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Ist dieser Mann körperlich krank? Russlands Präsident Putin soll unbestätigten Berichten zufolge an Krebs leiden.

© Alexander Nemenov/Pool AFP/AP/dpa

Russlands Präsident soll Krebs-OP gehabt haben: US-Geheimdienste sprechen von schwerer Erkrankung Putins

Erneut gibt es Berichte, wonach der 69-Jährige schwer krank sei. US-Geheimdienstmitarbeiter gehen von Krebs aus – und von einem vereitelten Attentat.

Das Gerücht hält sich hartnäckig – und wurde im Verlauf des Ukraine-Krieges stetig neu angeheizt: Der russische Präsident Wladimir Putin soll schwer erkrankt sein. Mal ist die Rede von Parkinson, mal von Demenz. Und immer mal von Krebs. Seit diesem Frühjahr häufen sich derlei Meldungen, stets dienen hierzu vermeintliche Informationen aus Geheimdienstkreisen als Grundlage.

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So auch dieser Tage: Erst berichtete der britische „Mirror“ am vergangenen Samstag unter Berufung auf einen Agenten des russischen Geheimdienstes FSB von einem fortgeschrittenen Krebsleiden, schwindendem Augenlicht und einer Lebenserwartung von maximal drei Jahren.

Nun schreibt das amerikanische Magazin „Newsweek“ unter Verweis auf ein US-Geheimdienstdossier, Putin sei im April in einer Spezialklinik behandelt worden. Der Grund: eine „fortgeschrittene Krebserkrankung“. Demnach soll sich der Kreml-Chef allerdings wieder erholt haben.

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Zugleich betonen drei hochrangige US-Quellen in dem „Newsweek“-Bericht, Putins verstärkte Abschottung erschwere genaue Einschätzungen zu dessen gesundheitlicher Verfassung. Im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat sich Putin nur noch mit wenigen ausländischen Funktionären und Politikern getroffen. Somit sei „eine der besten Informationsquellen, der Kontakt mit Außenstehenden, weitgehend versiegt“, wird einer der Hinweisgeber zitiert.

Aufnahmen wie diese aus dem März vom russischen Präsidenten Putin heizen Spekulationen um dessen Gesundheitszustand an.
Aufnahmen wie diese aus dem März vom russischen Präsidenten Putin heizen Spekulationen um dessen Gesundheitszustand an.

© Russian Presidential Press Service/AP/dpa

Die Informanten für den „Newsweek“-Artikel sollen im Militärgeheimdienst DIA sowie im Auslandsgeheimdienst NSA tätig sein, der dritte Mann sei ein pensionierter ranghoher Luftwaffenoffizier. Bei dem genannten Dossier handelt es sich dem Bericht zufolge um die bereits vierte umfassende Einschätzung der US-Geheimdienste zu Putin. Anfang Oktober wird der russische Staatschef 70 Jahre alt.

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Berichte wie von „Newsweek“ oder „Mirror“ sind aufgrund der nebulösen Quellenlage nicht seriös verifizierbar, weshalb der Verdacht der Propaganda von westlicher Seite nicht vollends ausgeräumt werden kann.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats (NSC) der USA, Adrienne Watson, gegenüber „Newsweek“ sagte: „Berichte, dass solche Einschätzungen der Geheimdienste existieren oder dass sie dem Präsidenten mitgeteilt wurden, sind nicht wahr.“ Auch dies ist vorerst nicht belegbar und kann als Teil einer diplomatischen Agenda interpretiert werden.

Akribische Analyse von Gesten und Verhaltensweisen

Ungeachtet dessen räumen auch die bei „Newsweek“ zitierten Quellen ein, dass US-Geheimdienste bereits zu historischen Fehleinschätzungen gekommen seien, etwa mit Blick auf den einstigen irakischen Machthaber Saddam Hussein oder auf den Ex-al-Qaida-Führer Osama bin Laden. Zugleich gewähren sie Einblick in nachrichtendienstliche Denkweisen, wie nun in der Causa Putin.

So würden Gesten und Verhaltensweisen des Kreml-Chefs genau analysiert. Demnach habe Anfang Februar, also deutlich vor Beginn der russischen Ukraine-Invasion, auch der Besuch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine besondere Rolle gespielt. „Es gab kein Händeschütteln, keine herzliche Umarmung, und das haben wir bemerkt“, erklärt einer der „Newsweek“-Informanten.

Beim Besuch von Verteidigungsminister Schoigu klammerte sich Putin ans Mobiliar.
Beim Besuch von Verteidigungsminister Schoigu klammerte sich Putin ans Mobiliar.

© IMAGO/Russian Presidential Press and Information Office/TASS

Fand die Macron-Visite noch am berüchtigten langen Tisch im Kreml statt, empfing Putin dann Ende April seinen Verteidigungsminister Sergej Schoigu an einem kleinen Tisch – und klammerte sich durchgehend daran fest. Das Video der Szene ging um die Welt.

Auch dies sei entsprechend analysiert worden, ebenso wie Putins Auftreten zum „Tag des Sieges“ am 9. Mai. Damals erschien der 69-Jährige im Gesicht aufgedunsener als zuvor und saß zeitweilig zusammengesunken da. Für US-Geheimdienste seien all jene Beobachtungen Anzeichen für eine ernste gesundheitliche Lage, heißt es in dem Bericht.

Schon Anfang April hatte die russische Investigativplattform „Proekt“ behauptet, Putin sei krebskrank. In dem Bericht schreibt die Vereinigung von einem Schilddrüsentumor sowie davon, dass der Staatschef stets von mehreren Medizinern und medizinischem Personal begleitet werde.

Russland weist Gerüchte über Putin entschieden zurück

Die Spekulationen um einen sich verschlechternden Gesundheitszustand des russischen Staatsoberhaupts zwangen zuletzt auch den Kreml zu einer Reaktion. Das jüngste Dementi datiert von Ende Mai: „Ich glaube nicht, dass vernünftige Menschen in dieser Person Anzeichen für irgendeine Art von Krankheit oder Gebrechen sehen können“, sagte Außenminister Sergej Lawrow dem französischen Fernsehsender TF1 und verwies darauf, dass Putin „jeden Tag“ öffentlich in Erscheinung trete.

In der Tat hat der Präsident die Zahl seiner Aktivitäten – Telefonate, Videokonferenzen, innenpolitische PR-Besuche – in der jüngeren Vergangenheit merklich erhöht; was durchaus zu der Theorie einer Erholung nach überstandener medizinischer Behandlung und weniger zu der eines kaum belastbaren Schwerkranken passen würde.

Ende Mai besuchte Putin russische Ukraine-Veteranen in einer Moskauer Klinik.
Ende Mai besuchte Putin russische Ukraine-Veteranen in einer Moskauer Klinik.

© Mikhail Metzel / SPUTNIK / AFP

Zugleich werteten US-Geheimdienste das Lawrow-Dementi auch als „Diagnose, auf die man hören sollte“, sagte einer der „Newsweek“-Informanten. Demnach gingen die Behörden unverändert davon aus, dass Putin weiterhin gesundheitlich „herausgefordert“ sei.

„Warten auf Putins Tod sollte proaktives Handeln nicht bestimmen“

„Putins Einfluss ist stark, aber nicht mehr absolut“, sagt einer der beiden weiteren US-Beamten. Dies sei auch für den Kriegsverlauf in der Ukraine bedeutsam, da Russlands Staatschef womöglich weniger durchsetzungsstark sein könnte: „Ein geschwächter Putin – ein offensichtlich schwacher werdender Führer – hat weniger Einfluss auf seine Berater und Untergebenen“, sagte einer der Informanten.

[Alles Wichtige zum Krieg in der Ukraine lesen Sie hier in unserem Newsblog.]

Und wie steht es nun gesundheitlich um den russischen Präsidenten? „Putin ist definitiv krank“, wird der ehemalige US-Luftwaffenoffizier zitiert. „Aber wir sollten nicht zulassen, dass das Warten auf seinen Tod unser proaktives Handeln bestimmt.“

Zugleich behaupten alle drei Quellen, dass Putin mit Blick auf seine Machtposition zunehmend paranoid sei. Dem Bericht zufolge hätte der Sicherheitsdienst des Kremls im März – also vor der in dem Bericht behaupteten Krebs-Operation – ein Attentat auf Putin verhindert. Allerdings ist auch dies nicht belegt.

Glaubt man den Angaben der zitierten US-Geheimdienstler, so rumort es innerhalb des russischen Staatsapparates. Auch der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Generalmajor Kyrylo Budanow, hatte Mitte Mai – allerdings ohne Angaben von Belegen und somit wahrscheinlich zugunsten der eigenen Kriegspropaganda – behauptet, dass ein Putsch im Gang sei. Ähnlich sehen es wohl die US-Nachrichtendienste: „Das Gerangel innerhalb des Kremls war während seiner Herrschaft noch nie so intensiv, und jeder spürt, dass das Ende nahe ist“, heißt es auch in dem „Newsweek“-Bericht.

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