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Am Grab des unbekannten Soldaten in Moskau legte Sachsens Ministerpräsident Kretschmer einen Kranz nieder.

© dpa

Reise des sächsischen Ministerpräidenten: Warum Kretschmer in Moskau mit Putin telefoniert

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer ist trotz der angespannten Beziehungen mit einer großen Delegation in Russland.

Das Foto wirkt wie aus einer anderen Zeit. Vor einer holzvertäfelten Wand steht ein opulent verziertes Sofa. Ganz in der Ecke dieses Sofas sitzt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), in der Hand hält er den Hörer eines uralten Telefons.

Dieser Moment ist vielleicht der Höhepunkt seiner Russlandreise, denn am anderen Ende der Leitung ist der russische Präsident Wladimir Putin. Später wird dieses Foto auf dem Instagram-Konto des sächsischen Ministerpräsidenten veröffentlicht werden.

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„Den Freistaat Sachsen und Russland verbinden 30 Jahre intensiver Kooperation und Beziehungen“, schreibt Kretschmer dazu. „Es ist selbstverständlich, dass auch kritische Punkte wie die Ukraine-Krise und die Situation um Navalny in so einem Gespräch deutlich angesprochen werden.“

Russlandreisen deutscher Ministerpräsidenten haben eine gewisse Tradition. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und ihr Vorgänger Erwin Sellering (beide SPD) reisten nach Moskau, der ehemalige bayerische Regierungschef Horst Seehofer und auch sein Nachfolger Markus Söder (beide CSU) wurden von Putin empfangen. Kretschmer dagegen muss mit dem Telefonat vorliebnehmen.

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Das ohnehin angespannte Verhältnis zu Russland ist in diesen Tagen zusätzlich belastet, durch die Sorge um den Gesundheitszustand des inhaftierten Oppositionsführers Alexej Nawalny, den Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine und durch neue Erkenntnisse über einen Anschlag in Tschechien, den der russische Geheimdienst begangen haben soll. Vor diesem Hintergrund wurde Kretschmers Reise nach Russland in Berliner Regierungskreisen als schwierig eingeschätzt.

Mahnende Worte von Maas

Ungewöhnlich ist auch, dass Außenminister Heiko Maas (SPD) dem Ministerpräsidenten mahnende Worte mit auf den Weg gab. Er gehe davon aus, dass Kretschmer in Moskau auch den Fall Nawalny und die gefährliche Lage in der Ostukraine anspreche „und sich nicht instrumentalisieren lässt“.

Auch dass Kretschmer nach einem Gespräch mit dem russischen Gesundheitsminister angekündigt hatte, Deutschland wolle 30 Millionen Dosen Sputnik V kaufen, stieß bei der Bundesregierung auf indirekten Widerspruch. Die mediale Aufmerksamkeit für die 30 Millionen Impfdosen aus Russland, „wenn sie denn kommen“, sei ein bisschen hoch, sagte Maas. Außerdem müsse Sputnik V erst einmal zugelassen werden.

Auch Sachsens AfD-Fraktionschef Jörg Urban ist dabei

Offizieller Anlass für die Reise war die Eröffnung der Ausstellung „Träume von Freiheit. Romantik in Russland und Deutschland“, in der auch Kunstwerke aus Dresden gezeigt werden. Mit von der Partie ist neben einem CDU-Landtagsabgeordneten auch der sächsische AfD-Fraktionschef Jörg Urban. Es ist normal, dass Ministerpräsidenten auf solche Reisen auch Parlamentarier mitnehmen, Urban hat die Chance genutzt. Dennoch zieht die Personalie Aufmerksamkeit auf sich: Der sächsische AfD-Chef präsentiert sich gerne staatstragend, wird aber vom Verfassungsschutz zum rechtsextremen, offiziell aufgelösten „Flügel“ in der AfD gezählt.

Für Urban ist die Reise eine Gelegenheit, seine Russland-Nähe zu demonstrieren. Seine Partei setzt sich für ein Ende der Sanktionen ein. Schon mehrfach waren AfD-Delegationen in Moskau und trafen sich mit Regierungsvertretern. Auf seiner Facebook-Seite kündigte Urban die aktuelle Reise an. Dass er im Schlepptau von Kretschmer reist, schrieb er allerdings nicht. Die CDU und auch Kretschmer sind schließlich für viele AfD-Anhänger ein rotes Tuch.

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