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Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) diskutiert im August 2015 in Heidenau mit "besorgten Bürgern".

© Arno Burgi/dpa

Sachsen-CDU und die AfD: Gegenwind für Tillich: "Wie willst du rechts von denen ankommen?"

Streit über den AfD-Wahlerfolg in Sachsen: Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf sieht seinen Nachfolger Stanislaw Tillich als gescheitert an. Ihm fehle für das Amt die Vorbildung.

Von Matthias Meisner

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) bekommt für seine Forderung nach einem Rechtsruck der Partei massiven Gegenwind aus den eigenen Reihen. Sowohl Kurt Biedenkopf, der von 1990 bis 2002 Regierungschef im Freistaat war, als auch der thüringische CDU-Fraktionschef Mike Mohring attackierten Tillich. Biedenkopf hält den Versuch Tillichs für vergebens. Im Landtag säßen bereits AfD-Abgeordnete. "Wie willst du rechts von denen ankommen? Jetzt ist es zu spät", sagte Biedenkopf. Mohring sieht eine Chance für die CDU bei "Aufstellung als stärkste Kraft in einer neu austarierten Mitte".

Das Verhältnis zwischen Biedenkopf und Tillich gilt seit längerer Zeit als angespannt. Sein Interview in der neuen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" deutet auf einen offenen Bruch hin. Biedenkopf gibt darin Tillich die Schuld am schlechten Abschneiden der Union in Sachsen. "Ich sorge mich um mein Lebenswerk", sagte der 87-Jährige in Anbetracht des AfD-Triumphs bei der Bundestagswahl. In Sachsen war die AfD dort mit 27 Prozent der Zweistimmen stärkste Partei geworden, knapp gefolgt von der CDU (26,9 Prozent). Biedenkopf selbst hatte im Jahr 2000 erklärt, die Sachsen seien immun gegen Rechtsextremismus.

Für sein Amt fehle Regierungschef Tillich die "Vorbildung", sagte Biedenkopf. Tillich sei für das Amt ursprünglich nicht vorgesehen gewesen: "Er hat das nie gelernt.". Ein Ministerpräsident dürfe nicht scheu sein, wenn es um Entscheidungen gehe. "Er lebt ein bisschen in einer anderen Welt, ist primär interessiert an Kompromissen", sagte Biedenkopf über Tillich, "ein Ministerpräsident ist aber etwas anderes als ein Präsident".  

Sachsens früherer Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, Gattin Ingrid.
Sachsens früherer Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, Gattin Ingrid.

© Peter Müller/Reuters

Die Sachsen "sind mit ihrer Regierung unzufrieden", erklärte der langjährige Ministerpräsident, der im Freistaat drei Mal die absolute Mehrheit für die CDU holte. "Sie können es nicht vertragen, wenn sie das Gefühl haben, nicht gut regiert zu werden", sagte er. "Wenn die Polizeiausstattung fehlt, wenn die Sicherheit an den Grenzen nicht funktioniert, wenn die Lehrer nicht ausreichen, fühlen sich die Menschen unsicher." Nun werde es schwierig sein, die Leute zurückzugewinnen. "Jetzt an die Bevölkerung zu appellieren, wieder CDU zu wählen, wäre wohl wirkungslos", sagt der Politiker. "Da macht man sich lächerlich. Die CDU regiert seit 27 Jahren." 

"De Maizière soll Ministerpräsident werden"

Als Tillich-Nachfolger würde sich Biedenkopf den bisherigen Bundesinnenminister und ehemaligen sächsischen Landesminister Thomas de Maizière wünschen. "Ich würde mich natürlich freuen, ihn noch einmal in Sachsen zu sehen", sagt Biedenkopf. Aber: "Thomas de Maizière hat eine Bombenstellung in Berlin, und wenn er nicht sich selbst sagt, dass er jetzt über 60 ist und noch mal eine Altersbeschäftigung in Sachsen sucht – dann kommt er auch nicht nach Dresden." Über eine mögliche Ablösung von De Maizière als Bundesinnenminister wird allerdings bereits seit Wochen spekuliert.

Thüringens CDU-Chef Mike Mohring begründete seine Kritik an Tillichs Rechtsruck-Forderung mit den Worten, der AfD-Einzug in den Bundestag sorge für eine völlig veränderte Parteienlandschaft, weil die Linkspartei und die AfD nun die politischen Ränder auch im Parlament abbildeten. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters sagte er: "Unsere Aufgabe ist es, sich nach links und rechts klar abzugrenzen. Es geht also nicht um einen Links- und Rechtsruck, der nun nötig wäre." Die Abgrenzung helfe der CDU. "Die Unionsparteien sollen und brauchen nicht die Positionen der AfD zu übernehmen und sich auch nicht auf einen Überbietungswettbewerb einlassen. Die Rückkehr ins Nationale ist keine vernünftige Position, die Christdemokraten einnehmen sollten", warnte Mohring.

Tillich hatte am Wochenende im Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel nach dem AfD-Erfolg am 24. September attackiert. Er sagte, Merkels Flüchtlingspolitik sei für das starke Abschneiden der AfD mitverantwortlich. Die Union müsse wieder Recht und Ordnung durchsetzen. "Die Leute wollen, dass Deutschland Deutschland bleibt. Sie wollen keine Parallelgesellschaften und keinen Anstieg der Kriminalität. Sie wollen nicht, dass religiöse oder politische Auseinandersetzungen unter Flüchtlingen hier ausgetragen werden." Unterstützt worden war Tillich von seinem Amtskollegen in Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff. Er meinte, Deutschland könne nicht unbegrenzt Flüchtlinge integrieren.

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