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Ursula von der Leyen will einen europäischen Heimatminister, hat sich aber bei der Namenswahl vergriffen.

© imago images / ZUMA Press

„Schutz der europäischen Lebensweise“: Von der Leyen zieht wohl umstrittenen Jobtitel für EU-Kommissar zurück

+++ In der GroKo droht der große Klimastreit +++ AfD nimmt neuen Anlauf für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten +++ R2G probt Außenpolitik

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Worüber spricht die Hauptstadt? Über den neuesten Groko-Streit. Die Sozialdemokraten sind sauer auf ihre Kollegen von der Union. Denn die lehnen die SPD-Idee einer CO2-Steuer strikt ab. In einem gemeinsamen Papier schreiben die beiden Unions-Fraktionsvizechefs Andreas Jung und Georg Nüßlein, eine CO2-Abgabe bedeute letztlich „Steuererhöhungen auf Benzin, Diesel, Heizöl und Gas“ – und das ist mit den Konservativen nicht zu machen.

Sie wollen stattdessen den Emissionshandel ausbauen. Was zunächst nach einem gewöhnlichen Groko-Konflikt aussieht, hat es in sich. Denn in dem aktuellen Papier hat die Union ihre Ambitionen für die Klima-Rettung deutlich zurückgeschraubt, nicht einmal mehr ein Klimaschutzgesetz kommt darin noch vor. Das Problem: Ohne ein solches Gesetz wollen viele Sozialdemokraten die Groko zum Jahresende verlassen.

Im Bundestag arbeitet man nun an einer Einigung. Bis nächsten Freitag sollen zumindest die Eckpunkte stehen. Findet sich keine Lösung, muss Angela Merkel kommende Woche mit leeren Händen zum UN-Klimagipfel nach New York fahren.

Das wäre unangenehm für die Kanzlerin. Hat sie den Klimaschutz doch diese Woche zur „Menschheitsherausforderung“ erklärt. Mehr zu dem Konflikt in der Koalition lesen Sie hier.

Wer muss zurückrudern? Die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin hat sich diese Woche einen Patzer geleistet, den sie jetzt korrigieren muss. Am Dienstag hat sie ihren griechischen Parteifreund Margaritis Schinas als Vizechef der Kommission vorgeschlagen.

Für Migration, Sicherheit, Arbeit und Bildung soll er zuständig sein. Als eine Art europäischer Heimatminister soll er für den „Schutz der europäischen Lebensweise“ sorgen, wie es in Schinas‘ neuem Jobtitel heißt.

In Brüssel finden das viele allerdings gar nicht gut. Das klinge zu sehr nach Zäunen, Mauern und Abschottung. Auch von der Leyens Vorgänger Jean-Claude Juncker übte gestern Kritik. „Diejenigen in Europa zu akzeptieren, die von weit herkommen, ist Teil der europäischen Lebensweise“, betonte er. „Das sollte präzisiert werden.“

Inzwischen hat von der Leyen möglicherweise reagiert. Mehreen Khan, Brüssel-Korrespondent der „Financial Times“, meldet unter Berufung auf Quellen aus dem EU-Parlament, von der Leyen habe Schinas‘ neuen Jobtitel bereits wieder kassiert.

Zugleich heißt es aber aus ihrem Team, von der Leyen wolle in der Sache „keine schnellen Entscheidungen“ treffen. Wie auch immer – einen guten Start in seinen neuen Job hat die CDU-Politikerin ihrem Kollegen Schinas jedenfalls nicht bereitet.

Wer will es wissen? AfD-Mann Paul Podolay. Jetzt, da die Sommerpause vorbei ist, wollen die Rechtspopulisten bald den nächsten Anlauf auf den Posten des Bundestagsvizepräsidenten nehmen. Nachdem bereits drei Kandidaten durchgefallen sind, soll nach den Plänen der AfD nun Podolay ins Präsidium des Parlaments aufsteigen. Ob der ehemalige CSU-Mann bei der Abstimmung bessere Chancen hat als seine Parteikollegen, ist offen.

Für CDU-Mann Philipp Amthor zieht sich die Sache schon viel zu lang hin. „Das Parlament tut sich mit der Dauerhaftigkeit dieser Debatte keinen Gefallen“, sagt er. „Für die AfD ist die Nicht-Wahl ihrer Kandidaten jedes Mal Gelegenheit, sich in eine Märtyrerrolle zu begeben.“

Im Tagesspiegel-Interview spricht sich der Abgeordnete dafür aus, „das Thema zu beenden“. Er habe den Eindruck, dass die AfD sich mittlerweile „um vermittelbare Kandidaten bemüht“. Lesen Sie hier das ganze Interview mit dem CDU-Jungstar, der meiner Kollegin Maria Fiedler auch erzählt hat, was seine Partei inzwischen aus dem berühmten Video des Youtubers Rezo gelernt hat.

Wer bekommt mehr Verantwortung? Die Digital-Expertin Annette Schmidt. Sie soll künftig eine zentrale Rolle dabei spielen, wenn Bund und Länder ihre IT-Politik koordinieren. An ihrer Person wird viel vom Erfolg oder Misserfolg der deutschen Politik bei der Digitalisierung abhängen.

Wie mein Kollege Matthias Punz vomTagesspiegel Background Digitalisierung & KI berichtet, soll Schmidt ab Januar die „FITKO“ leiten – eine Organisation in Frankfurt am Main, die dem IT-Planungsrat von Bund und Ländern zuarbeitet. Dort sprechen sich die Landesregierungen mit dem Bund ab, wenn es etwa um die Digitalisierung deutscher Behörden geht.

So sollen im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes bis 2022 Hunderte Verwaltungsleistungen online angeboten und die bisherige Zettelwirtschaft reduziert werden. 180 Millionen Euro hat Schmidt zur Verfügung, um beim Umkrempeln der Verwaltung zu helfen – keine leichte Aufgabe. Alle Details zum Thema finden Sie hier.

Wer probt die Zusammenarbeit? Bundestagsabgeordnete von SPD, Linken und Grünen. Politiker der drei Fraktionen haben diese Woche einen Versuch gestartet, sich außenpolitisch etwas näher zu kommen – mit der Gründung des Parlamentskreises Atomwaffenverbot. Angestoßen haben die Initiative Ralf Kapschack (SPD), Katja Keul (Grüne) und Kathrin Vogler (Linke): „Wir haben zur Gründung dieses Kreises aufgerufen, um ein klares Zeichen zu setzen gegen eine drohende Aufrüstungsspirale“, erklärten die drei gestern.

Gut zwei Dutzend Abgeordnete haben Interesse an dem neuen Forum im Bundestag bekundet, heißt es. Aktuell sieht die Gruppe noch ein bisschen wie ein Experimentierfeld für Rot-rot-grün oder ähnliches aus. Allerdings sind alle aktiven und ehemaligen Bundestagsabgeordneten über (fast alle) Parteigrenzen hinweg zur Mitarbeit eingeladen. Das Ziel des Parlamentskreises ist, dass Deutschland den UN-Verbotsvertrag unterzeichnet.

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