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Die Wälder leiden unter Klimastress.

© Guido Kirchner/dpa

Schäden durch Dürre, Brände und Käfer: Der deutsche Wald schrumpft

Seit vergangenem Jahr wurden 110.000 Hektar Wald in Deutschland zerstört. Forstleute schlagen Alarm und fordern einen nationalen Krisengipfel.

Ein Drittel Deutschlands besteht aus Wald. Er liefert Holz, bietet Menschen und Tieren Schutz und Erholung und schluckt klimaschädliches Kohlendioxid. Doch Dürre, Brände, Stürme und Schädlinge setzen den Forsten immer stärker zu. 110.000 Hektar sind seit dem vergangenen Jahr verloren gegangen, heißt es bei der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW). In Deutschland gibt es rund 11 Millionen Hektar Wald.

Der Bund Deutscher Forstleute forderte am Mittwoch einen „nationalen Waldgipfel“ auf „höchster Ebene“. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) wird diesen Wunsch erfüllen. Im September soll es einen solchen Gipfel geben, hieß es im Ministerium. An diesem Donnerstag trifft sich Klöckner aber zunächst mit den Forstministern der unionsgeführten Länder-Agrarressorts in Moritzburg. Die Minister wollen sich vor Ort ein Bild machen und besuchen kranke, angegriffene Bäume in einem Waldstück bei Dresden. Dort wollen die Ländervertreter Klöckner eine „Moritzburger Erklärung“ übergeben. Diese enthält vor allem eines: die Forderung nach einem Masterplan für den Wald.

Klöckner hatte bereits kürzlich im Tagesspiegel-Interview skizziert, wie dieser aussehen soll. Sie will eine halbe Milliarde Euro in die Wiederaufforstung in Deutschland stecken. „Da geht es um mehrere Millionen Bäume“, hatte die Ministerin gesagt. Das Geld soll aus dem Klimafonds der Bundesregierung kommen.

Nach Meinung von Umweltschützern reicht ein einfaches Aufforsten aber nicht aus. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz fordert eine ökologischere Bewirtschaftung der Wälder, sonst drohe ein „Waldsterben 2.0“, warnt BUND-Chef Hubert Weiger. Das sieht man auch im Bundesumweltministerium so.

Mischwälder sind robuster

„Anfällige Fichtenwälder durch anfällige Fichtenwälder zu ersetzen, löst das Problem nicht“, sagte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth dem Fachdienst Tagesspiegel Background. Der Klimawandel mache es besonders nötig, auf widerstandsfähige Wälder zu setzen – und das seien Mischwälder. „Wir werden die deutsche Waldstrategie überarbeiten“, so Flasbarth. Mit rund 40 Prozent sei der Mischwaldanteil zu niedrig. Zudem soll es in Deutschland auch mehr Urwälder, also naturbelassene Waldflächen, geben. „Wir haben uns bislang fünf Prozent als Ziel gesetzt, das ist in etwa eine Verdoppelung im Vergleich zu heute“, sagt Flasbarth. Im öffentlichen Wald sollen es zehn Prozent sein.

Die Waldbesitzer sehen das anders. Laubbäume seien nicht per se die bessere Wahl, sagen sie, es komme immer auf den Standort an. Als klimaresistent hätten sich vor allem Douglasien, Küstentannen und Roteichen erwiesen. „Wir fordern zur Sicherung der Klimaleistung des Waldes kurzfristig ein schnelles, unbürokratisches Bundesprogramm zur Wiederbewaldung und Erstaufforstung“. sagte AGDW-Präsident Hans-Georg von der Marwitz am Mittwoch dem Tagesspiegel, „dies um verlorenen Wald zu retten und neuen Wald zu begründen“.

Auf 70 Millionen Kubikmeter Schadholz schätzen die Waldbesitzer ihre Verluste. Allein die Räumung koste 2,1 Milliarden Euro, für die Aufforstung sind ihrer Schätzung nach weitere 640 bis 660 Millionen Euro nötig. Von Bränden und Dürre ist vor allem Brandenburg betroffen, Probleme gibt es aber in ganz Deutschland. Die Dürre schwächt die Bäume. Sie können Stürmen und Schädlingen schlechter trotzen. Besonders der Borkenkäfer setzt dem Wald zu. Fichten können wegen der Trockenheit nicht genug Harz produzieren, um die Käfer abzuwehren.

Die Forsteigentümer wünschen sich aber auch eine gesellschaftliche Honorierung der Klimaleistung des Waldes. „Wenn wir künftig über eine CO2-Abgabe für Verursacher nachdenken, ist es nur folgerichtig, dass diejenigen, die CO2 speichern (wie der Wald), berücksichtigt werden“, sagte von der Marwitz, der auch CDU-Bundestagsabgeordneter ist. Der Wald schluckt jedes Jahr 58 Millionen Tonnen CO2, sechs Prozent der Emissionen der deutschen Volkswirtschaft.

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