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US-Präsident Donald Trump am Mittwoch im Weißen Haus bei einer Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Stoltenberg.

© Andrew Harnik/AP/dpa

Russland, China, Nato: Trump wirkt plötzlich wie bekehrt

Außenpolitische Wende nach gut 70 Tagen im Amt: Jetzt ist Russland ein Gegner, China ein Partner und die Nato nicht mehr "obsolet". Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Liegt es an der Karwoche und der nahenden Auferstehung? Donald Trump wirkt plötzlich wie bekehrt - bekehrt zu den langfristigen Linien amerikanischer Außenpolitik. Die hatte er im Wahlkampf noch ignoriert. In den zentralen geostrategischen Fragen vollziert der US-Präsident in diesen Tagen eine Wende, von Russland über China bis zur Nato.

Im Wahlkampf diente ihm China als der große Sündenbock, in Handelsfragen ebenso wie im Umgang mit dessen Nachbarn in Asien. Trump versprach bessere Beziehungen zu Russland. Die Nato erklärte er für "obsolet".

Nun, nach gut 70 Tagen im Amt, hat sich sein Weltbild nahezu komplett gedreht. Die Nato sei das Rückgrat amerikanischer Bündnispolitik, sagt er beim Besuch des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg im Weißen Haus. Russland ist wieder ein Gegner. Trump macht Wladimir Putin "zum Teil verantwortlich" für den Giftgaseinsatz in Syrien, nennt dessen Verbündeten Baschar al-Assad "ein Tier" und sagt, das Verhältnis zu Moskau sei "auf einem Allzeittief". Die Bilder vom frostigen Besuch seines Außenministers Rex Tillerson im Kreml belegen die Einschätzung.

Die Vorwürfe gegen China sind vom Tisch

China hingegen ist für Trump jetzt ein Partner. Er umwirbt Peking als Schlüssel zur Lösung des Konflikts um Nordkoreas Atomraketen. Die chinesischen Exportüberschüsse im USA-Handel sind zwar nicht verschwunden. Schuld sind nach Trumps Darstellung jetzt aber nicht mehr "Währungsmanipulationen" Chinas, sondern der starke Dollar.

Man kann Trumps Wenden als wetterwendisch und prinzipienlos anprangern. Man kann darin aber auch eine Annäherung an die Realität sehen. Und an die traditionellen Leitlinien amerikanischer Geopolitik. Die werden vom außenpolitischen Establishment und den Militärs bestimmt. Trump hat ihrem Einfluss wenig entgegenzusetzen. Damit seine Kurskorrekturen nicht wie ein Einknicken wirkt, wartet er auf Gelegenheiten, um seine Kurswechsel als Ausdruck von Prinzipienfestigkeit zu inszenieren.

US-Militärs und Berater gewinnen die Oberhand

Ex-Generäle dominieren sein Sicherheitskabinett: Verteidigungsminister Mattis, Heimatschutzminister Kelly, der Nationale Sicherheitsberater McMaster. Sie sehen Putins Russland als Sicherheitsrisiko, erst recht nach den Militäreinsätzen auf der Krim, in der Ost-Ukraine und in Syrien.

China ist für sie einerseits ein strategischer Rivale. Andererseits wolle Peking Kriege vermeiden, weil sie die Stabilität bedrohen, die das Land für seine innere Entwicklung braucht. Es liege im Interesse der USA, China zu einem Partner heranzuziehen, der Verantwortung übernimmt.

Trumps Außenpolitik wird berechenbarer

Syrien, Russland, China, Nordkorea, Nato: In Trumps Aussagen und in seinem Handeln zeigt sich noch keine Strategie. Er behilft sich mit klassischer Macht- und Drohpolitik, von Einzelfall zu Einzelfall. Und doch wird er ein Stück berechenbarer. Das außenpolitische Establishment der USA leitet den Außenseiter allmählich in die gewohnten Bahnen amerikanischer Geopolitik.

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