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Richard von Weizsäcker bei einer Rede im Jahr 2007

© dpa/Ronald Wittke

Update

Richard von Weizsäcker ist tot: Bundespräsident Joachim Gauck ordnet Staatsakt an

Altbundespräsident Richard von Weizsäcker ist tot. Besonders in Erinnerung ist seine Rede vom 8. Mai 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes. Bundespräsident Joachim Gauck hat für Mittwoch, den 11. Februar 2015, einen Staatsakt angeordnet.

Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist am Samstag im Alter von 94 Jahren gestorben. Das bestätigte das Bundespräsidialamt. Der CDU-Politiker war von 1984 bis 1994 Bundespräsident. Zuvor war der in Stuttgart geborene Weizsäcker unter anderem Regierender Bürgermeister von Berlin (1981 bis 1984).

Bundespräsident Joachim Gauck hat für Mittwoch, den 11. Februar 2015, zum Gedenken an den verstorbenen Bundespräsidenten Dr. Richard Freiherr von Weizsäcker einen Staatsakt angeordnet.

Nach seinem Amtsantritt hatte Weizsäcker versprochen, "Präsident aller Bürger" sein zu wollen. Als ein wichtiger Markstein seiner Amtszeit gilt die Rede vom 8. Mai 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes, in der er sich ohne Beschönigung mit den deutschen Verbrechen der Nazi-Zeit auseinandersetzte. Er bezeichnete den Tag des Kriegsendes und den Zusammenbruch des Nazi-Regimes als "Tag der Befreiung".

Bundespräsident Joachim Gauck würdigte seinen verstorbenen Vorgänger. "Die Nachricht erfüllt mich mit tiefer Trauer. Wir verlieren einen großartigen Menschen und ein herausragendes Staatsoberhaupt“, schrieb Gauck in einem Kondolenzbrief an die Witwe Marianne Freifrau von Weizsäcker.

Gauck: Weizsäcker war eine moralische Instanz

Weizsäcker habe das Amt des Bundespräsidenten auf bleibende Weise geprägt und sei ein Zeuge des Jahrhunderts gewesen. "Aus der Erfahrung von Krieg und Gewaltherrschaft folgte sein Engagement für ein friedliches und vereintes Europa", so Gauck. "Er vertiefte die Freundschaft mit den Partnern im Westen und suchte die Verständigung mit den Völkern im Osten. Schon früh sah er in der Überwindung der Spaltung Europas die einzige Möglichkeit zur Überwindung der Spaltung Deutschlands."

Von Weizsäcker habe weltweit für ein Deutschland gestanden, das seinen Weg in die Mitte der demokratischen Völkerfamilie gefunden hatte. "Er stand für eine Bundesrepublik, die sich ihrer Vergangenheit stellt", schrieb Gauck. In seiner großen Rede zum 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation habe er als Bundespräsident unmissverständlich klargemacht: "Der 8. Mai 1945 war ein 'Tag der Befreiung' vom 'menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft'". Weizsäckers Diktum, dass der 8. Mai nicht vom 30. Januar 1933, dem Tag der Machtergreifung Hitlers, zu trennen ist, "ist eine nicht revidierbare Grundlage für unser Selbstverständnis und unser Handeln geworden."

Als erster Bundespräsident des vereinten Deutschland habe von Weizsäcker einen großen Beitrag zum Zusammenwachsen von Ost und West geleistet. "Als Bundespräsident verstand er es, auf Probleme und Missstände aufmerksam zu machen, Debatten anzustoßen und Perspektiven zu eröffnen. Für die meisten Menschen war er eine moralische Instanz", schrieb Gauck.

Gysi: "Mann der hohen politischen Kultur"

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi nannte Weizsäcker eine "herausragende Persönlichkeit". "Er hat ein bewegtes und unterschiedliches Leben geführt. Zunächst Offizier im Zweiten Weltkrieg, kam er Schritt für Schritt zu der Erkenntnis, welches verbrecherische Regime die Nazidiktatur war", sagte Gysi. "Als Bundespräsident setzte er sich für eine Verständigung und Aussöhnung mit Osteuropa ein."

Auch Gysi hob die Rede vom 8. Mai 1985 hervor. "Er benannte alle Opfer des Hitlerregimes, darunter erstmalig als herausragender Bundespolitiker, auch die Kommunistinnen und Kommunisten", sagte Gysi. "Er war ein Mann der hohen politischen Kultur, die wir auch heute noch dringend benötigen."

Nach Ansicht von Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hat Weizsäcker "Deutschlands Ansehen in der Welt gemehrt". In seiner Zeit als Mitglied der Bundestagsfraktion habe er die Deutschland- und Ostpolitik mitgeprägt. "Richard von Weizsäcker hat die Versöhnung und Aussöhnung mit unseren Nachbarn in Europa und mit Israel als eine besondere Verpflichtung und Aufgabe empfunden und gelebt", sagte Kauder. Er habe dies im Bewusstsein der geschichtlichen Verantwortung Deutschlands getan. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte: "Richard von Weizsäcker war ein Staatsmann ersten Ranges und gehörte zu den prägenden Persönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland."

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) schrieb in einem Beitrag für die "Bild am Sonntag", Weizsäcker habe für das Ansehen Deutschlands in der Welt Großes geleistet. Die Grünen-Vorsitzenden Simone Peter und Cem Özdemir nannten ihn einen "engagierten Kämpfer für demokratische und freiheitliche Rechte".

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) würdigte Weizsäckers Verdienste um die deutsche Einheit. "Er ist der Bundespräsident der deutschen Einheit und hat immer daran appelliert, das Zusammenwachsen beider deutscher Staaten mit Bedacht anzugehen“, sagte Woidke. Seine ausgleichende Art habe viele Ostdeutsche beeindruckt.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, stellte Weizsäckers Engagement als protestantischer Christ heraus. "In seiner Person hat die Kirche ausgestrahlt, wovon sie spricht", sagte Bedford-Strohm.

(dpa)

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