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Religion an der Uni: Politiker begrüßen Islam als Uni-Fach

Experten sehen in den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Ausbildung von Imamen einen großen Forschritt für die Integration. Bisher scheiterte die Verankerung islamischer Theologie an den Universitäten und bekenntnisorientierter Religionsunterricht für muslimische Kinder stets an der Vielfalt des Islams.

Berlin - Die Forderung des Wissenschaftsrats, islamische Theologie als Fach an den deutschen Hochschulen zu verankern, stößt auf Zustimmung aus allen politischen Lagern. Zustimmend äußerten sich neben Grünen-Chef Cem Özdemir und SPD-Bildungspolitikern auch die muslimischen Verbände, die Türkische Gemeinde und mehrere CDU-Politiker, darunter Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU) sagte dem Tagesspiegel: „Wir brauchen mehr Imame, die unserer Gesellschaft entstammen und an deutschen Universitäten ausgebildet werden. Imame, die ohne Deutschkenntnisse wie Diplomaten für wenige Jahre aus der Türkei einreisen und die deutsche Gesellschaft nicht kennen, passen nicht mehr in die Zeit einer modernen Integrationspolitik. Deshalb muss der Vorschlag des Wissenschaftsrats bald umgesetzt werden.“

Der Wissenschaftsrat, das wichtigste Beratungsgremium zur Wissenschaftspolitik, wird am Montag seine Empfehlungen zur Reform der Universitätstheologie und Religionswissenschaft vorstellen. Die Einrichtung von Zentren islamisch-theologischer Forschung bezeichnet der Wissenschaftsrat darin als „vordringlich“ und schlägt vor, sie zunächst an zwei bis drei Universitäten einzurichten, die bereits über einen religionswissenschaftlichen Schwerpunkt verfügen.

Einen Durchbruch in der seit Jahren festgefahrenen Debatte um die Rolle des Islam im deutschen Religionsverfassungsrecht könnte der Vorschlag des Wissenschaftsrats für die Einbeziehung der muslimischen Religionsgemeinschaften selbst sein – das Grundgesetz schreibt dies vor. Das Gremium, in dem neben Hochschulpolitikern und Wissenschaftlern auch Vertreter des Bundes und der für die Kulturpolitik zuständigen Länder sitzen, schlägt dafür nämlich Beiräte vor, die die gesamte Breite des muslimischen Spektrums repräsentieren und jederzeit offen für Vertreter weiterer Richtungen sein sollen. Zudem soll sich an jeder Universität ein eigener Beirat bilden. Nach fünf Jahren werde man dann prüfen, welches Modell sich bewährt hat.

Bisher scheiterte die Verankerung islamischer Theologie an den Universitäten und bekenntnisorientierter Religionsunterricht für muslimische Kinder stets an der Vielfalt des Islams; die Kultusbehörden verwiesen darauf, dass ihnen ein klarer Ansprechpartner fehle. Der Wissenschaftsrat empfiehlt nun die in einzelnen Städten und Regionen bereits existierenden Beiräte ausdrücklich als Möglichkeit, das Problem zu lösen.

Darin sieht die Berliner Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus einen großen Fortschritt. „Es ist gut, dass der Wissenschaftsrat auch ausdrücklich den Koordinationsrat der Muslime als Ansprechpartner akzeptiert. Er ist schließlich die einzige Vertretung der organisierten Muslime“, sagt Spielhaus, die seit langem in der islamischen Seelsorgeausbildung engagiert ist und derzeit am „Centre for European Islamic Thought“ der Theologischen Fakultät der Universität Kopenhagen forscht. „Wichtig wird es auch sein, bei den Beiräten lokale Initiativen – die es etwa in Erlangen gibt – einzubinden. Und natürlich müssen die religiösen Ansprechpartner des Staates auch die ganze Vielfalt des Islams repräsentieren.“ Es sei „ allerhöchste Zeit, dass sich die deutschen Hochschulen da öffnen“. Ideen dazu gebe es freilich schon lange, auch an den Universitäten selbst. Der inzwischen emeritierte Islamwissenschaftler an der Humboldt-Universität Peter Heine verwies im Gespräch mit dem Tagesspiegel darauf, dass schon in den 90er-Jahren muslimische Organisationen ihn um Hilfe zur Einrichtung gebeten hätten. Seinerzeit sei das aber am Desinteresse auch der Universität gescheitert.

 Andrea Dernbach

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