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Auf dem Höhepunkt der Krise: Flüchtlinge gehen im Oktober 2015 hinter einem Fahrzeug der Bundespolizei.

© dpa/ Armin Weigel

Seehofer und Merkel streiten um Migration: Auf die europäischen Grenzen kommt es an

Ja, Migration muss gesteuert werden - aber dazu müssen EU-Staaten zusammenarbeiten. Lassen sie sich in der Flüchtlingsfrage auseinanderdividieren, ist keinem geholfen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Maria Fiedler

Im politischen Diskurs hat sich ein Wort festgesetzt, das dort eigentlich nichts zu suchen hat: die „Grenzöffnung“. Gemeint ist die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2015, Asylbewerber an der Grenze nicht abzuweisen. Das Wort „Grenzöffnung“ ist deshalb falsch, weil die Grenze bereits offen war. Und das wissen auch diejenigen, die von der „Grenzöffnung“ sprechen. Sie benutzen das Wort dennoch gern. Es ist schön einfach und suggeriert, dass man die Grenze ohne größeren Aufwand wieder schließen kann.

Auch die CSU will ihren Wählern dieser Tage weismachen, dass man Deutschland dicht machen kann – zumindest für diejenigen Asylbewerber, die schon in einem anderen EU-Land registriert sind oder keine Papiere haben. Bundesinnenminister Horst Seehofer hätte das gern in seinen „Masterplan“ für Migration geschrieben, doch Kanzlerin Angela Merkel hat ihn vorerst gestoppt. Seehofer will offenbar dennoch daran festhalten. Grenzen schließen oder nicht – diese Frage spaltet die Regierung.

Seehofer betrieb verbale Zündelei

Dennoch ist es ein Trugschluss zu glauben, die Welt sei so schwarz und weiß, wie es sich hier darstellt. Die CSU betreibt im Grunde Populismus. Das begann schon, als Seehofer in der Flüchtlingskrise Merkel eine „Herrschaft des Unrechts“ unterstellte. Abgesehen davon, dass der Europäische Gerichtshof später feststellte, dass es rechtmäßig war, als Deutschland sich bezüglich der aufgenommenen Flüchtlinge für zuständig erklärte – Seehofers Aussage klang so, als würde in Deutschland eine Diktatur herrschen. Das ist verbale Zündelei.

Uneins, was die Grenze betrifft: Innenminister Seehofer und Kanzlerin Merkel.
Uneins, was die Grenze betrifft: Innenminister Seehofer und Kanzlerin Merkel.

© dpa

Nun, so will die CSU ihre Anhänger glauben machen, könne mit einer Grenzschließung Recht und Ordnung wiederhergestellt werden. Das ist in der Einfachheit der Argumentation nicht weit von der AfD entfernt.

Man muss diesen Gedanken einmal zu Ende denken. Die Bundespolizei wäre wohl schon personell nicht in der Lage, alle Personen, die nach Deutschland kommen, zu kontrollieren. Dazu kommt, dass Flüchtlinge auch einfach über die grüne Grenze kommen können – niemand würde sie daran hindern.

Es braucht eine Steuerung der Migration

Und was passiert mit denen, die an der Grenze zurückgewiesen werden? Was wird Österreich tun, wenn an der gemeinsamen Grenze die Flüchtlinge auflaufen?

Klar ist: Es braucht eine Steuerung der Migration. Deutschland kann nur eine begrenzte Zahl an Flüchtlingen aufnehmen, manche Gemeinden sind in der Vergangenheit an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gestoßen. Deutschland sollte nur denjenigen Asyl gewähren, die tatsächlich verfolgt sind.

Aber eine Steuerung der Migration kann nur in Zusammenarbeit mit anderen Staaten gelingen. Wenn die EU etwa in der Auseinandersetzung mit US-Präsident Donald Trump nur geschlossen eine Chance hat, darf sie sich nicht in der Flüchtlingspolitik auseinanderdividieren lassen.

Deswegen ist die jetzt lauter werdende Forderung nach einer europäischen Grenzschutzpolizei richtig. Europa muss seine Außengrenzen richtig kontrollieren. Das war auch die Idee von Schengen. Aber Länder wie Italien und Griechenland sind dabei zu wenig unterstützt worden. Das ist zwar nicht unrecht, aber ungerecht. Auch die CSU könnte das erkennen.

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