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Eine Frau hält am Flughafen München in einem Covid-19 Testcenter einen Antigen-Schnelltest

© Sven Hoppe/dpa

Schnelltests laufen nur langsam an: So wird der Kampf gegen Covid-19 ausgebremst

Einrichtungen wie etwa Seniorenheime sollen vor allem durch Schnelltests vor dem Coronavirus geschützt werden. Doch sie werden nicht flächendeckend eingesetzt.

Seit dem 15. Oktober gilt die neue Corona-Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Festgelegt ist darin erstmals, dass Einrichtungen wie unter anderem Pflegeheime, Krankenhäusern und Arztpraxen – also solche mit einer erwartbar hohen Dichte von Risikogruppen – ein Anspruch auf sogenannte Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2 haben.

Schnelltests haben den Vorteil, dass sie für ein Testergebnis nicht ins Labor geschickt werden müssen und bereits nach wenigen Minuten ausgewertet werden können. Flächendeckend eingesetzt wären Schnelltests ein wirksames Mittel, um kritische Einrichtungen effektiv vor dem Virus zu schützen.

Doch auch Wochen nach Inkrafttreten der neuen Testverordnung sind die Schnelltests oft noch nicht verfügbar. „Manche Länder überlegen nach drei Wochen, wie sie denn diesen Prozess einfacher machen“, kritisiert Herbert Mauel, Geschäftsführer des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). „Allerdings bremsen sie genau damit die Tests aus.“

Gesundheitsämter müssen Testkonzepte genehmigen

Der Paragraph 6 der neuen Testverordnung regelt, dass Einrichtungen, die Anspruch auf Schnelltests haben, ein Testkonzept erstellen müssen. Aus diesem muss zum Beispiel hervorgehen, wer die Tests wo vornimmt und wie viele Bewohner beziehungsweise Patienten versorgt werden. Das Konzept muss von der „zuständigen Stelle des öffentlichen Gesundheitsdienstes“ genehmigt werden.

In den meisten Fällen ist das das Gesundheitsamt beziehungsweise das entsprechende kommunale Fachreferat. Dieses legt letztendlich auch die Menge der Tests fest, die die Einrichtungen bestellen können. In Krankenhäusern, Reha- oder Vorsorgeeinrichtung oder einer stationären Pflegeeinrichtung dürfen maximal 20 Schnelltests pro betreuter Person im Monat eingesetzt werden.

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Bei ambulanten Pflegediensten und Diensten der Eingliederungshilfe sind es maximal zehn Schnelltests pro betreuter Person im Monat. Die Tests sind auch für das Personal und Besucher vorgesehen. In einem ursprünglichen Entwurf der Testverordnung waren 50 Tests pro Bewohner geplant.

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„Das hört sich erstmal nach einer einfachen Regelung an“, sagt Mauel. „Häufiger treffen wir aber auf überforderte oder auf unvorbereitete Gesundheitsämter, denen Informationen fehlen.“ Noch konkreter wird der Vorsitzende der bpa Sachsen, Igor Ratzenberger. „Die von den Pflegeeinrichtungen bereits eingereichten Testkonzepte werden abgelehnt und es wird ein zusätzlicher Antrag mit erneuter Einreichung der individuellen Testkonzepte per Post verlangt“, teilt er mit.

Die Einrichtungen dürften demnach keine Tests durchführen, wenn der Antrag ignoriert wird oder nach 30 Tagen kein Bescheid vorliegt. „Statt kontinuierlich die Testungen durchführen zu können, werden zusätzliche bürokratische Hürden aufgebaut und vier wertvolle Wochen gehen bei steigenden Infektionszahlen ins Land.“

Bund sichert Kontingent von 14 Millionen Schnelltests

Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, wundern die Verzögerungen nicht. „Die Gesundheitsämter können derzeit kaum zusätzliche Arbeit leisten“, sagt sie. Man sei fast ausschließlich mit der Personenkontaktnachverfolgung beschäftigt. Eingebunden in die Entscheidung, dass sie auch die Testkonzepte genehmigen sollen, seien die Gesundheitsämter nicht gewesen, so Teichert.

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Sobald die Testkonzepte der Einrichtungen genehmigt sind, sind sie angehalten, sich die Tests über den Großhandel oder Apotheken selbst zu besorgen. Kosten bis sieben Euro pro Test werden dann durch die Pflegekasse beziehungsweise die Kassenärztlichen Vereinigungen erstattet. Eine Liste mit allen Herstellern von Antigen-Schnelltests, die den Vorgaben des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert Koch-Instituts entsprechen, listet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf ihrer Webseite.

Damit aber nicht jede Arztpraxis und jedes Pflegeheim selbst über die Preise der Tests mit den Händlern verhandeln muss – und dabei möglicherweise über dem Erstattungspreis landet  – hat das BMG für Oktober und November bundesweit ein Kontingent von knapp 14 Millionen bei den Herstellern reserviert. Auch der bpa hat für seine Mitglieder ein Kontingent von 5 Millionen Euro gesichert, die zu dem erstattungsfähigen Preis erworben werden können.

Bundesländer beschaffen eigene Tests

Dazu kommt, dass auch einzelne Bundesländer Schnelltests beschafft haben. Die angelaufene Beschaffung von 5 Millionen Antigen-Schnelltests sei „eine vorsorgliche, freiwillige Zusatzbeschaffung“ heißt es etwa von der Landesregierung Baden-Württemberg. „Diese Antigentests stellen eine Notreserve dar für etwaige Lieferengpässe sowie Untersuchungen im Zusammenhang mit großen Ausbruchsgeschehen in Pflegeheimen, Krankenhäusern etc.“ Auch Bayern und Berlin haben landeseigene Tests beschafft, Berlin will die Tests unter anderem auch für die Polizei, die Feuerwehr und das Abgeordnetenhaus einsetzen.

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Gleichzeitig versuchen einige Länder, die Gesundheitsämter beim Genehmigungsverfahren zu entlasten. In Baden-Württemberg müssen die Konzepte anstatt ans Gesundheitsamt an ein eigens eingerichtetes Mail-Postfach im für Gesundheit zuständigem Sozialministerium gesendet werden. Ein Vordruck eines Konzepts kann ebenfalls auf der Seite des Ministeriums heruntergeladen werden.

„Auf dieser Grundlage wird schnell und unbürokratisch die Maximalzahl an bestellbaren Tests ermittelt und automatisch eine Genehmigung generiert“, so ein Sprecher des Ministeriums. Seit dem Wochenende wären auf diese Weise bereits 1.700 Anträge eingegangen.

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Doch das Genehmigungsverfahren ist nicht das einzige Problem der Pflegeeinrichtungen. Erst vergangene Woche warnte Deutschlands größter privater Pflegeheim-Betreiber, Korian Deutschland, vor einem „erheblichen Mehraufwand“ durch die geplanten Antigen-Schnelltests in Senioreneinrichtungen. Jeder Test nehme etwa 20 Minuten Arbeitszeit in Anspruch, sagte Arno Schwalie, Geschäftsführer des Unternehmens. Viele Beschäftigte arbeiteten „bereits seit Monaten an der Grenze ihrer Belastbarkeit“.

Der stellvertretende Vorsitzende der Akkreditierten Labore der Medizin, Jan Kramer, betonte, dass die Tests unbedingt in die Hände von medizinischem Fachpersonal gehörten. Genau wie bei PCR-Test ist bei einem Antigentest ein Rachenhinterwand-Abstrich notwendig. „Ein Test kann immer nur so gut sein wie die Entnahme des Abstrichs“, sagt Kramer. Die Sensitivität sei bei einem Antigentest etwas geringer, so der Labormediziner.

Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für falsch negative Tests etwas höher ist. Dennoch: Die Sensitivität liegt nach Angaben der Test-Hersteller meist deutlich über 90 Prozent. „Der geplante Einsatz der Antigen-Schnelltests gemäß der aktuellen Verordnung der nationalen Teststrategie erscheint mir sehr sinnvoll“, sagt auch der Labormediziner Kramer.

Daniel Böldt

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