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Eine Frau in Buenos Aires bemalt ihr Gesicht während einer Kundgebung zum Frauentag.

© Mario De Fina/picture alliance/dpa

Schluss mit den Befindlichkeiten: Frauen, hetzt nicht gegen Frauen!

Zum Internationalen Frauentag mal kein Aufruf zum Kampf gegen Männer: Die Frauen müssen endlich damit beginnen, solidarisch mit Frauen zu sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hatice Akyün

Es gibt einen Satz, an den ich immer am Weltfrauentag denken muss. „Das letzte Aufbäumen der Männer, bevor die Frauen übernehmen.“ In diesem Jahr macht sich dieser Widerstand besonders stark bemerkbar. Wo man hinschaut, weht einem das müffelige Testosteron der 50er Jahre entgegen. Und dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Herrschaft 30 oder 70 ist: Merz, Lindner, Amthor, Kuban – daneben wirkt Robert Habeck wie die fleischgewordene lila Latzhose.

Entschuldigung, ich will hier heute nicht zum Kampf gegen Männer aufrufen. Ich mag sogar einige. Meine Sorge gilt den Frauen, die in einer Zeit, in der sie zumindest theoretisch alle Möglichkeiten hätten, die Zeit damit vergeuden, gegen andere Frauen zu hetzen, statt sich mit ihnen zu solidarisieren.

Der Korridor der Ausgrenzungen ist groß

Frauen werden von Frauen ausgegrenzt, weil ihre Lebensweise nicht dem eigenen Bild von Selbstbestimmung entspricht. Diese Frauen müssen sich nicht nur gegen Männer behaupten, sondern sich auch gegenüber Frauen rechtfertigen. Zwischen freiwilligem Kopftuchtragen und freiwilliger Sexarbeit ist der Korridor der Ausgrenzungen groß.

Das stößt Frauen nicht nur vor den Kopf, sondern liefert den Männern genügend Argumente, pauschal über Frauen zu urteilen. Der Feminismus von heute hat mit dem Feminismus der 68er nichts gemein. Heute leben Frauen mit Selbstverständlichkeiten, die von anderen Frauen hart erkämpft werden mussten. Es ist erst 22 Jahre her, dass Friedrich Merz, der sich gerade für die Kanzlerschaft warm macht, mit 137 anderen gegen die Vergewaltigung in der Ehe als eigener Straftatbestand gestimmt hat.

Jede Frau ist zu respektieren

In Zeiten, in denen sich Männer selbst als Feministen bezeichnen, erscheinen diese Diskussionen wie aus der Steinzeit. Feminismus hat nicht mehrere Seiten, wo es am Ende darum geht, wer gewinnt und wer verliert. Der Feminismus, den ich meine, respektiert jede Frau, auch wenn ihr Lebensmodell nicht meinem entspricht. Feminismus sollte deshalb nur ein Ziel haben – gleiche Rechte für jede Frau.

Frauen erleben tagtäglich unterschiedliche Formen von Benachteiligung, nur weil sie Frauen sind. Wenn wir uns selber immer wieder Steine in den Weg legen, freuen sich am Ende die Männer. Denn solange wir mit unseren Befindlichkeiten beschäftigt sind, können sie seelenruhig ihre Vorteile genießen.

Immer noch engagieren sich zu wenige für ihre Rechte

In Deutschland liegt der Verdienst zwischen Männern und Frauen immer noch nicht auf gleicher Höhe. Für Frauen sind Kinder ein Karriereknick und ein Armutsrisiko. Altersarmut ist ein Thema, das hauptsächlich Frauen betrifft. Frauen finden sich unterdurchschnittlich bis kaum in Spitzenpositionen, und das obwohl Frauen im Durchschnitt besser ausgebildet sind und bessere Abschlussnoten haben.

Und trotzdem sind es immer noch zu wenig Frauen, die sich für ihre Rechte aktiv engagieren. Das liegt sicher auch daran, dass Politik für Frauen immer noch so abgehandelt wird, dass sich viele Frauen weder angesprochen noch vertreten fühlen.
Margaret Thatcher soll gesagt haben: „Wenn Sie etwas gesagt haben wollen, wenden Sie sich an einen Mann. Wenn Sie etwas getan haben wollen, wenden Sie sich an eine Frau.“

Die Entwicklung wird oft ausgebremst

Das Rad der Emanzipation kann zum Glück nicht zurückgedreht werden. Aber es wird zu oft versucht, die Entwicklung zu unseren Ungunsten auszubremsen. Die Gesetzgebung hat riesige Gerechtigkeitslücken zwischen Mann und Frau geschlossen. Jetzt geht es darum, sie im Alltäglichen zu greifen und mit Leben zu füllen. Dafür braucht die Gleichberechtigung jede einzelne Frau.

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