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US-Präsident Donald Trump und Anthony Kennedy

© dpa/AP/Carolyn Kaster

Richter Kennedy verlässt Supreme Court: Weckt der Rechtsruck im obersten US-Gericht die Opposition?

Der moderate Konservative Anthony Kennedy tritt als Richter aus dem höchsten US-gericht zurück. US-Präsident plant eine Neubesetzung zu seinen Gunsten. Das sollte die Demokraten mobilisieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Besser kann es gar nicht laufen – für die richtig Konservativen in den USA. Sie wissen, sie können jetzt wirklich das Land verändern. Und das ist genau das, was die andere Seite fürchtet. Alle, die immer noch gehofft haben, die Wahl von Donald Trump sei ein verstörendes, aber kurzes Intermezzo, nach dessen Ende das Land wieder zur Normalität übergehen wird, werden spätestens jetzt eines Besseren belehrt: Die Ära Trump wird nachhallen. Noch lange nach dem Ende seiner Amtszeit als Präsident – die im übrigen große Chancen hat, in zweieinhalb Jahren verlängert zu werden.

Der angekündigte Rücktritt von Richter Anthony M. Kennedy aus dem Supreme Court, Amerikas oberstem Gericht, erschüttert das politische Washington. Denn Trump und seine Republikanische Partei haben schon klar gemacht, dass sie die Gelegenheit nutzen werden: Noch vor den Midterm-Wahlen im November, bei denen sich die Kräfteverhältnisse im Kongress ändern können, soll ein Nachfolger benannt sein. Die Demokraten dringen vergeblich darauf, dass das ungeschriebene Gesetz eingehalten wird, in einem Wahljahr keine solche entscheidende Personalie zu klären. Denn entscheidend ist sie.

Kennedy war oft die entscheidende Stimme

Kennedy, vor 30 Jahren noch von dem damaligen Präsidenten Ronald Reagan ernannt, galt zwar als Konservativer, aber als moderater. In sozialen und gesellschaftspolitischen Fragen stimmte er auch mal mit den vier liberalen Richtern, seine Überzeugungen bei Frauen- und Minderheitenrechten ließen ihn fast wie einen Linken aussehen. Bei anderen Urteilen wie der Wahlkampffinanzierung oder wie jetzt gerade beim Einreiseverbot für Bürger aus mehrheitlich muslimischen Staaten war er ganz bei seinen vier konservativen Kollegen. Seine Stimme hat bei vielen umstrittenen Entscheidungen den Ausschlag gegeben. Der Rückzug des 81-Jährigen wird das Oberste Gericht berechenbarer machen – und nach rechts verschieben.

Trump tönt bereits, dass er einen Richter will, der „40 bis 45 Jahre“ im Amt bleiben wird und seine Politik unterstützt. Wie der andere Richter, den er in das Oberste Gericht entsandte: der 51-jährige Neil Gorsuch. Seit Gorsuchs Ernennung vor einem Jahr sind die Entscheidungen des Supreme Court konservativer geworden, wie zuletzt in dieser Woche mit der Bestätigung von Trumps Einreiseverbot und dem Gewerkschaftsurteil. Die liberalen Demokraten fürchten, ein noch konservativeres Gericht werde das Land verändern, bei Themen wie Abtreibung und Homoehe genauso wie der Gesundheitsversorgung und dem Klimaschutz.

Doch darin liegt gleichzeitig eine Chance: dass den Menschen in den Vereinigten Staaten klar wird, was auf dem Spiel steht, dass diese Aussicht sie mobilisiert und im November an die Wahlurne bringt. Denn das Potenzial der Demokratischen Partei ist riesig – bei jungen Wählern, Frauen, Homosexuellen und ethnischen Minderheiten. Wenn diese Wähler sich mobilisieren lassen, die November-Wahl zu einer Abstimmung über Trump zu machen, kann der Kongress ganz anders aussehen. Das ist eine Hoffnung der Liberalen. Auch wenn die Supreme-Court-Richter auf Lebenszeit gewählt sind.

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