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Eine Schülerin schreibt in einer Schule in Hamburg das ABC an die Tafel.

© Daniel Reinhardt / dpa

Schulpflicht: Schule ist, wo Kinder lernen

Das Ehepaar Wunderlich wollte seine Kinder selbst belehren können, doch es durfte nicht. Ein Einspruch.

Diese Wunderlichs. Ein Gärtner-Ehepaar aus Hessen mit vier Kindern und festen Überzeugungen. Dazu gehört, dass Schulbesuch der Entwicklung des Nachwuchses abträglich sei. Die Wunderlichs wollten ihre Kinder selbst belehren können, doch sie durften nicht. Gern und oft erzählt Dirk Wunderlich, wie die Polizei und Vertreter der Schulbehörde am „schrecklichsten Tag“ vor der Haustür standen und Sohn samt Töchtern in Obhut nahmen. Für länger, nicht nur für den Schultag.

Allzu viel Mitleid muss man dafür nicht parat haben, die Wunderlichs ließen es darauf ankommen. In Sachen Schulpflicht ist mit der Bundesrepublik nicht zu spaßen. Wer sich weigert, wird abgeholt. Die meisten Länder in Europa sehen das weniger streng. Trotzdem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den Zugriff der Behörden jetzt abgesegnet (Az.: 18925/15). Einen Verstoß gegen Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, das Recht auf Privat- und Familienleben, konnten die Richter nicht erkennen. Schließlich hätten die Staaten Spielraum für Pflichten, die sie ihren Bürgern auferlegten. Hat jemand erwartet, dass der EGMR die deutsche Schulpflicht aushebeln würde?

Schulen bringen die sozialen Milieus zusammen

Wohl die meisten hierzulande finden die Schulpflicht unentbehrlich. Vor allem, weil sie Bildung garantiert und Kinder aus allen Milieus zusammenbringt. Starke Argumente, nur vertragen sie sich schlecht mit einem im Grundgesetz geschützten Konzept, der Privatschule. Hier werden die Milieus entmischt. In welch absurder Weise, war gerade am Streit über das Kind eines AfD-Politikers an einer Waldorfschule zu besichtigen, die den Schüler-Ausschluss mit einer Einfalt begründet hat, die Zweifel am Erfolg ihres Bildungsauftrags weckt. Natürlich stehen auch solche Schulen unter staatlicher Aufsicht. Aber könnte man nicht entsprechend sicherstellen, dass Eltern ebenfalls angemessen kontrolliert werden, die ihre Kinder zu Hause unterrichten? Etwa durch regelmäßige Prüfungen? Die Kinder der Wunderlichs, das ist richterlich festgestellt, brauchten den Vergleich nicht zu scheuen. Die Wunderlichs wollten für ihre Kinder einfach nur, was alle Eltern wollen: das Beste.

Sollte die Schulpflicht irgendwann aufgehoben, eingeschränkt oder als staatlich beaufsichtigte Bildungspflicht ausgestaltet werden, würde dies wohl nichts daran ändern, dass Eltern ihre Kinder zur Schule schicken. Die meisten schon, um sie mal loszuwerden. Eltern, die meinen, ihre Kinder von anderen separieren zu müssen, bieten sich dazu schon heute viele Wege, die auch beschritten werden. Mit etwas Ehrlichkeit müsste man sagen, dass es sich mit der Schulpflicht wie mit der Wehrpflicht verhält. Schön, sie zu haben, aber unter freiheitlichen Aspekten schlecht zu rechtfertigen. Deshalb ist die Wehrpflicht auch weg.

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