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Wladimir Putin steht für eine weitere Amtszeit bereit. Und vielleicht für noch eine.

© Evgenia Novozhenina, Reuters

Russland bekommt eine neue Verfassung: Putin hebelt die Demokratie aus – und kann bis 2036 Präsident bleiben

Wladimir Putins reguläre Amtszeit als Präsident endet 2024. Doch die neue Verfassung Russlands sichert seine Macht lange darüber hinaus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Herold

Was passiert nach 2024, wenn Wladimir Putins reguläre Amtszeit als russischer Präsident endet? Seit Monaten diskutieren Kreml-Experten diese Frage, obwohl das ominöse Jahr 2024 noch in der Ferne liegt. Auch der Kreis um Putin hat die möglichen Szenarien natürlich schon länger durchspielt, er hat nur weniger öffentlich darüber geredet.

Bei manchen westlichen Beobachtern ging es bislang meist um einen Entwurf, eine Prognose für ein Russland „nach Putin“, sah doch die geltende Verfassung vor, dass ein Politiker nur zwei Mal nacheinander antreten darf. Im Entwurf des neuen russischen Grundgesetzes steht gar, er darf es überhaupt nur zwei Mal. Also, war der Kurzschluss, Putin könne nicht wieder antreten.

Putin will an der Spitze weitermachen

Der frühere KGB-Oberstleutnant selbst sendete verwirrende Signale. Zunächst sagte Putin, es sei noch viel zu früh für Entscheidungen. Da war ein Punkt wohl längst entschieden: Putin würde 2024 nicht das Jelzin-Szenario wählen, also einen Nachfolger auswählen und mit einem Vertrag den angehäuften Reichtum seiner Leute sichern.

Er würde auch nicht wie kasachische Nachbar Nasarbajew, der greise Politbüro-Genosse von Michail Gorbatschow, abtreten und im Hintergrund weiter die Fäden ziehen. Putin hatte offensichtlich schon länger die Entscheidung getroffen, an der Spitze weiterzumachen.

Die Schaffung eines neuen Staates schien auf der Tagesordnung

Unentschieden schienen er und seine Berater lediglich, wie das geht. So ließen sie Versuchsballons steigen. Im vergangenen Jahr setzte Moskau seinen loyalsten Verbündeten unter Druck, den weißrussischen Präsidenten Aleksander Lukaschenko. Der sollte sich bereit machen für eine Integration, praktisch eine Vereinigung von Russland und Weißrussland.

Die Schaffung eines neuen Staates schien auf der Tagesordnung. Mit einem Präsidenten Putin, schwang da mit. Auch mit dem Amt eines russischen Staatsratsvorsitzenden wurde Putin dann später in Verbindung gebracht.

Eine erstaunlich einfache Lösung

Jetzt, da die Duma den Entwurf der neuen Verfassung billigte, ist die Frage nach dem Jahr 2024 und einer Zeit ohne Putin beantwortet. Die wird es nicht geben, er wird wieder antreten. Die Lösung ist so einfach, dass es erstaunlich ist, wie wenig sie bisher im Fokus stand. Russland bekommt eine neue Verfassung. Die alte Fassung mit den zwei Amtszeiten gilt dann nicht mehr. Das neue Grundgesetz aber kann nach herkömmlichem juristischen Verständnis nicht rückwirkend angewandt werden.

Die Zählung beginnt bei Null. Auch für Putin. Das wird das russische Verfassungsgericht nicht anders sehen. Also tritt er 2024 wieder an. Wieder wird er, wie schon so oft, mit formaldemokratischen Prozeduren zynisch die Demokratie aushebeln. Bis 2036 kann Putin dann Präsident bleiben, dann wäre er 84 Jahre alt. Acht Jahre älter als Leonid Breshnew als dieser starb.

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