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Über das Sondervermögen Bundeswehr sollen neue Waffen angeschafft werden - wohl auch Fregatten für die Marine, wie die ältere "Augsburg".

© Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Scheitert das 100-Milliarden-Programm für die Bundeswehr?: Scheingefecht um das Sondervermögen

Die Ampel braucht die Union für den großen Rüstungstopf. Merz & Co. wittern ihre Chance. Ein Kompromiss wäre besser - und liegt nahe. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Albert Funk

Scheitert das Sondervermögen für die Bundeswehr am Streit zwischen Koalition und Opposition? In einer Woche wird das Gesetz zu dem schuldenfinanzierten Nebenhaushalt in Höhe von 100 Milliarden Euro für größere Rüstungsprojekte in den Bundestag eingebracht. Er soll im Grundgesetz verankert werden, weshalb die Koalition Stimmen der Unions-Fraktion braucht. CDU-Chef Friedrich Merz hat grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, die Sache mitzumachen.

Aber die Union will natürlich nicht nur mitstimmen, sondern mitbestimmen. Und da hakt es offenbar. Denn was die Koalition bisher vorlegte, hat noch nicht den Status eines für eine Oppositionspartei zustimmungsfähigen Entwurfs. Eigentlich gilt das sogar über die Union hinaus für alle Bundestagsfraktionen. Denn dass die Regierung den für ein Sondervermögen zwingend nötigen Wirtschaftsplan mit konkreten Angaben zu den Vorhaben noch immer nicht vorgelegt hat, ist bei einem Vorhaben in der Größenordnung und mit der Bedeutung – Stichwort „Zeitenwende“ – ein Unding.  

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Kanzler Olaf Scholz hat sich für die – gesetzgeberisch gar nicht zwingende – Grundgesetzlösung entschieden, weil er fürchten musste, dass die eigene Truppe nicht voll und ganz hinter dem riesigen Zusatzetat allein für Militärisches steht. Merz hat dazu gesagt, seine Fraktion sei nicht die Reservebank der Bundesregierung. Und er hat angekündigt, man werde nur so viele Abgeordnete mitstimmen lassen, wie es zusätzlich zu allen Koalitionsabgeordneten für die Zweidrittelmehrheit nötig sei.

Merzens Bedingungen

Zudem hat Merz über diese Forderung nach absoluter Geschlossenheit der Koalition hinaus zwei weitere Bedingungen genannt. Die erste: Das Sondervermögen darf nur für Waffenprojekte der Bundeswehr verwendet werden und nicht für irgendwelche „weichen“ sicherheitspolitischen Belange. Zweite Bedingung: Es soll ein Gesamtkonzept geben, das eine zügige und dann auch dauerhafte Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels der Nato garantiert.

Aber mittlerweile hat man in der Union wohl erkannt, dass es sich nicht lohnen wird, ein zu großes Rad zu drehen. Zum einen ist das angesichts des Krieges in der Ukraine nicht mehr angeraten. Zum anderen sind die vielen Milliarden für die Bundeswehr das, was CDU und CSU immer wollten, aber in den Koalitionen unter ihrer Führung nicht durchsetzen konnten. Zum dritten hätte sich die Union generell gegen die Grundgesetzlösung sperren können, die ja durchaus fragwürdig ist. Hat sie aber nicht, also muss sie jetzt mittun.

Es geht auch um die Nato-Quote

Merz rüstet auch schon ab. Er erwartet nur noch, dass insbesondere die Sozialdemokraten voll und ganz mitstimmen (das kann er Scholz auch abverlangen). Zudem endet jedes Arrangement, wenn die 100 Milliarden ausgegeben sind, also in sieben oder acht Jahren – und die Verewigung eines Sonderetats für das Militär kann ja auch die Union ernsthaft nicht wollen. Auch weiß sie, dass eine umgehende Aufstockung des Wehretats Richtung Zwei-Prozent-Ziel (das wären mehr als 20 Milliarden Euro auf einen Schlag) gar nicht mit größeren Waffenprojekten unterlegt werden kann.  

Es ist daher ein Scheingefecht, das um das Sondervermögen geführt wird – mutmaßlich noch ein Weilchen, auch in die Debatte am kommenden Freitag hinein. Eine Kompromisslinie steht derweil schon im Gesetzentwurf. Die Ausgaben des Sondervermögens müssten auf das Nato-Ziel anzurechnen sein, ist dort zu lesen. Das sollte der Union eigentlich gefallen.

Zwar wurde beim Berechnen der Nato-Quote auch in schwarzen Regierungszeiten beständig aufgehübscht, indem man Ausgaben als verteidigungsrelevant klassifizierte, die das nicht unbedingt waren. Aber nun hat die Union die Chance, das zu ändern. Sie kann in der Opposition darauf dringen, dass die Ampel das Sondervermögen nutzt, ohne zu schummeln. Und wenn sie nach 2025 wieder regieren sollte (im Sondervermögen wird dann noch viel Geld liegen), kann sie mit Nachdruck eine konsequentere Erfüllung der Nato-Quote zur Regierungspolitik machen. 

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