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Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder.

© Michaela Rehle/REUTERS

„Schmutzeleien“ gegen Minister: Söder sitzt der Kanzlerin im Nacken

Was der CSU-Chef will, deckt sich mit den Interessen der CDU-Chefin: ein neues Bundeskabinett. Am besten ohne Angela Merkel. Ein Kommentar.

Das Beben klingt langsam ab. Aber auch nur langsam. Denn was Markus Söder, der CSU-Vorsitzende, sich vorstellt –  rasche Neubesetzungen im Bundeskabinett – ist ja nicht nur eine der „Schmutzeleien“, für die Söder früher geradezu berüchtigt war.

Horst Seehofer, sein Vorgänger als Ministerpräsident und an der Parteispitze, von dem das Wort stammt, war da auch nie der einzige, der das so empfand. Nein, Söder verfolgt ein Kalkül, kein freundliches, aber ein strategisches; eines innerhalb der CSU und dazu in der Union mit der CDU.

Beginnen wir mit der CSU. Wieder ist zuvörderst Seehofer getroffen und betroffen. Weder kann er mit seinen 70 Jahren als jung gelten, noch ist der Bundesinnenminister ein neues Gesicht in der Politik. Wenn also Frische und Jugend Kriterien sind, wird Seehofer zwangsläufig ein Wechselkandidat. Es wäre der endgültige Abschied – und der endgültige Sieg von Söder.

Söder hat sehr fein die Klinge an den Hals gesetzt

Gerd Müller hat seine Entwicklung hinter sich, will sagen: Der 64-Jährige liebt das Entwicklungsressort zwar, aber als Hoffnungsträger für Wahlen gilt er nicht mehr. Andreas Scheuer als Verkehrsminister kann seines Postens auch nicht so sicher sein, wie er tut. Er ist erstens vom Maut-Desaster geplagt, zweitens hat ihm Söder sehr fein die Klinge an den Hals gesetzt. Der CSU-Chef hat die sichere Erwartung geäußert, dass Scheuer im Untersuchungsausschuss des Bundestages alles zur Maut gut aufklären könne. Heißt umgekehrt: wehe, wenn nicht.

Dann die Union: Es ist nicht so, als sei Söders Vorstoß als gemeinsamer mit der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer angelegt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Denn AKK hat ihre Chance sofort erkannt, hat umgehend zustimmend reagiert – entgegen dem, was die amtierende Kanzlerin Angela Merkel hat verlauten lassen, dass sie nämlich mit den jetzigen Kolleginnen und Kollegen gut und gerne zusammenarbeite.

Abgesehen davon, dass das durchaus auch interpretationsfähig ist in Richtung Offenheit für den Grundgedanken, erhöhen beide, Söder und AKK, zusammen doch den Druck auf Merkel. Der CSU und Teilen der CDU ist die Kanzlerin schon zu lethargisch, und weil sie sowieso 2021 nicht mehr antreten will, soll sie jetzt doch mal darüber nachdenken, ob sie dann nicht vorzeitig abdanken will. Dieses Nachdenken kann man ja fördern.

Die SPD-Führung ist noch nicht sortiert

Je eher Merkel abtritt, desto größer sind die Chancen für AKK, mindestens Kanzlerkandidatin zu werden, wenn nicht Kanzlerin. Das Kalkül Söders ist: Bei keinem anderen Kandidaten würde der Einfluss der CSU höher als bei Kramp-Karrenbauer, die mehr als jeder andere auf Stimmen der CSU angewesen wäre. Und bei keinem anderen Kandidaten, von Armin Laschet über Friedrich Merz bis Jens Spahn, stünde die CSU vergleichbar stark da. Was gut für sie und ihren Vorsitzenden ist.

Hinzu kommt: AKK könnte ihren Hauptrivalen, Merz, vorab gut einbinden: Gegen einen Finanzminister Merz ginge nichts. Finanzminister haben Vetorecht, machen internationale Politik.

Das gilt alles auch, wenn die SPD nicht mitspielte. Die muss wissen: In etlichen Bundesländern ist sie bereits einstellig, im Bund kann das auch so werden. Ihre neue Führung ist noch längst nicht sortiert, einen Kanzler- oder Spitzenkandidaten hat die Partei auch noch nicht, eine klare Haltung und ein Programm, für das sie gewählt werden will, erst recht nicht. 

Insofern sind die Ausläufer des Bebens noch zu spüren. Es kann jeden Tag neu ausbrechen. Und das Jahr ist noch lang.

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