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Muslime in den USA protestieren gegen die Hinrichtung des schiitischen Geistlichen al-Nimr in Saudi-Arabien.

© Rebecca Cook/Reuters

Saudi-Arabien und Iran: Das saudische Herrschaftsmodell ist ruiniert

Noch immer setzt der Westen auf Riad als Stabilitätsanker in Nahost. Dabei steckt das Land in einer existenziellen Krise. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andrea Dernbach

Die Hinrichtung von 47 Menschen zu Jahresbeginn in Saudi-Arabien ist brutal und mit großer Wahrscheinlichkeit nicht Ergebnis fairer Prozesse, aber auch keins eines starken Staats. Viel eher ließe sich ein Zeichen gefährlicher Schwäche der Herrscher sehen.

Das prominenteste Opfer des Schlachtens, der schiitische Geistliche al-Nimr, war vermutlich kein Gandhi, hetzte gegen das Regime und befürworte vor friedlichem Protest die Abtrennung ölreicher Gebiete vom saudischen Staatsgebiet. Sterben musste er aber wohl kaum als „Terrorist“ – Riad setzt da auf den Pawlowschen Reflex, den das Wort in westlichen Hauptstädten auslöst –, sondern weil ein Signal gegen den Erzrivalen Iran gesetzt werden sollte, der sich als Schutzmacht der Schiiten sieht.

Die Saudis fürchten kaum etwas mehr als Irans Rückkehr auf die internationale Bühne. Innen- wie außenpolitisch sind sie zudem unter Druck, weil vom wahhabitischen Eiszeit-Islam eine direkte Linie zu Al Qaida und dem IS führt, weil der Fall des Ölpreises - den sie selbst befördern, um die Fracking-Konkurrenz der USA auszuschalten - das saudische Herrschaftsmodell ruiniert und weil das Königshaus unfähig ist, Alternativen zu entwickeln.

Lahme Proteste und Rücksicht auf einen Hauptabnehmer seiner Rüstungsproduktion sind keine gute Reaktion Europas auf den Verfall des Hauses Saud.

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