zum Hauptinhalt
Nach dem Anschlag. Blumen und Kerzen stehen vor der Tür zur Synagoge in Halle nach dem Angriff des Judenhassers Stephan Balliet.

© Hendrik Schmidt/ dpa

Rekordzahl antisemitischer Kriminalität in Deutschland: Straftaten von Judenhassern auf höchstem Stand seit 2001

In Deutschland eskalieren judenfeindliche Angriffe. Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr mehr als 2000 Delikte und zwei Todesopfer.

Von Frank Jansen

Die Kriminalität von Judenhassern hat 2019 den höchsten Stand seit fast zwei Jahrzehnten erreicht. Die Polizei registrierte nach Medienberichten mehr als 2000 antisemitische Straftaten. Das bedeutet eine Zunahme um 13 Prozent gegenüber 2018. 

Die meisten judenfeindlichen Delikte werden rechten Tätern zugeordnet. Der brutalste Angriff war der Anschlag von Stephan Balliet auf die Synagoge in Halle im Oktober. Balliet versuchte vergeblich, die Tür zu dem vollbesetzten Gotteshaus aufzuschießen und tötete dann in seiner Wut zwei Passanten.

Die Angaben zur antisemitischen Kriminalität finden sich in der polizeilichen Statistik zu politisch motivierter Kriminalität, die Bundesinnenminister Horst Seehofer und der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, am Mittwoch in Berlin vorstellen werden.

Drastische Zunahme zeichnete sich schon im März ab

Die Eskalation bei antisemitischer Kriminalität hatte sich bereits im März abgezeichnet. Damals berichtete der Tagesspiegel, die Polizei habe nach vorläufigen Erkenntnissen im vergangenen Jahr mehr als 1800 Delikte von Judenfeinden festgestellt. Damit war bereits der höchste Stand seit Einführung des polizeilichen Erfassungssystems „Politisch motivierte Kriminalität (PMK)“ im Jahr 2001 erreicht. 

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, mahnte im März, die Bundesrepublik müsse „beim Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus jetzt alle Hebel in Bewegung setzen“. Die Zeit des Abwiegelns sei „endgültig vorbei“. 
[Behalten Sie den Überblick: Jeden Morgen ab 6 Uhr berichten Chefredakteur Lorenz Maroldt und sein Team im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint über die aktuellsten Entwicklungen rund um das Coronavirus. Jetzt kostenlos anmelden: checkpoint.tagesspiegel.de.]

Schuster hielt zudem der AfD eine Mitschuld an der Zunahme judenfeindlicher Angriffe vor. „Die Tabubrüche und die sprachliche Enthemmung, die wir allenthalben erleben und die maßgeblich von der AfD befeuert werden, schlagen sich letztlich auch in Taten nieder“, betonte der Präsident des Zentralrats.

Auch Anstieg bei linken Straftaten

Die Polizei registrierte 2019 insgesamt 41.000 politisch motivierte Delikte. Das entspricht gegenüber 2018 einem Anstieg um 14 Prozent. Rechte Straftaten stiegen um mehr als neun Prozent auf über 22 000 Fälle. 

Bei den Delikten links motivierter Täter gab es Medienberichten zufolge eine Zunahme um 24 Prozent auf knapp 10.000.

Zur Startseite