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Linken-Fraktionschef Gregor Gysi

© dpa/Kay Nietfeld

Rückzug vom Fraktionsvorsitz: "Ich bin sicher, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist"

In zwei Wochen gibt Gregor Gysi den Vorsitz der Linksfraktion ab. Er freue sich auf seinen neuen Lebensabschnitt, sagt der 67-jährige. Und versichert, dass er nicht "heimlich" weiter leiten wolle.

Er habe seine Entscheidung noch keine Sekunde bereut, sagt Gregor Gysi. "Ich bin völlig sicher, dass das jetzt der richtige Zeitpunkt ist." Nach 25 Jahren an der Spitze zieht der Linken-Politiker sich in die zweite Reihe zurück. In knapp zwei Wochen wird die Bundestagsfraktion Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch zu seinen Nachfolgern wählen. Ein letztes Mal hat der Fraktionschef an diesem Mittwoch die Hauptstadt-Journalisten zum vertraulichen Hintergrundgespräch eingeladen. Jahrelang hat Gysi regelmäßig in Parlamentswochen erklärt, was gerade in seiner Partei los ist.

Dass es die Linke gibt, ist in Deutschland zur gesellschaftlichen Normalität geworden

Nun ist es Zeit für ihn, Bilanz zu ziehen. Er sei stolz darauf, dass es ihm und anderen gelungen sei, große Teile der ostdeutschen Eliten und der mittleren Funktionärsebene mit in die Einheit zu führen, sagt Gysi. "Das haben wir gut gemacht." Der PDS und später der Linkspartei sei es gelungen, als spezifische ostdeutsche Interessenvertretung Gehör zu finden. Außerdem werde es mittlerweile in der Gesellschaft als normal empfunden, dass es eine Linkspartei gebe. "Das war früher undenkbar. Wir hatten es mit unvorstellbarem Hass zu tun."

Seit 2005 leitet Gysi die Linksfraktion im Bundestag

Nach der Wende wurde der frühere DDR-Rechtsanwalt Vorsitzender der SED/PDS. Nach der Wahl 1990 leitete Gysi zehn Jahre lang die PDS-Fraktion im Bundestag. Gemeinsam mit Oskar Lafontaine gründete er 2005 die gesamtdeutsche Linkspartei und stand nach deren Einzug ins Parlament erneut an der Fraktionsspitze. Viele seiner Genossen hatten lange nicht glauben können, dass er den Absprung wagen würde. Doch Gysi sagt nun, er freue sich auf seinen neuen Lebensabschnitt. "Ich will nicht heimlich von hinten weiter leiten", versichert er.

Gysi: Neue Fraktionschefs sollten Mehrheitswillen der Fraktion repräsentieren

Seinen Nachfolgern Bartsch und Wagenknecht gibt er einen Rat mit auf den Weg: "Beide müssen begreifen, dass sie einen Kompromiss für die Partei und die Fraktion finden, weniger für sich. Und sie müssen den Mehrheitswillen der Fraktion repräsentieren", sagte Gysi der "Berliner Zeitung". Er hoffe, dass beide das könnten. "Dann hat das Ganze eine Chance." Noch vor drei Jahren war Gysi deutlich pessimistischer, was die Zukunft seiner Partei betraf. Auf dem Parteitag in Göttingen 2012 kam es zum offenen Streit mit seinem früheren Mitstreiter Lafontaine. Angesichts der heftigen Flügelkämpfe sprach Gysi damals von "Hass" und "Denunziation" in der Partei. Wenn einer neuen Führung die Einigung nicht gelänge, bliebe nur die Spaltung übrig, ermahnte Gysi seine Genossen.

Wenig später ließ Bartsch einem Bericht der „Welt“ zufolge eine Liste des neu gewählten Parteivorstands erstellen. Die 44 Mitglieder wurden in Kategorien eingeteilt: „Z“ für zuverlässig, „U“ für unabhängig und „L“ für links oder „Lafodödel“ – in Anspielung auf Lafontaine. In Fraktionskreisen hieß es, Gysi habe Bartsch damals gebeten, ihm einen Überblick über den neuen Vorstand zu verschaffen. In Gysis Umfeld hieß es, er habe keine Namensliste angefordert, sondern nur wissen wollen, wie die Mehrheiten seien. Über die Form sei er nicht begeistert gewesen.

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