© REUTERS/Hannibal Hanschke
Sachsen
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Tausende demonstrieren in Chemnitz – so verlief der Abend
11.09.2018, 12:37 Uhr
Sebastian Leber
Max Kuball
Marius Mestermann
Anne Armbrecht
Bei den Demonstrationen in Chemnitz kam es Beobachtern zufolge zu mehreren Konfrontationen. Unterstützer von "Pro Chemnitz" schlossen sich den AfD- und Pegida-Anhängern an. Die Chronologie der Ereignisse.
- Am späten Samstagnachmittag haben in Chemnitz Tausende Menschen an einem "Schweigemarsch" teilgenommen, zu dem AfD und Pegida aufgerufen hatten.
- Zuvor hatten sich Schätzungen zufolge etwa 3500 Menschen an Demonstrationen unter dem Motto „Herz statt Hetze“ beteiligt.
- Nach einer Kundgebung des rechtspopulistischen Bündnisses "Pro Chemnitz" stießen dessen Anhänger zur rechten Demo.
- Gegen Abend häuften sich Berichte über zunehmende Auseinandersetzungen, die Route wurde blockiert. Nach einem Viertel der Wegstrecke wurde der "Schweigemarsch" schließlich durch die Polizei abgebrochen.
- Der Heimweg verlief für die meisten Teilnehmenden friedlich, meldete die Polizei. Ein SPD-Abgeordneter berichtet jedoch von körperlichen Angriffen auf seine Begleiter.
Die Ereignisse zum Nachlesen im Newsblog:
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AfD-Rechtsaußen Björn Höcke hatte sich einen gesitteten Aufzug gewünscht – um zu demonstrieren, dass hier keine Radikalen durch die Innenstadt ziehen. Wie es wirklich war, berichtet unser Reporter Sebastian Leber aus Chemnitz:
Der angekündigte Schweigemarsch kommt nur ein paar hundert Meter weit, dann zeigt die Menge ihr anderes, weniger harmloses Gesicht: Polizisten werden bespuckt, Journalisten mit dem Tod bedroht, auch Hitlergrüße werden wieder gezeigt. Mehrfach versuchen Rechte, Polizeiketten zu durchbrechen, jedoch erfolglos. Genau diese Bilder wollte AfD-Rechtsaußen Björn Höcke eigentlich vermeiden.
Tagesspiegel | Sebastian Leber
8000 Demonstranten - Polizei fährt Wasserwerfer auf, aber es bleibt überwiegend friedlich Schätzungen zufolge waren heute circa 8000 Demonstranten auf den Straßen von Chemnitz unterwegs. Etwa 4500 liefen mit AfD, Pegida und "Pro Chemnitz", 3500 versammelten sich für die Gegendemos. Die Rechten sind auf ihrem "Trauermarsch" dabei nicht weit gekommen: Die Polizei brach ihre Veranstaltung nach einem Viertel des ursprünglich geplanten zurückgelegten Weges ab. Das sorgte für erhitzte Gemüter, auch Wasserwerfer bot die Polizei auf. Abgesehen von einigen Scharmützeln, die sich zwischen Gruppen beider Lager in den Nebenstraßen der Innenstadt abspielten und bei denen Gegenstände flogen, blieb es aber überwiegend ruhig. Vereinzelt kam es zu Übergriffen auf Journalisten. Dabei wurde unter anderen ein Kameramann des MDR verletzt. Der Sender stellte Anzeige.
Inzwischen sind alle Veranstaltungen von heute aufgelöst und die Leute auf dem Weg nach Hause. Offiziell weiter geht es am Montag mit den nächsten Veranstaltungen - unter anderem einem Konzert gegen Rechts , mit Bands wie Kraftklub, Feine Sahne Fischfilet, den Toten Hosen und Marteria.
Das war es erstmal... ... mit dem Newsblog aus und über Chemnitz. Die Polizei sagt, sie habe die Lage im Griff, will aber weiter auf den Straßen der Stadt präsent sein. Unser Reporter ist zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt, rechnet aber damit, dass noch vereinzelte Gruppen unterwegs sind, denen man nachts vielleicht eher nicht alleine begegnen möchte.
Damit verabschieden wir uns für heute Abend und wünschen Ihnen eine gute Nacht. Morgen früh begrüßen wir Sie dann wieder auf tagesspiegel.de mit den wichtigsten Nachrichten aus Deutschland und aller Welt. Bis dahin!
"Wir haben die Lage voll im Griff" Nach dem Ende der Demonstrationen in Chemnitz haben nach Angaben der Polizei viele Teilnehmer die Heimreise angetreten. Der überwiegende Teil verhalte sich friedlich, es habe aber auch vereinzelte Scharmützel zwischen den beiden Lagern gegeben. „Wir haben die Lage aber voll im Griff“, sagte ein Polizeisprecher. Auch die abgebrochene Demonstration der Rechten hat sich mittlerweile aufgelöst. Mehr als 100 Teilnehmer aus diesem Kreis hatten sich unter den Rufen „Wir sind das Volk“ nach Angaben von Augenzeugen aber zu einer Spontandemonstration zum Tatort aufgemacht, wo vor knapp einer Woche ein 35-Jähriger Opfer einer tödlichen Messerattacke geworden war. (dpa)
Die Polizei ist auch nach Sonnenuntergang noch auf den Straßen von Chemnitz präsent
Bild:
AFP/John MacDougall
Die Polizei bleibt weiter präsent
Bild:
reuters
Heiko Maas begrüßt die Gegendemo Der Bundesaußenminister hat die Gegenkundgebung gegen die AfD-Demonstration im Chemnitz begrüßt. Er sei froh, dass es viele aufrechte Demokraten gebe, die Farbe bekennen würden, sagt er am Rande einer SPD-Veranstaltung in Wolfratshausen. "Die deutlich machen, dass die große Mehrheit der Deutschen in einem weltoffenen, toleranten Land leben will. Und diejenigen, die da anders auffallen, eine Minderheit sind, die vielleich lauter ist, als man sich das wünschen kann. Aber dann muss einfach der Chor der Anständigen lauter werden, als das bisher der Fall ist."
(dpa)
Es scheint sich etwas zu beruhigen Einige der Demonstranten verstreuen sich in verschiedene Richtungen. Aber noch längst nicht alle wollen hier Feierabend machen.
Die Taktik der Polizei scheint aufzugehen Die Rechten lassen sich Richtung Norden lenken, niemand wird vorgelassen.
Der Marsch der Rechten löst sich weiter nicht auf Im Gegenteil. Einige hundert versuchen, weiter vorwärts zu kommen. Die Polizei hat drei Wasserwerfer aufgefahren, berichtet unser Reporter Sebastian Leber. Einige Dutzend Vermummte sind an den Wasserwerfern vorbeigekommen und versuchen nun, Richtung der Gegendemonstranten durchzukommen. Die Polizei bleibt bislang aber ruhig, und versucht weiter, die Lager auseinander zu halten.
Hutbürger bei rechter Demo in Chemnitz
Bild:
dpa/Ralf Hirschberger
Pure Vereinnahmung
Reporter Sebastian Leber über den Tatort und die Rechten
Der Marsch ist inzwischen an der Stelle angekommen,
wo der 35-jährige Daniel Hillig am vergangenen Sonntag erstochen wurde . Blumen und Kerzen stehen dort zum Gedenken. Auch ein Freund des Opfers kniet dort seit Stunden, wie unser Reporter Sebastian Leber berichtet. Menschen aus dem Kreis der Rechten sind an ihn herangetreten, legen ihm die Händee auf die Schultern, versuchen ihn zu umarmen, machen Fotos mit dem Freund. "es ist die totale Vereinnahmung", sagt Sebastian Leber.
Polizisten am Rande der rechten Demo in Chemnitz
Bild:
dpa/Ralf Hirschberger
Der Marsch der Rechten stockt weiter Einige hundert jungen Rechten dauert das offenbar alles zu lange, berichtet Reporter Sebastian Leber. Sie sind jetzt ausgeschert und gehen auf die Gegendemonstranten los. Die Polizei geht hinterher, versucht, dazwischen zu gehen. Der Marsch ist jetzt etwa auf Höhe des Tatorts, wo vergangenen Sonntag ein 35-jähriger Mann erstochen wurde.
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