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Die „Sea-Watch 3“ westlich von Tripolis in internationalen Gewässern (Archiv)

© imago images / Rene Traut

Update

Salvini sperrt Seenotretter und Migranten aus: Anlegeverbot in Italien soll auch für „Sea Watch 3“ gelten

Italiens Innenminister will verhindern, dass vor Lampedusa wartende Migranten an Land gehen. Für zehn von ihnen macht er offenbar eine Ausnahme.

Erst am vergangenen Dienstag hat eine Gruppe von 97 Migranten, die zuvor im Mittelmeer gerettet worden waren, Malta erreicht. Die Mittelmeerinsel ist zum Brennpunkt der EU-Flüchtlingspolitik geworden, seit die italienische Regierung vor einem Jahr die Häfen für private Seenotretter sperren ließ.

Am Freitag fand nun ein Gipfel von sieben südeuropäischen EU-Ländern auf Malta statt, und dabei wurde vor allem eines deutlich: Das harte Vorgehen des italienischen Innenministers Matteo Salvini in den Flüchtlingspolitik spaltet auch die informelle Gruppe der „Med 7“, der Frankreich, Italien, Portugal, Spanien, Malta, Zypern und Griechenland angehören.

Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der italienische Premierminister Giuseppe Conte und die übrigen Gipfelteilnehmer ihre Differenzen mit allgemeinen Erklärungen über den Schutz der EU-Außengrenzen zu überdecken suchten, hat die EU angesichts der aktuellen Lage eines Schiffs der deutschen Hilfsorganisation „Sea Watch“ ganz konkreten Handlungsbedarf. Die „Sea Watch 3“ liegt 15 Kilometer vor der italienischen Insel Lampedusa in internationalen Gewässern.

Hilfsorganisationen drohen hohe Geldstrafen

Nach dem Willen von Salvini soll das Anlegeverbot für Seenotretter auch für das Schiff gelten, das am Mittwoch 53 Migranten vor der libyschen Küste geborgen hatte. „Ich habe gerade das Einreise-, Durchreise- und Stoppverbot für das Sea Watch 3-Schiff in italienischen Gewässern gemäß dem neuen Sicherheitsdekret unterzeichnet“, twitterte der Innenminister am Samstag.

Am Nachmittag teilte das italienische Innenministerium jedoch mit, dass zehn der geretteten Migranten in Italien an Land gehen könnten. Innenminister Matteo Salvini habe eine entsprechende Erlaubnis gegeben. Es handele sich unter anderem um drei Minderjährige, zwei Schwangere und zwei kranke Männer. Die „Sea Watch 3“ darf jedoch weiterhin keinen italienischen Hafen anlaufen. Früher am Samstag hatte die Küstenwache nach Angaben von Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer an Bord eine medizinische Kontrolle durchgeführt.

Laut dem in dieser Woche verabschiedeten Dekret drohen Hilfsorganisationen, die Migranten aus dem Mittelmeer retten, hohe Geldstrafen. Am Freitag hatte bei einem Kongress der Initiative „Seebrücke“ in Berlin Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher (CDU) die Aufnahme der 53 Migranten von der "Sea Watch 3" angekündigt. In der Sache entscheidet jedoch der Bund.

Aktivisten der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch retten Migranten vor der libyschen Küste.
Aktivisten der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch retten Migranten vor der libyschen Küste.

© dpa

Salvini erhielt derweil beim Gipfel der Südeuropäer auf Malta Schützenhilfe von Regierungschef Conte. Der parteilose Politiker bezeichnete es als „frustrierend“, dass die EU-Partner in der Flüchtlingspolitik von Solidarität sprächen, ohne aber tatsächlich danach zu handeln. Italien erwartet von den EU-Partnern eine größere Kraftanstrengung bei der Aufnahme von Migranten. Allerdings lässt eine Reform des so genannten Dublin-Systems, dem zufolge Flüchtlinge ihre Asylverfahren in Erstankunftsstaaten wie Italien durchlaufen müssen, in der Gemeinschaft weiter auf sich warten.

Deutlicher Rückgang bei Flüchtlingszahlen

Insgesamt sind die Zahlen der Migranten, die über das Mittelmeer Richtung EU kommen, zuletzt deutlich zurückgegangen. Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex wurden in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nur noch 32 400 illegale Grenzübertritte an den EU-Außengrenzen registriert. Das entspricht einem Rückgang um 31 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Besonders auffällig sind die niedrigeren Flüchtlingszahlen auf der zentralen Mittelmeerroute, wo inzwischen die libysche Küstenwache Flüchtlingsboote systematisch abfängt. Bei ihrem Gipfel auf Malta erklärte die Südeuropäer, dass sich sämtliche Schiffe im Mittelmeer an das internationale Recht halten müssten und die Arbeit der libyschen Küstenwache nicht behindert werden dürfe. Die Formulierung zielt auf die Seenotretter. Allerdings kritisieren Menschenrechtsorganisationen, dass den Migranten im Bürgerkriegsland Libyen Internierung und Folter drohen. (mit dpa)

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