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Politik: Sanktionen gegen Österreich: Ein moralisches Angebot - Schon vor Beginn des EU-Gipfels macht ein Stufenplan Furore

Wird von dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Feira bei Porto nun ein Signal für Österreich ausgehen? Es ist kaum vorstellbar, dass bei dem heute beginnenden Gipfel, der die Ergebnisse der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft bilanziert, ausgerechnet das Thema nicht zur Sprache kommt, das die Schlagzeilen beherrscht - die Sanktionen der 14 EU-Staaten gegen Österreich.

Wird von dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Feira bei Porto nun ein Signal für Österreich ausgehen? Es ist kaum vorstellbar, dass bei dem heute beginnenden Gipfel, der die Ergebnisse der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft bilanziert, ausgerechnet das Thema nicht zur Sprache kommt, das die Schlagzeilen beherrscht - die Sanktionen der 14 EU-Staaten gegen Österreich.

Allerdings spricht auch einiges dafür, dass Österreichs Regierungschef Wolfgang Schüssel seine EU-Kollegen nicht gerade beim heutigen Abendessen im "Palacio da Bolsa" in dem abgelegenen portugiesischen Gipfelort mit seinen Sorgen in puncto EU-Sanktionen behelligt. Auf der offiziellen Gipfel-Agenda findet sich der Streit um die Boykottmaßnahmen, bei denen es sich nach Brüsseler Lesart um bilaterale Sanktionen der 14 EU-Staaten handelt, ohnehin nicht. Seit Sonntag liegt der EU auch ein Stufenplan des portugiesischen Regierungschefs und amtierenden EU-Ratspräsidenten Antonio Guterres vor. Er will das strittige Thema bis Anfang kommenden Jahres gelöst sehen.

Wie es in Delegationskreisen hieß, sollte die diplomatische Isolierung Österreichs in drei Stufen aufgehoben werden: Noch bis zur Übernahme des EU-Vorsitzes durch Frankreich am 1. Juli soll ein Beobachtungsprozess beginnen. Im September sollen die Maßnahmen dann vorläufig ausgesetzt und Anfang 2001 unter schwedischer EU-Ratspräsidentschaft aufgehoben werden.

Reform steht im Mittelpunkt

Da beim Gipfel in Feira keine konkreten Entscheidungen anstehen, wird das Treffen vor allem eine Momentaufnahme zum Stand der Verhandlungen um die EU-Reform liefern. Die Einschränkung des nationalen Vetorechts, die Stimmengewichtung im Ministerrat und der künftige Zuschnitt der Brüsseler Kommission in einer erweiterten EU - diese drei "Überbleibsel" aus den EU-Verhandlungen von Amsterdam aus dem Jahr 1997 sollen erst zum Ende der französischen Ratspräsidentschaft im Dezember in Nizza abgehakt werden. Darüber hinaus drängen nun Berlin und Paris darauf, die "verstärkte Zusammenarbeit" in den EU-Verträgen festzuschreiben. Dabei geht es darum, dass künftig einzelne EU-Mitglieder auf dem Weg zur Integration weiter voranschreiten dürfen als andere. Bei der Währungsunion ist dieses Prinzip schon verwirklicht.

Auch wenn die portugiesische Ratspräsidentschaft schon zugesichert hat, die "verstärkte Zusammenarbeit" in den Katalog für die EU-Reform aufzunehmen, dürfte das von Deutschland und Frankreich vorangetriebene Projekt noch für erheblichen Zündstoff sorgen. So warnen der britische Regierungschef Blair und sein spanischer Amtskollege Aznar in einem Papier davor, dass es "in Europa Bürger zweiter Klasse" geben könnte.

Gerade um die Frage, ob sich innerhalb der EU das vom deutschen Außenminister Joschka Fischer in seiner Berliner Rede ins Spiel gebrachte "Gravitationszentrum" mit der Zustimmung aller 15 EU-Mitglieder herausbilden kann, dürfte es im kommenden Halbjahr bis zum Gipfel von Nizza noch einige Diskussionen geben. Denn nicht nur die Briten und Spanier, sondern auch die skandinavischen Länder sehen die Fischer-Vision mit Argwohn. Nach der Ansicht von Diplomaten ist ebenfalls noch heftig umstritten, in welchen Bereichen die Nationalstaaten künftig auf Veto-Rechte verzichten sollen und wo die Ministerräte künftig mit der Hilfe von Mehrheitsentscheidungen Politik machen dürfen. Kernbereiche der nationalen Souveränität wie die Verteidigungspolitik werden wohl auch weiterhin dem Veto aus den Hauptstädten unterliegen.

Dennoch wird der Gipfel von Feira gerade in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik die greifbarsten Ergebnisse präsentieren: Die Pläne zum Aufbau eigener europäischer Krisenreaktionskräfte ab dem Jahr 2003 sind mittlerweile schon weit gediehen. In Feira werden die Staats- und Regierungschefs bereits über Details wie die genaue Stärke der Schnellen Eingreiftruppe sprechen. Während der Kern der Eingreiftruppe 60 000 Mann umfassen soll, müssen die Europäer aber insgesamt 200 000 bis 220 000 Mann vorhalten, um den Einsatz der Truppe innerhalb von 60 Tagen zu gewährleisten. Deutschland soll dabei zwischen 12 000 und 20 000 Soldaten stellen. Auf besonderen Wunsch von Außenminister Fischer wird die Eingreiftruppe, die ursprünglich auf eine britisch-französische Initiative zurückgeht, auch über nicht-militärische Mittel verfügen. Nach den Dokumenten der portugiesischen Ratspräsidentschaft sollen mit der Euro-Truppe bis zum Jahr 2003 auch 5000 Polizisten mobilisiert werden können.

Trotz dieser nüchternen Materie, die die Staats- und Regierungschefs in Feira abarbeiten, wird es nicht an anschaulichen Bildern mangeln. Falls Österreichs Regierungschef Schüssel die EU-Sanktionen nicht von sich aus anspricht, dann wird dem einen oder anderen Gipfelteilnehmer möglicherweise ein Bus mit Jugendlichen aus allen 15 EU-Ländern ins Auge fallen. Sie fordern das Ende des EU-Boykotts: "Fairness für Österreich."

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