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Kabinettstückchen. Kanzlerin Merkel mit Peter Altmaier (li.) und Hermann Gröhe.

© dpa

Ressortverteilung der großen Koalition: Essen, Bildung, Gesundheit - die CDU hat die Zukunftsministerien

In der CDU war nach der GroKo-Einigung das Gejammer über den Verlust des Finanzministeriums groß. Dabei kann sie mit ihren Ressorts lebensnahe Politik machen. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Friedhard Teuffel

Manchmal werden Bundesministerien behandelt, als ob sie Kirchen wären. Das Kanzleramt ist der Petersdom, das Finanzministerium die nächstgrößte Kathedrale, und irgendwo in der Landschaft stehen auch noch ein paar Kapellchen herum, in die sich höchstens mal ein müder Wanderer verirrt. In der Christlich Demokratischen Union kommen sich manche derzeit so vor, als wären sie als Küster für diese Kapellchen gerade noch gut genug.

So könnte man die Aufregung in der CDU jedenfalls übersetzen. Hilfe, das Finanzministerium ist weg, und damit all das liebe Geld, als Nächstes gehen dann die Wähler, und am Ende wird es ganz duster. Über den „Anfang vom Ende als Volkspartei“ raunte der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung Carsten Linnemann. Dazu all der Spott, dass sie immerhin das Kanzleramt gerettet hätten. Da kann man mitlachen. Oder sich wundern. Denn anders als die Reliquien in der Kirche werden die politischen Schätze immer wieder neu verteilt. Wenn schließlich Globalisierung und Digitalisierung und Singularisierung so viel verändern, wieso sollten dann ausgerechnet Ministerien immer gleich wichtig bleiben?

Von der Leyen hat es vorgemacht

Dem Gerede über große und kleine Ministerien liegt eine merkwürdige gedankliche Unbeweglichkeit zugrunde. Als ob es eine in Stein gemeißelte Bedeutungsrangliste gäbe. Gleich mehrere Ministerien, die jetzt wieder der CDU zugeschlagen wurden, hätten sogar das Zeug dazu, Zukunftsministerien zu sein und gesellschaftliche Veränderungen intensiv mitzugestalten. Wenn denn der inhaltliche Ehrgeiz des Leitungspersonals groß genug ist und der politische Wille zum Handeln auch. Gezeigt hat das der CDU unter anderem eine aus ihren eigenen Reihen. Ursula von der Leyen schaffte als Bundesfamilienministerin mit der Einführung des Elterngelds den Einstieg in eine neue Familienpolitik, die auch alte Rollenbilder aufbrechen kann.

Die CDU sitzt immer noch an ganz großen Hebeln. Angeblich ist die Bildung der wichtigste Rohstoff dieses Landes. Warum soll dann das Ministerium für Bildung und Forschung nur eines unter vielen sein? Zumal der Bund jetzt viel mehr Eingriffsmöglichkeiten im Verhältnis mit den Ländern bekommt. Aus all den Worten über die herausragende Bedeutung der Bildung könnte doch mal tatsächlich neue, starke Politik entstehen. Voraussetzung ist freilich, dass die Ministerin oder der Minister diese Herausforderung persönlich annimmt.

Oder das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Es wird nicht mehr einfach gegessen, was auf den Tisch kommt. In der Gesellschaft glüht die Debatte über richtige und falsche Ernährung, zu viel Zucker, über gutes und schlechtes Fett, über Tierwohl und Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit und Herkunft von Essen. Renate Künast hatte einst im lobbygelähmten Bauernministerium einen Perspektivwechsel herbeigeführt. Auf einmal wurden nicht nur die Anbieter wichtig, sondern auch die Verbraucher. Die neue Ministerin oder der neue Minister könnte versuchen, die beiden Pole miteinander zu versöhnen. Also weder sich von den Großbetrieben unterbuttern zu lassen, noch sich dem Vorwurf auszusetzen, der Bevölkerung einen festen Speiseplan vorsetzen zu wollen. Auch das wäre ein großer Wurf.

Auch eine erfolgreiche Moderation kann starke Politik sein

Dann das Gesundheitsministerium. Es hat sich in der Vergangenheit als partiell tablettenabhängig erwiesen. Wie wäre es, aus dem Gesundheitsministerium ein Ministerium für Gesundheit und Bewegung zu machen und damit eine der sinnvollsten Präventionsmaßnahmen ins eigene Haus zu holen? Und dass sich aus dem Wirtschaftsministerium in Zeiten der Energiewende nicht doch noch mehr machen lässt, ist auch nicht gesagt. Auch die erfolgreiche Moderation eines Veränderungsprozesses kann eine starke politische Leistung sein.

Die Schwesterpartei hat gerade vorzumachen versucht, wie man ein Ministerium weiten könnte, und dem Innenministerium mit dem Heimatbegriff eine emotionale Aufladung verschafft. Mit der Zuständigkeit fürs Bauen wird es eine Art Superministerium. Das ebenfalls von der CSU geführte Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist de facto die Instanz zur Bekämpfung von Fluchtursachen.

Auf jeden Fall hat gerade die CDU einige Lebensthemen in der Hand. Themen, die der Bevölkerung anders als abstrakte Finanzpolitik im Alltag begegnen, auf dem Tisch, in der Schule, beim Arztbesuch. Ob sie sich kleiner koalieren lässt oder sich größer regiert, liegt an ihr selbst.

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