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Mike Pompeo, Außenminister der USA, begrüßt Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD).

© Andrew Harnik/AP/dpa

Schwierige Beziehungen: Europa und Deutschland brauchen eine neue Amerika-Politik

Vor dem Deutschland-Besuch von Pompeo ist klar: Die transatlantische Partnerschaft kriselt. Mit Pragmatismus wird sie bald wieder rund laufen. Ein Gastbeitrag.

Peter Beyer ist Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung.

Das Verhältnis zwischen Washington und Berlin wird seit Beginn der Präsidentschaft von Donald Trump immer wieder auf die Probe gestellt - und das nicht nur bei Themenkomplexen wie Iran, Nato, Handel, NordStream 2 oder 5G/Huawei. Die transatlantischen Beziehungen haben Sand im Getriebe, und das erhöht die Friktionen zwischen den langjährigen Partnern. Das muss nicht unweigerlich zum Motorschaden führen, auch wenn der Stil der Kommunikation von Teilen der US-Administration ohne Frage zu kritisieren ist. Es handelt sich um einen Weckruf, dem nach der Bestandsaufnahme Entscheidungen, Selbstbewusstsein und Inhalte folgen müssen.

Europa und Deutschland brauchen eine neue Amerika-Politik - das heißt: Europa muss sich emanzipieren und als selbstbewusster Partner neben die USA stellen. Deutschland muss den USA, den anderen Verbündeten und nicht zuletzt sich selbst beweisen, dass es ein verlässlicher Verbündeter sowohl im Rahmen der Nato, als auch in Handelsfragen ist. Hätten die Deutschen sich nicht gegen das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP aufgelehnt, so müssten wir nun nicht über protektionistische Handelspolitik eines US-Präsidenten streiten.

Trump hat den Anti-Amerikanismus salonfähig gemacht

Auch wenn sich Deutschland bereit zeigt, mehr Verantwortung beim Thema Sicherheit zu übernehmen, so haben wir dennoch versäumt, die Selbstverpflichtung des Zwei-Prozentziels aus dem Jahre 2014 rechtzeitig anzugehen. Die außen- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit den USA ist für uns Europäer fraglos ein zentraler Pfeiler. Aber auch in Handelsfragen, bei der Digital-, Energie- und Klimapolitik kann man zahlreiche gemeinsame politische Arbeits- und Interessenfelder ausmachen. Denn wir brauchen gerade in diesen schwierigen Zeiten mehr statt weniger Miteinander.

Der Blick ins Land zeigt, es gibt eine ganze Reihe von US-Bundesstaaten und großer Städte, die beispielsweise in Sachen Klimapolitik den Kurs des Präsidenten nicht teilen und gemeinsame Wege von nationaler Bedeutung beschreiten. Das Fundament der transatlantischen Partnerschaft ist stark - auch wenn es paradoxerweise der US-Präsident höchst selbst ist, der den Anti-Amerikanismus bei uns und andernorts wieder salonfähig gemacht hat. Auf die Obama-Euphorie folgte der drastische Image-Einbruch. Die Deutschen mögen Trump nicht. Das liegt an seinem Stil, an seiner Kritik an Deutschland, an seinem Vertreter in Deutschland, der selbst immer wieder durch provokante Statements auffällt.

Die Ziele sind nicht strittig, nur die Wege dorthin

Und doch gilt es, die eine oder andere Position zu überdenken, damit es eben nicht zum Getriebeschaden kommt. Mit dem Deutschlandjahr in den USA und der gemeinsamen Erklärung zum deutsch-amerikanischen strategischen Dialog hat die Bundesregierung ihr Bekenntnis zu den transatlantischen Beziehungen erneuert, denn die USA sind unser wichtigster Werte- und Sicherheitspartner außerhalb von Europa, insbesondere in einer Zeit, in der die globale Ordnung neu definiert wird. Während China immer selbstbewusster auftritt und Russland sein Verhältnis zu Europa neu definiert, stehen wir vor einer transatlantischen Agenda mit großen Herausforderungen - das kann uns alle, diesseits und jenseits des Atlantiks, nicht kaltlassen.

Und oft liegen die Ziele und Interessen der USA und unsere gar nicht weit auseinander; allein der Weg zum Ziel beziehungsweise die Herangehensweise sind oftmals konträr. Der Kern unserer Botschaft muss lauten: mehr europäische Selbstverantwortung und Eigeninitiative. Das erwarte ich von allen Verantwortungsträgern im transatlantischen Verhältnis, auf allen Ebenen in der Politik ebenso wie in der Wirtschaft. Denn es ist leicht, ans Ziel zu kommen, wenn die Zahnräder im Motor reibungsfrei ineinander greifen. Es kommt es aber gerade dann auf Führungs- und Entscheidungskraft an, wenn die politische Schaltung streikt und der Motor zu überhitzen droht.

Peter Beyer

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