung "Junge Freiheit" hatte Patzelt geschrieben, viele nicht-linke, nicht-mittige, rechte Deutsche fühlten sich von der CDU nicht mehr richtig vertreten. "Wer wirklich rechts ist, wird in und von der CDU sogar zurechtgewiesen und ausgegrenzt." Die Kanzlerin regiere "in Einwanderungsfragen mit einer Art Allparteienkoalition gegen einen Großteil der Bevölkerung", müsse sich fragen lassen, ob sie wirklich den Nutzen des deutschen Volkes mehre.

Patzelt riet Merkel in seinem Aufsatz für die "Junge Freiheit" zu einer "tiefgreifenden Korrektur unserer Einwanderungs- und Integrationspolitik", eine Verlängerung ihrer Amtszeit wäre ihr in diesem Falle "ziemlich sicher" - "wenn wohl auch in einer ungeliebten Koalition mit der AfD". Der Politikprofessor, der an der Technischen Universität Dresden lehrt, fügte hinzu: "Das wäre freilich die faire Strafe für Fahrlässigkeit am rechten Rand." Er schrieb: "Noch wissen wir nicht, ob sie zu einem solchen Manöver die Chuzpe, für dessen Durchführung den Mut aufbrächte. Wir wissen nicht einmal, ob ihr stark aufgezehrter innerparteilicher Vertrauensvorschuss für solche Schachzüge noch ausreichte." (mit dpa)

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