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Die Grundsteuer trifft alle.

© Marijan Murat/dpa

Reform der Grundsteuer: Vergesst die Mieter nicht!

Die Grundsteuer darf auf die Nebenkosten umgelegt werden. Wenn die Regierenden nicht aufpassen, kann die "zweite Miete" erheblich steigen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Der wohnungs- und mietenpolitische Gipfel ist vorbei. Die Aufträge sind verteilt. Was die Regierenden jahrelang verschlafen haben – die Dämpfung des in vielen Städten und Umlandregionen nach oben schießenden Mietenniveaus durch mehr Neubau und mietrechtliche Markteingriffe – wird nun angegangen. Mutmaßlich zu spät. Und bei einem Thema scheint die Politik immer noch ein Nickerchen zu machen: bei der Reform der Grundsteuer und deren Folgen für die Mieten.

Zwar gibt es auch einen Absatz dazu im Beschlusspapier zum Wohngipfel. Aber dort steht nicht mehr als die Beruhigungsfloskel, die sich auch Finanzminister Olaf Scholz im Tagesspiegel-Interview zu eigen gemacht hat: Es soll mit der Reform kein höheres Steueraufkommen geben, die Kommunen (denen die Grundsteuer zufließt) sollen nicht mehr Geld bekommen. Aber das Gerede von der „Aufkommensneutralität“, mit dem Eigentümern und Mietern signalisiert werden soll, dass sich wenig bis nichts ändert, ist Augenwischerei.

Denn die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Anpassung der Besteuerungsbasis bei den Grundstücken und Gebäuden an die heutigen tatsächlichen Werte wird zu massiven Veränderungen führen. Vielerorts mag sich wenig tun gegenüber der bisherigen Veranlagung, die auf jahrzehntealten Einstufungen beruht. Aber dort, wo sich in den vergangenen Jahren nachfrage- und spekulationsbedingt die Grundstücks- und Wohnungswerte und damit auch die Mieten massiv nach oben bewegten, zumal in Berlin, wird die Grundsteuerreform auch höhere Belastungen nach sich ziehen. Und zwar unabhängig davon, für welches auf wertbasierte Modell sich die Finanzminister zum Jahresende hin entscheiden werden.

Besteuert wird wohl weiter nach Wert

Und eine Wertkomponente, so ist zu hören, wird auch die neue Grundsteuer haben. Eine Besteuerung allein nach Grundstücks- und Gebäudefläche soll es nicht geben, denn auch dieses Modell hat Tücken. Damit aber stellt sich die Frage nach der Umlegung der Steuer auf die Mietnebenkosten. Einen Eigentümer höher zu belasten, weil seine Immobilie deutlich an Wert zugelegt hat, mag angehen. Aber das dann weiterhin auf die Mieter umzulegen, also Nicht-Eigentümer auf der Basis eines Vermögens zu belasten, das ihnen nicht gehört, widerspricht dem Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit dann doch zu eklatant.

Und die Politik mag noch so sehr abwiegeln – vielen Mietern droht in einigen Jahren, wenn die Reform umgesetzt ist, eine deutliche Steigerung der Nebenosten per höherer Umlage. Dass Scholz nicht garantieren will, dass kein Mieter höher belastet wird als zuvor, spricht Bände.

Wer es also ernst meint mit einer vorausschauenden Wohn- und Mietenpolitik, der überlegt sich am besten jetzt, wie man das Malheur vermeidet. Die Forderung, den Vermietern die Möglichkeit des Umlegens der Grundsteuer auf die „zweite Miete“ zu nehmen, ist zwar erwägenswert. Aber weil die Grundsteuer ja nicht nur Vermögen belastet, sondern vor allem als Kommunalabgabe gedacht ist, kann man die Umlage schon verteidigen, denn auch Mieter profitieren von den Leistungen ihrer Gemeinden.

Die Finanzminister sollten daher einen Weg suchen, bei dem Steuer und Umlage entkoppelt werden. Bei dem die Umlage nicht vom Wert des Grundstücks samt Gebäude abhängt. Verschlafen sie auch das, haben ihre Nachfolger in einigen Jahren wieder ein Gipfelproblem. Denn allein über die Hebesätze der einzelnen Kommunen lässt sich das nicht lösen.

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