Rückschlag für Bayer im Kampf um Glyphosat: Es mag dauern, aber das Zeitalter der Pestizide ist vorbei
Während Bayer weiter versucht, ein Fiasko abzuwenden, wird an Alternativen zu den Giften gearbeitet. Ein Kommentar.
Die Niederlage von Bayer im Prozess um die möglicherweise krebserregende Wirkung von Glyphosat muss noch nicht das Aus für das weltweit meistverwendete Umkrautvernichtungsmittel bedeuten. Auch nachdem die US-Regierung dem Obersten Gerichtshof empfohlen hatte, eine Revisionsklage Bayers in einem Schadensersatzfall nicht anzunehmen, wird Bayer weiter alle Rechtsmittel ausschöpfen, damit die umstrittene Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto kein Fiasko wird.
31 000 anhängige Klagen und zurückgestellte 4,5 Milliarden Euro für den Fall von Verurteilungen zeigen, wie groß die Gefahr für Bayer ist.
Insgesamt aber geht das Zeitalter der Pestizide seinem Ende entgegen. Zwar haben sie den Landwirten sichere Erträge und den Verbraucher:innen niedrige Preise beschert. Aber diese Gewinne werden auf Dauer zu teuer bezahlt: Mit sinkender Bodenfruchtbarkeit und dem Eintrag von Pflanzengiften in die Natur.
Noch gibt es keine Gesetze zum Schutz der Böden
Gesunde Böden als Grundlage für das Wohlergehen künftiger Generationen sind keine Selbstverständlichkeit mehr. Sie sind vielmehr in großer Gefahr, wie jüngst eine UN-Studie zur Bodendegradation zeigte. Die EU hat sich deshalb auf die Fahnen geschrieben, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 zu halbieren. Gesetze dafür sind aber noch nicht in Kraft.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Alternativen zu Pestiziden sind auch gar nicht so einfach zu finden. Unkraut maschinell wegzuhacken kostet mehr Diesel und würde die CO2-Emissionen der Landwirtschaft erhöhen. A
Aber weniger Pestizide heißt gar nicht immer weniger Ernte: Laut einer Studie des französischen Agrarforschungsinstituts INRAE konnten Bauern den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln fast halbieren, ohne Einbußen beim Ertrag hinnehmen zu müssen. Denn Pestizide werden oft zum falschen Zeitpunkt oder vorsorglich gespritzt.
Insgesamt wird das Ausschleichen von Ackergiften – Anwender nennen sie lieber Pflanzenschutzmittel – ein schwieriger Prozess. Aktuell wird er womöglich verlangsamt, weil wegen des Ukrainekriegs die Lebensmittel an vielen Orten der Welt knapp werden. Da setzt man lieber auf bewährte Verfahren, anstatt die Ernte zu gefährden.
Die Lösung wäre, den Kampf gegen den Klimawandel, die Erhaltung der Artenvielfalt, Reduktion von Düngemitteln und Ernährungssicherheit bei gleichzeitig sicheren Einkommen für die Landwirte zusammenzudenken. Das ist schwierig und dauert deshalb länger als es sollte.