zum Hauptinhalt
So friedlich wie am Dienstag war es am Wochenende am Reichstag nicht, als Demonstranten mit Reichsflaggen in das Parlamentsgebäude eindringen wollten.

© Johannes Neudecker, dpa

Schutzgrabenpläne für den Reichstag: Als sollte der Souverän ausgesperrt werden

Der Bundestag ist auf Offenheit angewiesen. Wer das Gebäude besser schützen will, muss sich mehr einfallen lassen als mittelalterliche Burgideen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Und, war es nicht so, dass mit dem Umzug nach Berlin die Nähe zum „Volk“ – als Begriff ausdrücklich nicht abwertend gemeint – größer werden sollte? Genau. Während Demonstrationen im Bonner Regierungsviertel der Westrepublik vom Grundsatz her verboten waren, wollte die Politik, dass die Institutionen der Demokratie in Berlin fassbar, nahbar, begreifbar werden.

Seit dem Umzug ist denn auch eine Bannmeile allein während der Sitzungswochen des Parlaments vorgesehen, damit es in Ruhe, unbeeinträchtigt, tagen kann. Allerdings ist selbst dann noch eine Versammlung innerhalb des sogenannten befriedeten Bezirks möglich.

So kommen dann jedes Jahr mehr als zwei Millionen Menschen, die das Parlament besuchen und ihm aufs Dach steigen. Was den Bundestag stolz macht. Aber was wird aus der Nähe, wenn Nähe und Schutz aus der Balance geraten und am Westportal, dem, das alle von Bildern kennen, ein zehn Meter breiter, 2,50 Meter tiefer Graben mit hohen Zäunen an den Seiten entstehen soll?

Bei manchen entsteht schon vorher das Gefühl, das Parlament verbarrikadiere sich. Dem wird noch Vorschub geleistet mit der Forderung, nach den Bildern vom Sonntag mit Reichsflaggen am Westportal, den Bau des Grabens und der Zäune ganz dringend vorzuziehen. Nur schlägt das Herz der Demokratie im Parlament, das auf offenen und direkten Austausch mit den Bürgern angewiesen ist; und wir, der Souverän, sind das Volk.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Da dürfen wir den Bundestag nicht in eine Polizeikaserne verwandeln, warnt Vizepräsident Thomas Oppermann. Angesichts des Orts – Berlin, Reichstagsgebäude, wo die Mauer stand –, ist ein Graben buchstäblich und symbolisch das falsche Zeichen.

Nun ist der Bundestag ein eigener Polizeibezirk, die Bundestagspolizei für den Schutz der Personen und Abläufe im Innern zuständig, Außen ist es die Landespolizei. Um dort den Schutz zu erhöhen, ist eine stärkere Polizeipräsenz logisch.

Reichsflaggen vor dem Reichstag. Corona-Demonstranten haben am Samstag die Treppe des Parlaments gestürmt.
Reichsflaggen vor dem Reichstag. Corona-Demonstranten haben am Samstag die Treppe des Parlaments gestürmt.

© Achille Abboud/NurPhoto/dpa

Und ist das Land überfordert, ist der Bund gefordert – indem er die Sicherung der Verfassungsorgane in der Hauptstadt übernimmt. So sagt es Sozialdemokrat Carsten Schneider.

[Heilpraktikerin aus der Eifel: Lesen Sie hier mehr über die Frau, die zum Sturm auf den Reichstag rief.]

Christian Schmidt von der CSU ergänzt: Der Bundesinnenminister oder auch der Bundespräsident sollten dann das Recht haben, eine Bannkreisanordnung zu ermöglichen, wenn etwa das Parlament oder die Regierung zu Staatsakten zusammenkommt, sagen wir im Berliner Dom. Der Rechtsweg führte direkt zum Bundesverwaltungsgericht.

Eine gangbare Idee. Die helfen könnte, politische Gräben zuzuschütten. Zumal bei dem anderen der Bau noch nicht begonnen hat, wegen des Untergrunds schwierig wird und an eine Fertigstellung 2023 nicht zu denken ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false