zum Hauptinhalt
Pro-russische Soldaten kontrollieren die Evakuierungsaktion rund um das Stahlwerk Mariupol.

© Alexander Ermochenko/REUTERS

Update

Russland intensiviert offenbar Angriffe auf Odessa: Ukraine erklärt alle Frauen, Kinder und Ältere aus Stahlwerk Mariupol für gerettet

Odessa ist nach ukrainischen Angaben von mehreren Raketen getroffen worden. In Mariupol ging eine große Evakuierungsaktion um das belagerte Stahlwerk zu Ende.

Begleitet von Sorgen vor einer möglichen Ausweitung des russischen Angriffskriegs ist in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol die groß angelegte Evakuierungsaktion zu Ende gegangen.

[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen.]

Mit internationaler Hilfe wurden nach ukrainischen Angaben am Samstag die letzten Zivilisten gerettet, die unter katastrophalen Bedingungen auf dem Gelände des Stahlwerks Azovstal eingeschlossen waren.

Russlands Armee hatte dafür eine vorübergehende Feuerpause versprochen - griff in anderen Teilen der Südukraine aber offensichtlich weiter mit großer Härte an.

Kiew bereitete sich derweil auf einen Solidaritätsbesuch von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) am Sonntag vor. Auch Kanzler Olaf Scholz ist in die ukrainische Hauptstadt eingeladen - doch ob und wann er kommen will, ist weiter unklar.

Aus dem von russischen Truppen belagerten Stahlwerk des Konzerns Azovstal in Mariupol wurden nach Angaben der ukrainischen Regierung alle Frauen, Kinder und ältere Menschen herausgeholt. Dies teilte die stellvertretende Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Samstag mit. In dem Industriekomplex, in dem sich auch ukrainische Soldaten verschanzen, hatten zahlreiche Zivilisten Schutz gesucht.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Aus dem russischen Verteidigungsministerium hieß es am Abend, seit vergangenem Donnerstag seien insgesamt 51 Menschen aus Azovstal gerettet worden - damit sei die Evakuierung aller Zivilisten abgeschlossen. Am Samstag sei nur noch ein einziger Mensch übrig gewesen, der nun auch in Sicherheit sei.

Die Ukraine hatte zuletzt immer wieder angegeben, es hätten sich noch rund 200 Zivilisten im Werk aufgehalten. Zudem sollen auch jetzt noch in anderen Teilen Mariupols, wo vor dem Krieg mehr als 400.000 Menschen lebten, weitere Menschen ausharren.

Die jüngste Evakuierungsmission kam mit Hilfe der Vereinten Nationen und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zustande. Russlands Militär hatte dafür seit Donnerstag jeden Tag mehrstündige Feuerpausen in der völlig zerstörten Stadt am Asowschen Meer zugesichert. Die letzte sollte am Samstagabend enden.

Beobachter gehen davon aus, dass der Kreml Azovstal so schnell wie möglich einnehmen will, um am kommenden Montag - dem 77. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland - die Eroberung Mariupols verkünden zu können.

Ein Mädchen schaut durch das Busfenster, während Zivilisten, die aus dem Stahlwerk Azovstal in Mariupol evakuiert wurden, in einem provisorischen Unterkunftszentrum im Dorf Bezimenne ankommen.
Ein Mädchen schaut durch das Busfenster, während Zivilisten, die aus dem Stahlwerk Azovstal in Mariupol evakuiert wurden, in einem provisorischen Unterkunftszentrum im Dorf Bezimenne ankommen.

© REUTERS/Alexander Ermochenko

Sollte nun auch das Stahlwerk fallen, hätten die Russen die strategisch wichtige Hafenstadt gänzlich eingenommen, was für Moskau ein wichtiger militärischer Erfolg wäre. Bislang steht mit Cherson lediglich eine bedeutende ukrainische Stadt völlig unter russischer Kontrolle. Erklärtes Ziel Moskaus ist die Herstellung einer Landverbindung zur annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie die vollständige Einnahme der ostukrainischen Regionen Luhansk und Donezk.

Neue Raketenangriffe auf Odessa

In einer anderen südukrainischen Region gingen Russlands Angriffe schon jetzt mit großer Härte weiter. Auf die Hafenstadt Odessa wurden ukrainischen Angaben zufolge mindestens vier russische Raketen abgefeuert. Örtliche Medien zeigten dicke schwarze Rauchwolken über dem Stadtgebiet. Berichten zufolge soll ein Militärflugplatz getroffen worden sein. Die Behörden machten zunächst keine Angaben zu möglichen Opfern. Von russischer Seite gab es am Nachmittag erst einmal keine Bestätigung.

Eine schwarze Rauchwolke steigt nach Explosionen in Odessa auf.
Eine schwarze Rauchwolke steigt nach Explosionen in Odessa auf.

© via REUTERS/Instagram/@pigra_will_tell

Explosionen - teils von der Luftabwehr - wurden auch aus dem benachbarten Gebiet Mykolajiw, dem zentralukrainischen Poltawa und dem westukrainischen Chmelnyzkyj gemeldet. Bei einem Angriff auf das grenznahe nordostukrainische Gebiet Sumy sei bei einem Luftangriff mindestens ein Mensch verletzt worden.

Ukraine meldet Abschuss von russischem Landungsboot

In der Schwarzmeer-Region beanspruchte das ukrainische Militär einen Erfolg für sich: „In den Gewässern des Schwarzen Meeres wurde ein feindliches Landungsboot vom Typ „Serna“ vernichtet“, teilte der Pressechef der Militärverwaltung von Odessa, Serhij Bratschuk, auf seinem Telegram-Kanal mit.

Dazu veröffentlichte er ein Video, das den Beschuss des Schiffs mit einer Drohne zeigen soll. Ob die Aufnahmen echt sind, konnte allerdings nicht überprüft werden.

Das Schiff soll den ukrainischen Angaben zufolge nahe der Schlangeninsel versenkt worden sein. Ukrainische Journalisten hatten am Vortag davon berichtet, dass in diesem Gebiet eine russische Fregatte beschossen worden und in Brand geraten sein soll - was allerdings weder aus Kiew noch aus Moskau offiziell bestätigt wurde.

Unklar war zunächst auch, ob die Berichte vom Freitag und vom Samstag sich tatsächlich auf zwei verschiedene russische Wasserfahrzeuge bezogen oder ob möglicherweise dasselbe gemeint sein könnte.

Solidarität mit Ukraine: Bundestagspräsidentin Bas in Kiew erwartet

Auf ukrainische Einladung hin reist am Sonntag Bundestagspräsidentin Bärbel Bas nach Kiew. Sie könnte dort möglicherweise auch Präsident Wolodymyr Selenskyj treffen. Bas' Besuch fällt zusammen mit dem 77. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa.

In einem Interview des SWR sagte die SPD-Politikerin: „Und natürlich ist es auch mein Wunsch, dass wir die Parallelen dieses Krieges von damals ins Heute ziehen, also dass Krieg nur Verlierer kennt und dass wir zu einer Waffenruhe kommen müssen und die Eskalation vermeiden.“

Mehr zum Ukraine-Krieg auf Tagesspiegel Plus:

Ebenfalls am Sonntag plant Bundeskanzler Olaf Scholz eine Fernsehansprache zum Krieg in der Ukraine, die am Abend übertragen werden soll. Ob und wann der Kanzler, den Selenskyj für den 9. Mai eingeladen hat, in die ukrainische Hauptstadt reisen will, blieb weiter offen.

Zwischen Kiew und Berlin hatte es wochenlang Verstimmungen gegeben, weil ein Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Ukraine zwischenzeitlich nicht erwünscht war. Steinmeier und Selenskyj räumten die Irritationen in der vergangenen Woche in einem Telefonat aus.

Göring-Eckardt: Moldau braucht europäische Perspektive

Sorge vor einer Ausweitung des russischen Kriegs hat auch die kleine Ex-Sowjetrepublik Moldau - ein Nachbarland der Ukraine. Bei einem Besuch in Moldaus Hauptstadt Chisinau betonte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt die Bedeutung einer EU-Beitrittsperspektive.

Moldau brauche schnelle Hilfe, sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit der moldauischen Ministerpräsidentin Natalia Gavrilita der Deutschen Presse-Agentur. „Die Stabilität von Moldau ist ganz zentral für den Konflikt, den wir gerade in Europa erleben.“

In der von Moldau abtrünnigen Region Transnistrien melden prorussische Separatisten seit einigen Wochen immer wieder angebliche Anschläge - zuletzt soll es in der Nacht zum Samstag Explosionen gegeben haben. Moldauische und auch ukrainische Beobachter hingegen beschuldigen Russland, das in Transnistrien Soldaten stationiert hat, dort gezielt zu provozieren, um die Lage zu destabilisieren. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false