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Sahra Wagenknecht.

© imago images/Klaus W. Schmidt

Schröder, Wagenknecht, Lafontaine: Einstige „Putin-Versteher“ geraten jetzt ins Schlingern

Sogenannte Russland- oder Putin-Versteher sprangen Moskau gerne zur Seite. Seit der Anerkennung der Separatistengebiete sind sie kleinlaut – oder verstummt.

Gerhard Schröder hat ein besonders gutes Verhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin: Ende Januar noch bezeichnete der Altkanzler Waffenlieferungen an die Ukraine noch als „Säbelrasseln“. Umgekehrt lobt der russische Staatschef den frühere SPD-Chef als „anständigen Mann“ – und zwar ausgerechnet während des Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Moskau.

Seit der Anerkennung der Separatistengebiete Luhansk und Donezk durch Russland jedoch ist Schröder, der auch Aufsichtsratschef des russischen Energiekonzerns Rosneft ist, auffällig still geworden. Zur Ukraine-Krise hat er sich seitdem noch nicht öffentlich geäußert.

Mit dieser Zurückhaltung in Anbetracht der neuen politischen Lage ist Schröder zunehmend allein. Selbst seine fünfte Ehefrau, So-yeon Schröder-Kim, meldete sich zu Wort. Am Dienstag schrieb sie auf Instagram: „Viele haben sich bei mir gemeldet, ob mein Mann nicht mit Herrn Putin über die Ukraine-Krise reden könnte. Das ginge aber nur, wenn die Bundesregierung das ernsthaft wollte. Davon ist aber leider nicht auszugehen.“ Das Posting ist mittlerweile wieder gelöscht. Andere „Putin-Versteher“ winden sich, um doch noch eine Kehrtwenden hinlegen zu können.

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Noch am Sonntag hatte die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht bei „Anne Will“ beklagt: „Die Aggressivität mit der - vor allem von amerikanischer Seite - ein russischer Einmarsch geradezu herbeigeredet wird, also die ist ja schon bemerkenswert.“ Ihre Aussage erneuerte die Linken-Politikerin am Montag auf Twitter und löste unter den Kommentator:innen Fassungslosigkeit aus. Im Studio erwiderte Talk-Gast und CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen: „Ihre Sichtweise ist zu 100 Prozent die des Kremls.“

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Am Dienstag – einen Tag nach der Anerkennung der Separatistengebiete durch Russland – schlug Wagenknecht andere Töne an: Die „einseitige Anerkennung der Separatistengebiete widerspricht Völkerrecht & erschwert Verhandlungslösung“, schrieb sie Dienstagvormittag auf Twitter. „Berücksichtigung aller Sicherheitsinteressen durch beide Seiten sind dennoch ohne Alternative, um Frieden in Europa zu sichern.“

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Wagenknechts Ehemann Oskar Lafontaine hatte deutschen Politikern und Journalisten noch am Montag auf Facebook vorgeworfen, sich an der Kriegspropaganda der USA zu beteiligen. Man könne nur gemeinsam Sicherheit finden, „und nicht, wenn man den anderen verteufelt und seine Interessen nicht ernst nimmt“. Seit der Anerkennung der abtrünnigen Provinzen durch Russland meldete sich der Linken-Politiker nicht mehr zu Wort.

Die Linken-Spitze hatte sich bisher nicht zu Wagenknechts Aussagen in der ARD-Sendung geäußert. Auf Twitter schreibt Parteichefin Janine Wissler: „Die Anerkennung der ‚Volksrepubliken‘ und der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine eskalieren den Konflikt. Das ist keine „Friedensmission“, wie Putin sagt, das ist völkerrechtswidrig und reale Kriegsgefahr.“ Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, sprach ebenfalls von einem „völkerrechtswidrigen“ Vorgang durch Russland.

Mit Sanktionen „schießen wir uns selbst in Bein“

Selbst der ehemalige Linken-Fraktionsvorsitzende Klaus Ernst, spricht von einem völkerrechtswidrigen Verhalten Russlands. Ernst hatte Putin 2020 nach der Vergiftung von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny, in Schutz genommen und ist dafür stark kritisiert worden. Die Schuld für den Völkerrechtsbruch durch Russland sieht er aber offenbar weiterhin woanders. Auf Twitter fragte er: „Wo sind unsere Fehler? Zu wenig Druck auf #Ukraine, Minsker Abkommen einzuhalten? Ignorierung russ. Sicherheitsinterressen? Ostausweitung NATO?“

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Für den vorläufigen Stopp von Nord Stream 2 hat der 67-Jährige allerdings wenig Verständnis. Es sei eine „gefährliche Heuchelei“, da trotzdem mehr als 50 Prozent des Gases aus Russland kommen würden. „Wie könnte RU reagieren? Weitere Eskalation?
Energiekooperation hat Frieden selbst im kalten Krieg gesichert!“

Auch Außenpolitiker der Linken kritisieren den Stopp von Nord Stream 2: In einer gemeinsamen Erklärung schreiben der außenpolitische Sprecher der Linken, Gregor Gysi, und die Linken-Obfrau im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Sevim Dagdelen: „Sanktionen werden nicht zu einer Änderung der Politik Russlands führen, wie die Vergangenheit gezeigt hat.“ Dem „Spiegel“ sagte Dagdelen: „Mit dem Stopp der Zertifizierung von Nord Stream 2 schießen wir uns in Deutschland selbst ins Bein.“ Beide kritisieren, dass der Westen bei Völkerrechtsverletzungen nie Sanktionen zu fürchten habe.

Die Anerkennung von Donezk und Luhansk als unabhängige Volksrepubliken verurteilten Gysi und Dagdelen als völkerrechtswidrig – ebenso wie sie die Anerkennung des Kosovo verurteilen. Im Fall des Konflikt zwischen Russland und der Ukraine „müssen alle Seiten zu Diplomatie und Völkerrecht zurückkehren“.

SPD-Politiker ändert Meinung zu Nord Stream 2

Frank Junge, Vorsitzender der SPD-Landesgruppe Ost und Mitglied im Wirtschaftsausschuss im Bundestag, twitterte noch am 13. Februar: „Ein Beerdigen der rechtsstaatlich genehmigten #OstseePipeline #NordStream2 wäre nicht nur wirtschaftlich & energiepolitisch falsch sondern sogar gefährlich!“

Junge kommt aus Mecklenburg-Vorpommern, wo die Pipeline eigentlich enden sollte, und mahnte damals in einem Interview mit der Deutschen Welle „uns nützt allen nichts, wenn wir die letzten Brücken, die nach Russland bestehen auch noch zerstören“. Durch ein Ende von Nord Stream 2 würde Deutschland „überhaupt keinen Zugang mehr“ finden „irgendwas auf politischer Ebene zu bewirken“.

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Nach den jüngsten Entwicklungen im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hat Junge seine Einschätzung jedoch geändert. Nord Stream 2 muss „zu einem Sanktionspaket gehören“, sagte der SPD-Politiker am Dienstag der „Welt“. Man könne nicht anders, als „die für diesen Fall immer wieder angekündigten Sanktionen gegenüber Russland zu verhängen“.

Selbst von seiner Haltung, keine Waffen in die Ukraine zu liefern, rückte Junge in dem Bericht der „Welt“ etwas ab: Er selbst halte zwar nicht viel davon. Aber wenn der Bundessicherheitsrat angesichts der Lage in der Ukraine von dem Grundsatz abrückt, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, „bin ich dafür, dass man darüber nachdenkt“.

AfD lehnt sämtliche Sanktionen ab

Die AfD-Fraktion im Bundestag sehe das Vorrücken Russland in die Ukraine „absolut kritisch“ lehne aber „generell sämtliche Sanktionen gegenüber Russland“ ab, sagte AfD-Chef Tino Chrupalla am Dienstag. „Sanktionen haben in der Vergangenheit noch nie das bewirkt, was es eigentlich bewirken sollte.“

[Lesen Sie auch: Die SPD ringt um ihren Russland-Kurs: Gerhard Schröder und seine Erben (T+)]

Die Energiesicherheit Deutschlands werde mit Sanktionen wie dem vorläufigen Stopp der Ostsee-Erdgaspipeline Nord Stream 2 „in große Mitleidenschaft gezogen“, sagte Chrupalla.

Auch Co-Fraktionschefin Alice Weidel kritisiert den Stopp der deutsch-russischen Gasleitung. Für die Strafmaßnahme werden die Bürger „einen hohen Preis zahlen“, schrieb sie auf Facebook. „Als Folge dessen werden wir teuren Atomstrom unserer europäischen Nachbarn importieren müssen, da der Energiebedarf eines Industrielandes wie Deutschland eben nicht so einfach gedeckt werden kann, wie sich das die Ampel vorstellt.“ (mit dpa)

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