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Olaf Scholz, Finanzminister und Vizekanzler, kündigte bis zu 10 Millionen Impfungen pro Woche an.

© Imago/Florian Gaertner

Scholz-Aussage im Faktencheck: 10 Millionen Impfungen pro Woche bis Juni – wie soll das gehen?

Die Ankündigung von Vizekanzler Scholz, die Impfkapazitäten massiv auszubauen, erscheint ambitioniert. Gänzlich unrealistisch ist sie allerdings nicht.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz muss sich sicher sein: Deutschland wird seine Impfkapazitäten in den kommenden Monaten der Corona-Pandemie massiv ausbauen. „Wir müssen jede Woche Millionen impfen, im März schon am Ende des Monats, im April, im Mai, im Juni“, sagte der Vizekanzler und SPD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ am Sonntagabend. Ähnliches hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angekündigt.

„Es wird bis zu 10 Millionen Impfungen pro Woche geben“, so Scholz: „Und das das jetzt gut vorbereitet wird, dafür habe ich gesorgt.“

Mit Blick auf die aktuellen Zahlen mutet seine Aussage ambitioniert an: In der vergangenen Woche, vom 1. bis 7. März, wurden in Deutschland weniger als 1,5 Millionen Dosen verimpft – so viele waren es zwar seit Ende Dezember noch nicht. Allerdings müsste sich die Zahl mehr als versechsfachen, um auf bis zu zehn Millionen wöchentliche Impfungen zu kommen.

Ein Blick auf die geplanten Impfstoff-Lieferungen nach Deutschland zeigt außerdem: Es bräuchte mehr Impfstoff, um Scholz` Plan Wirklichkeit werden zu lassen.

Die scholz'sche Rechnung geht nicht auf

Derzeit sind von rund 10,3 Millionen gelieferten Dosen rund 7,7 Millionen verimpft worden – somit liegen derzeit rund 2,6 Millionen auf Halde. Bis Ende März sollen noch rund 9,9 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca hinzukommen. Das macht insgesamt rund 12,5 Millionen Impfstoff-Dosen.

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Letztlich werden im ersten Quartal somit rund 20 Millionen Dosen in Deutschland angekommen sein, das sind sogar etwas mehr als die 18,3 Millionen, mit denen die Bundesregierung ursprünglich geplant hatte.

Im zweiten Quartal sollen nach Plänen der Regierung weitere rund 77 Millionen Dosen hinzukommen. Darin einbezogen sind allerdings auch die Impfstoffe von Johnson & Johnson sowie Curevac, die in der Europäischen Union (EU) noch nicht zugelassen sind.

Ab Montag gerechnet, stünden Deutschland laut Plan bis Ende des zweiten Quartals, Ende Juni, also rund 90 Millionen Dosen zur Verfügung. Bis dahin sind es 17 Wochen. Ab jetzt könnten also pro Woche durchschnittlich rund fünf Millionen Dosen verimpft werden.

Wie ambitioniert das ist, macht ein Vergleich mit Impfvorreiter Großbritannien deutlich: Das medizinische Personal dort hat bislang in einer Woche maximal 3,1 Millionen Impfungen vornehmen können, zuletzt sogar nur 2,5 Millionen.

Zahl der Impfungen müsste stark wachsen

Wie kommt Scholz also auf bis zu 10 Millionen Impfungen pro Woche?

Er rechnet wohl damit, dass die Impfkapazitäten kontinuierlich wachsen, also mehr Impfstoff ankommt als derzeit geplant ist und sich auch mehr verimpfen lässt.

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Wo müsste Deutschland beim Impftempo demnach hin?

Die Rechnung von Scholz würde aufgehen, wenn sich die Zahl der Impfungen ab jetzt durchschnittlich pro Woche um 500.000 steigert. Von der letzten Februarwoche auf die erste Märzwoche wurde dieser Zuwachs auch fast erreicht: da ging es von 1,1 Millionen Impfungen auf 1,5 Millionen.

Dann nämlich wären es beispielsweise in der kommenden Woche schon 2 Millionen Impfungen, die Woche darauf dann 2,5 Millionen und so weiter – und in 17 Wochen wären es ziemlich genau 10 Millionen.

Doch: Die 90 Millionen Dosen, die bis Ende Juni geliefert werden sollen, reichen dafür nicht aus. Mehr als 100 Millionen Dosen wären nötig, damit der Plan von Scholz exakt aufgeht.

Scholz muss zusätzliche Bestellungen einplanen

Abgesehen von den Impfstoff-Dosen, deren Menge mit den bislang geplanten Lieferungen nicht genügen würde, ist unklar, wie Scholz die Logistik plant, damit bis zu 10 Millionen Impfungen pro Woche möglich sind.

Kanzlerin Merkel hatte zuletzt in den Raum gestellt, „wie es logistisch gelingt, in einer Woche 7,5 bis 9,5 Millionen Dosen zu verimpfen“. Das untere Ende ihrer Skala scheint durchaus realistisch.

Mit den 90 Millionen Impfstoff-Dosen, die Deutschland bis Ende Juni zur Verfügung stehen sollen, wären sogar bis zu 8,3 Millionen Dosen in zumindest einer Woche möglich. Allerdings nur falls bis dahin jede Woche durchschnittlich 400.000 mehr Menschen geimpft werden – wie es zuletzt der Fall war.

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Doch, möglich ist es eben auch nur, wenn es logistisch umgesetzt werden kann. Zuletzt gab es erste ernüchternde Rückmeldungen aus Niedersachsen beispielsweise, was die geplanten Impfungen in Arztpraxen angeht. Darauf ruhen die Hoffnungen der Impfkampagne der Bundesregierung.

„Die Lieferkette ist ein großes Problem“

So heißt es in einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), dass es in den Impfzentren allein schon an den erforderlichen Kühlboxen mangelt, in denen die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna transportiert werden müssten. Unklar sei auch, ob Impfzentren oder doch Apotheken den Impfstoff künftig an die Praxen liefern sollen.

„Irgendjemand – Bund oder Land – sollte die Logistik jetzt klären“, sagte ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen der „FAZ“. „Die Lieferkette ist ein großes Problem.“ Die Dokumentation der Impfungen sei ebenfalls ein Problem, weil dafür Scanner wie im Impfzentrum erforderlich seien – mit denen das Personal in den Arztpraxen in den meisten Fällen keine Erfahrung hat.

Die Kassenärzte in Niedersachsen halten die Dokumentation dem Bericht zufolge für viel zu aufwendig. Die Praxen müssten bei den Corona-Impfungen technisch wie Außenstellen des Impfzentrums behandelt werden, erklärte das niedersächsische Gesundheitsministerium den Aufwand.

Allerdings gibt das Ministerium die Verantwortung an den Bund weiter, der dafür zuständig sei. So einfach, wie Scholz sich das vorstellt mit den 10 Millionen wöchentlichen Impfungen, könnte es also doch nicht werden.

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